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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition)
Autoren: Monika Jaedig
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Augenbrauen, bevor er mit melodischer Stimme weitersprach:
     
    „Als der älteste Sohn sollte ich schon bald die Farm meines Vaters übernehmen, denn ich war verlobt mit der Tochter unseres Nachbarn. Sie war ein hübsches Ding, fünfzehn Jahre jung, mit rotblonden Haaren und einem schönen Lachen. Ihr Name war Eibhlin. Leider kam alles anders, als ich es geplant hatte. Es war im Herbst des Jahres 1702, als mein Vater mehrere Schafe vermisste. Er schickte mich los sie zu suchen, also sattelte ich meinen Dunkelbraunen und ritt in die Heide, wo ich stundenlang erfolglos Ausschau hielt. Es dämmerte bereits und begann zu regnen. Fluchend trieb ich das Pferd an, schneller zu laufen. Mein Vater würde fuchsteufelswild sein, wenn ich ohne die Schafe wiederkam, das wusste ich. Dann geschah es: Aus dem Nichts erfasste mich ein heftiger Luftstoss und riss mich vom Pferd. Jemand hielt mich fest und drückte mich mit eisernem, kaltem Griff zu Boden. Ich versuchte mich zu wehren, doch gegen diese Kräfte hatte ich keine Chance. „Willst du mein Gefährte sein und ewig leben?“, fragte er mich. „Fahr zur Hölle!“, entgegnete ich. Er lachte bloss hämisch, biss in meine Kehle und saugte mein Blut. Dabei fügte er mir unsagbare Schmerzen zu. Nach endlosen Minuten spürte ich, wie mein Herzschlag allmählich schwächer wurde. Ich wusste, dass ich sterben würde. Bevor es dazu kam, biss er sich selbst ins Handgelenk und flösste mir sein Blut ein. Mein Herz verstummte, und ich fiel in einen tiefen Schlaf. Am folgenden Abend erwachte ich als Unsterblicher und musste mich notgedrungen in mein Schicksal fügen“, schloss Fionn seine Schilderung.
     
    „Hast du deine Familie nach der Verwandlung nochmals wiedergesehen?“ –„Nur von Weitem. Ich durfte mich nicht in ihre Nähe wagen, es wäre ihr sicheres Todesurteil gewesen. Als neugeborener Unsterblicher konnte ich meinen Blutdurst noch nicht kontrollieren. Das wurde mir schmerzlich bewusst, als ich mich Eibhlin näherte. Sie war mein erstes Opfer. Ich werde nie den Ausdruck in ihren Augen vergessen, als sie erkannte, dass ich ein Anderer geworden war, dass ich sie töten würde.“
     
    „Wie konntest du damit zurechtkommen?“ In Fionns makelloses Antlitz trat ein Ausdruck von tiefer Trauer. „Ich werde mir diese Tat nie verzeihen. Der grausame Schmerz über ihren Verlust mahnt mich seither, jene zu verschonen, die ich liebe.“
     
    Heiðar wollte nicht weiter über Eibhlins tragisches Schicksal nachdenken. „Was ist aus dem Vampir geworden, der dich verwandelt hat?“ - „Ich blieb elf Jahre bei ihm. Er lehrte mich alles, was ich wissen musste. Seit ich ihn verliess, habe ich ihn nicht wiedergesehen. Ich konnte ihm nie verzeihen, was er mir angetan hat, obwohl ich wusste, wie einsam er sich fühlte.“ – „Warst du danach immer allein? Bis du Kristín getroffen hast?“ – „Nein, glücklicherweise nicht. Meinen ersten Gefährten schuf ich, um der Einsamkeit zu entkommen. Victor, so hiess der junge Mann, sollte mein Freund sein. Ich traf ihn eines Nachts in den Strassen von Marseille. Er erinnerte mich an meinen Jugendfreund Owen, den Bruder von Eibhlin. Victor war sehr unglücklich über sein Los und tat sich schwer damit, sich meiner Führung anzuvertrauen. Deshalb verliess er mich nach kurzer Zeit, um in der Neuen Welt sein Glück zu suchen.“ – „Habt ihr noch Kontakt zueinander?“ – „Nein. Ich weiss nicht, was aus ihm geworden ist, habe allerdings auch nie nach ihm gesucht. Victor wollte sein Dasein nicht an meiner Seite führen, das musste ich wohl oder übel akzeptieren.“ – „Hast du noch mehr Gefährten erschaffen?“ – „Ich habe noch eine weitere Verwandlung vollzogen. Elizabeth war eine Tochter aus gutem Haus. Ich erkannte schnell, dass ich sie liebte, befreite sie aus ihrem goldenen Käfig, indem ich sie mit mir nahm. Zu meiner Freude erwiderte sie meine Gefühle, also offenbarte ich ihr das Geheimnis. Sie erholte sich erstaunlich schnell von diesem Schreck und bat mich, sie zu verwandeln, damit wir für immer zusammen sein konnten. Viele Jahre lang waren wir liebende Gefährten, bis wir auf einen Unsterblichen namens Stellan trafen. Er fand Gefallen an Elizabeth und warb um sie. Seine Bemühungen waren erfolgreich. Sie verliess mich und ist seither mit ihm verbunden. Ich trauerte ihr lange nach und wollte nie mehr eine Gefährtin haben. Bis ich Kristín fand. Ihr Duft berauschte mich. Ich verzehrte mich nach ihrem Blut, zwang mich
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