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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber
Autoren: Peter Wuehrmann
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vorwärts und fiel fast über seinen Staubsauger und die auf dem Boden verstreuten Bücherstapel, bevor er sich plötzlich kniend auf dem Wohnzimmerboden vor dem Heizkörper wiederfand.
    »So, jetzt können wir uns in Ruhe unterhalten«, sagte der Fremde. Mit einer Hand sicherte er weiterhin Franks Arm auf dem Rücken, doch Frank spürte, wie der Druck gegen seine Stirn nachließ.
    Auch jetzt blieb ihm keine Zeit, an Gegenwehr zu denken, denn als der Eindringling ihn schließlich freigab, hatte er ihn, ohne dass Frank seine hockende Haltung auf dem Boden aufgeben konnte, mit Handschellen an den Heizkörper gekettet.
    »Was soll das?«, beschwerte sich Frank lautstark, als er endlich genug Luft bekam, um seine Wut und Überraschung zu äußern. »Was habt ihr euch denn jetzt ausgedacht? Ihr bekommt euer Geld schon zurück!«
    »Dein Geld interessiert mich nicht«, sagte der Unbekannte und machte es sich in Franks Ledersessel bequem. Er legte den kalten harten Gegenstand zur Seite, den Frank an seiner Stirn gespürt hatte. Frank erschrak nicht einmal mehr darüber, dass es tatsächlich eine Pistole war. Dank der Handschellen benötigte sein Peiniger die Waffe nicht mehr. Er legte sie auf die rechte Sessellehne, zog seine Lederhandschuhe aus und faltete sie sorgsam übereinander, um sie dann auf der linken Sessellehne abzulegen. Was Frank sah, gefiel ihm nicht. Die Geste machte den Eindruck, als richte der Eindringling sich auf einen längeren Aufenthalt in seiner Wohnung ein. Versuchsweise ließ er die Handschelle an der Rippe des Heizkörpers rauf- und runterlaufen. Für Frank klang es wie die Blechdosen an den Stoßstangen eines Hochzeitskonvois, doch den groß gewachsenen Mann, dessen Oberkörper den Ledersessel komplett ausfüllte, schien das nicht zu interessieren. Er wartete ab, bis Frank damit aufhörte. Dann stellte er sich vor.
    »Mein Name ist Einstein«, sagte er, noch immer die Motorradmaske tragend, sodass Frank aus seinen Gesichtszügen nicht ablesen konnte, ob das ernst gemeint war.
    »Sehr witzig«, entgegnete Frank trotzig. Wut und Überraschung wichen einer beträchtlichen Unsicherheit. Er konnte den Fremden weder als Schuldeneintreiber noch als Teil eines schlechten Halloweenscherzes einordnen.
    Wenigstens wollte er seinem ungebetenen Besucher keine Schwäche zeigen. Er gab seine kniende Haltung auf, soweit die Handschellen das zuließen, setzte sich auf den Boden und versuchte, möglichst lässig zu wirken, als er sich gegen die harten Rippen des Heizkörpers lehnte und dem Mann, der sich Einstein genannt hatte, das Gesicht zuwandte.
    »Ich glaube, Einstein war viel kleiner als du«, setzte er noch einen drauf, »kannst du dich ausweisen?«
    »Oh, Verzeihung«, entschuldigte sich der Unbekannte übertrieben und rollte den Rand seiner Motorradmaske so weit nach oben, dass sie zwar immer noch sein Gesicht bedeckte, die Innenseite aber nun nach außen zeigte.
    In leuchtend roten Kursivbuchstaben erschien darauf deutlich lesbar eine weltberühmte physikalische Formel: e = mc 2 .
    »Das glaube ich nicht, was soll diese miese Show?«, rief Frank und zerrte verärgert an den Handschellen. Auf die Art konnte er immerhin ausprobieren, wie viel Bewegungsspielraum ihm verblieben war und wie fest seine Heizung in der Wand verankert war.
    »Das reicht jetzt«, herrschte ihn der Mann barsch an.
    »Hör auf, an der Heizung zu reißen. Halt still und beantworte meine Fragen. Je schneller du mir sagst, was ich wissen will, desto schneller sind wir hier fertig, und ich kann dich losmachen. Dir wird es sowieso nicht gelingen, die Heizung aus der Wand zu reißen.«
    »Was für Fragen?«
    Frank lehnte sich wieder zurück und zog seine langen Beine an sich.
    »Ich suche eine Landkarte, ziemlich alt, eine Karte von Neuschottland, von Kanada und dem nordwestlichen Teil des Atlantiks. Du bist Geografîe-Student, du weißt, wovon ich rede. Du benutzt die Karte doch für deine Diplomarbeit. Sie gehört mir. Ich will sie zurückhaben«, erklärte Einstein.
    Er beugte seinen breiten Oberkörper nach vorne und griff wieder nach der Pistole. Durch den Sehschlitz der Maske konnte Frank jetzt die dunkle Iris seiner Augen erkennen.
    Die Pistole zielte auf sein linkes Knie.
    »Geht es nicht wenigstens ein bisschen genauer?«, wollte Frank wissen. »Mit so einer schwammigen Beschreibung kann ich dir Hunderte von Karten ausdrucken lassen. Und in der Universität gibt es Tausende über den Atlantik«, fügte er hinzu.
    »Ich rede nicht
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