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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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er war, kurz gesagt, so
vollkommen und perfekt wie sie selbst.
    Dann hatte sie
einen kleinen Pieks gespürt, so einen feinen Schmerz im Bauche, als ob ihr eine
heiße Nadel ins Fleisch gedrungen wäre. Nur eine Sekunde hatte es gewährt, aber
ihr war klar gewesen, dass sie da ein Kind empfangen hatte. Und sie hatte auch
sogleich gewusst, dass es ein Mädchen war, ein Wesen also, das ihre gesamte
Stellung bedrohte.
    Eine
schreckliche Erkenntnis war das gewesen, wirklich ganz furchtbar. Die Fürstin
erinnerte sich nur zu genau, wie ihr der Zorn heiß durch die Adern geschossen
war. Wut auf Wrolf, auf sich selbst, weil sie so dumm und so schwach gewesen
war! Sie war Fürstin Schwarzdorn, und sie hatte bis dahin noch nie einen
Augenblick der Schwäche gekannt …
    Sie hatte
sogleich den Entschluss gefasst, diesen Lebensfunken in sich auszulöschen, all
ihre magischen Talente, die Frucht lebenslangen Studierens, dagegen
einzusetzen. Sie würde ihre Stellung nicht aufgeben! Und sie ignorierte die
Regungen des Gewissens, das klare Wissen darum, dass ihr Vorhaben und Tun nur
falsch und sündhaft sei. Ja, sollten doch andere Frauen, willensschwache,
verachtenswürdige Weiber … Töchter haben, die ihnen ihre ganze Schönheit
nahmen, sich ihrer Kunst und Position bemächtigten. Sie nicht, sie war immerhin
Fürstin Schwarzdorn!
    Es war ja so
einfach, wirklich! Man musste das winzige Wesen nur daran hindern sich
einzunisten, bloß verhindern, dass es eine nährende Bleibe fände. Es war ohne
Belang, und niemand würde jemals davon erfahren. Jede halb gebildete Heckenhexe
könnte und würde das vermutlich tun. Von Hexen – ob »Hecke« oder nicht – hatte
Fürstin Schwarzdorn keine hohe Meinung … Amateurinnen! Die mit ihrem Gelaber
über die Heiligkeit des Lebens, die Segnungen der Mutterschaft – das war ja
blanker Unsinn. Ständig erzählten sie davon, wie sehr sie sich eine Tochter
wünschten – und taten dann, als ob sie nicht wüssten, dass die Geburt eines
Mädchens ihr Talent und Können schnell schwinden und vergehen ließ.
    Aber diesmal
ließ ihre Willenskraft sie im Stich, versagten ihre eigenen Künste ihr den
Dienst: Der Lebensfunke erlosch nicht, wie oft und fest sie es auch befahl.
Nein, er schien sogar zu wachsen, zum Flämmchen zu werden, zur Glut in ihrem
Bauch. Was sie auch tat und unternahm, es half alles nichts … und so wuchsen
die Wut und Angst. Einmal musste sie Wein und Austern wieder von sich geben,
und der Geschmack davon, gemischt mit dem von Galle, blieb ihr auf der Zunge
haften, wie sehr sie sich auch den Mund mit süßer Minze reinigte, und blieb ihr
während all der Monate, die darauf folgten. Ja, selbst heute noch hatte sie
diesen üblen Geschmack von Erbrochenem im Mund, und so verzog sie jetzt
unbehaglich, angeekelt die Lippen. Sollte sie den nie mehr loswerden?
    Und bald
danach hatten dann die Träume begonnen. Wenn sie zu schlafen versuchte, sah sie
immer ein Gesicht vor sich, ein winziges, wohlgeformtes Gesicht mit
allwissenden Augen, die starr auf sie herunterblickten. Sie hatte es mit einem
Absud von nachtblühendem Jasmin in warmem Wein probiert, auch mit Mohnöl. Aber
nichts hatte geholfen, sie von diesem strengen Blick befreit und erlöst, und
nichts auch war lange genug in ihrem Magen geblieben, nichts außer Milch und
Haferschleim.
    Sie hätte ihre
Albträume ja vielleicht verscheuchen können, wenn diese wissenden Augen nicht
gewesen wären. Grau waren sie, fast silbrig, die Augen einer Monddorn, der
seltensten, eigentümlichsten Spezies des Magischen. Sie war immer wieder
zitternd, ganz von einem ekligen Schweiß nass, aus dem Schlaf aufgefahren und
hatte gar den geliebten Wrolf aus ihrem Bett verbannt, damit er sie nicht in
dieser Verfassung sah, und hatte, wütend und verängstigt, allein geschlafen.
Das hatte ihre Laune nicht verbessert und die ihrer Zofen und Diener auch
nicht. Sie hatte nicht einmal die Kraft gehabt, sie zu züchtigen, und sei es
auch nur, um ihre Wut auszudrücken und herauszulassen.
    In sieben
Generationen war doch keine Monddorn mehr zur Welt gekommen, und die Fürstin
sah einfach nicht ein, dass wieder eine geboren werden sollte. Und wenn schon,
dann einem ihrer Brüder, Silberdorn oder Sonnenpfeil! Ja, sie hatte all diese
alten, vermodernden Folianten studiert, die das Skriptorium, die Bibliothek der
festen Dornburg füllten, und kannte darum die Geschichte derer von Dorn so gut
wie all ihre Zauber und Magien.
    Da waren die
Rotdorns, gewalttätig und
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