Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberne Sterne über Montana

Silberne Sterne über Montana

Titel: Silberne Sterne über Montana
Autoren: Melinda Cross
Vom Netzwerk:
anderen Seite. Er ist steiler und kürzer. Es würde nur drei Stunden dauern, die Herde hinunterzutreiben."
    Der Mann stöhnte, setzte den Hut wieder auf und zog ihn sich tief ins Gesicht. "Wir haben aber keine drei Stunden Zeit. Bei diesem Sturm wird es schnell dunkel werden. Vielleicht haben Sie es noch nicht bemerkt, das Wetter verschlechtert sich."
    "Wir werden die Nacht auf der Weide verbringen und morgen früh hinunter ins Tal reiten."
    "Vorausgesetzt, die Rinder sind dort."
    "Sie sind dort", erwiderte sie ruhig.
    "Und wenn ich zur Hütte zurückkehre, würden Sie dann ohne mich gehen?" fragte er, wieder böse.
    Sie presste die Lippen zusammen. "Ich muss", sagte sie bestimmt, überrascht, dass sie die Worte über die Lippen brachte. Würde sie es tun? Hatte sie wirklich so viel Zivilcourage?
    Er jedenfalls schien es ihr zuzutrauen, denn er drückte die Beine sanft gegen Macs Flanken und übernahm die Führung.
    Die volle Kraft des Windes erfasste sie in dem Moment, indem sie den Windschatten der Bäume verließen. Sie beugten sich tief über die Pferde und verbargen die Gesichter, so gut es ging, in den Schaffelljacken, um dem Wind so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Nach fünfzehnminütigem Ritt tauchte vor ihnen der Pass auf, und beide Pferde verlangsamten ihre Gangart, schnaubten laut. Tana und ihr Begleiter nahmen die Hüte ab und schlugen sie aus, und dann sahen sie sich an. Tana lächelte ihn zaghaft an. Ihre Wangen waren vor Kälte stark gerötet. "Ich weiß, es klingt lächerlich", sagte sie, "aber ich fühle mich wie ein Kind beim Zelten. So etwas wie jetzt habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht."
    "Tod und Gefahr herausfordern?" fragte er. "Meinen Sie das?"
    Sie lachte nervös.
    "Ich weiß, es klingt albern, besonders für jemanden, der es ein Leben lang tut, aber ich habe nichts mehr riskiert, seitdem ich die Ranch vor Jahren verlassen habe. Ich habe vergessen, wie gut dieses Gefühl ist. Sogar die Schattenseiten, sogar wie es ist, Angst zu verspüren, und auch, dass es sich manchmal gut anfühlt." Sie lachte wieder. "Besonders dann, wenn es vorüber ist."
    "Ist es aber noch nicht", erinnerte er sie. "Und wenn ich Sie wäre, wäre ich bezüglich dieser guten Gefühle sehr vorsichtig.
    Was geschieht, wenn die Rinder, die Sie so verzweifelt finden wollen, gar nicht auf diesen Weiden sind? Was ist dann?"
    Sie zuckte die Schultern und sah weg. "Sie werden dort sein", sagte sie leicht verunsichert, "und wenn nicht, werde ich sie suchen. Und zwar so lange, wie es mir möglich ist."
    Er atmete tief ein und bückte sie finster an. "Sie haben seit Jahren nicht mehr auf der Ranch gearbeitet, stimmt's?"
    Tana fühlte sich plötzlich schuldig. "Das war für mich nicht der Traum. Es war der meines Vaters. Ich konnte es gar nicht erwarten, ihr den Rücken zu kehren."
    "Und wie sah Ihr Traum aus?"
    "Ich weiß es nicht. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich jemals einen hatte."
    "Ich freue mich zu hören, dass es die Ranch jedenfalls nicht war."
    "Warum?"
    Er sah schlagartig auf, als hätte er zu viel gesagt und würde jetzt erwarten, dass sie ihn rügte. "Weil Sie nicht wissen, was Sie tun, deshalb", erklärte er schroff.
    Tana sah ihm lange in die verächtlich blickenden blauen Augen und wandte sich dann ab. Nur selten in ihrem Leben hatte sie so etwas wie Trotz verspürt, einen Anflug von Eigensinn, der ihr eigentlich fremd war, bei Gelegenheiten wie dieser aber ging sie schnell in die Offensive und schlug zu. Aber sie hatte in ihrem bisherigen Leben noch nicht oft für sich geradezustehen gehabt, denn sie hatte immer jemanden gehabt, der für sie in die Bresche gesprungen war. Sie überging seine verächtliche Bemerkung, obwohl sie ahnte, dass er sie dafür verachten würde.
    "Sie müssen mir nicht sagen, dass ich nicht weiß, was ich hier oben mache", erwiderte sie sanft. "Niemand weiß das besser als ich. Ich habe mich niemals um die Ranch gekümmert, fürchte aber, dass ich es diesmal tun muss. Mein Vater ist in der vergangenen Woche gestorben, und alle Arbeiter waren schon lange vorher verschwunden, weil kein Geld mehr da war. Ich bin als Einzige übrig geblieben."
    "Das tut mir Leid", sagte er schnell, und es klang, als fühlte er sich für das Desaster verantwortlich.
    "Ist schon gut." Sie zuckte die Schultern und gab sich zuversichtlich, obwohl sie es nicht war. "Es gibt noch eine Chance: Ich muss die Rinder ins Tal treiben, bevor der Winter kommt."
    Er schüttelte den Kopf. "Mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher