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Sigma Force 03 - Der Genisis Plan

Titel: Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
Autoren: James Rollins
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Ultraschallbereich über. Schließlich hob der Hubschrauber ab und gewann rasch an Höhe.
     
    Lisa sank der Magen bis unter den Nabel, als die Maschine über eine Nachbarschlucht schwenkte. Durch das Seitenfenster blickte sie auf die Zelte und die Yaks hinunter. Sie sah ihren Bruder. Er hatte den Arm grüßend erhoben, oder beschattete er lediglich die Augen? Neben ihn stand Taski Sherpa, aufgrund des Cowboyhuts mühelos zu erkennen. Eine Bemerkung des Sherpas folgte ihr in den Himmel, schnitt durch ihre Gedanken und Besorgnisse.
     
    Der Wind bringt den Tod.
     
    Kein angenehmer Gedanke.
     
    Der Mönch an ihrer Seite betete lautlos. Er wirkte angespannt, entweder weil er Flugangst hatte oder weil er sich fürchtete vor dem, was sie im Kloster erwartete. Lisa lehnte sich zurück. Die Worte des Sherpas gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf. Wirklich ein schlechter Tag.
     

     

     

     
    09:13
     
    Höhe 6775 Meter ü. d. M.
     

     
    Leichtfüßig bewegte er sich über den von Rissen durchzogenen Boden. Die Steigeisen gruben sich tief in den Schnee und das Eis. Zu beiden Seiten ragten steile Felswände auf, die mit braunen Flechtenpiktogrammen überzogen waten. Die Schlucht stieg an. Dort oben lag sein Ziel.
     
    Er trug einen einteiligen Daunenanzug mit schwarz-weißer Tarnfärbung. Ein wollener Kopfschützer und die Schneebrille verbargen sein Gesicht. Sein Rucksack wog über zwanzig Kilo, dazu kamen noch die Eisaxt, die an der einen Seite festgeschnallt war, und das aufgerollte Kletterseil an der anderen. Außerdem hatte er ein Heckler-&-Koch-Sturmgewehr dabei, ein Zusatzmagazin für zwanzig Salven und eine Tasche mit neun Brandgranaten.
     
    Trotz der großen Höhe benötigte er keinen zusätzlichen Sauerstoff. Seit vierundvierzig Jahren waren die Berge sein Zuhause. An die Lebensbedingungen des Hochlandes war er ebenso gut angepasst wie die Sherpas, doch er sprach ihre Sprache nicht, und sein Blick zeugte von einer anderen Herkunft: Das eine Auge war gletscherblau, das andere rein weiß. Dieses Merkmal machte ihn ebenso unverwechselbar wie die Tätowierung an seiner Schulter. Selbst unter den Sonnenkönigen, den Rittern der Sonne. Der Kopfhörer in seinem Ohr summte. Haben Sie das Kloster schon erreicht? Er fasste sich an den Hals. Ich brauche noch eine Viertelstunde.
     
    Von dem Unfall darf nichts nach außen dringen. Ich kümmere mich darum. Er sprach ruhig und atmete durch die Nase. Die Stimme seines Gesprächspartners klang herrisch, aber auch furchtsam. Welch jämmerliche Schwäche. Das war einer der Gründe, weshalb er das Granitschloss nur selten aufsuchte und sich lieber in dessen Umkreis aufhielt. Das war schließlich sein gutes Recht.
     
    Bislang hatte ihn noch niemand aufgefordert, dem Schloss näher zu kommen. Sie fragten ihn nur dann um Rat, wenn sie nicht mehr weiterwussten.
     
    Der Knopfhörer gab einem Knacker von sich. Sie werden das Kloster bald erreicht haben. Er sparte sich die Antwort. In der Ferne hörte er dumpfes Rotorengeräusch. Im Kopf stellte er rasch ein paar Berechnungen an. Es bestand kein Grund zur Eile. Die Berge lehrten einen Geduld. Er kontrollierte seinen Atem und näherte sich weiter der Ansammlung der Steingebäude mit den roten Ziegeldächern. Das Kloster Temp Och lag am Rande einer Felswand und besaß einen einzigen Zugang. Die Mönche und deren Schüler hatten nur selten Grund, sich über den Rest der Welt Gedanken zu machen. Bis vor zwei Tagen. Da hatte sich der Unfall ereignet.
     
    Seine Aufgabe war es aufzuräumen. Der Rotoren lärm wurde lauter. Der Hubschrauber näherte sich von unten. Der Mann ging weiter, ohne schneller zu werden. Er hatte viel Zeit. Die Neuankömmlinge mussten erst das Kloster betreten.
     
    Dann wäre es umso leichter, sie alle zu töten.
     
    Aus der Luft betrachtet war die Welt zu einem fotografischen Negativ erstarrt. Eine Studie in Kintrasten. Schwarz- und Weiß töne. Schnee und Gestein. Nebelverhüllte Gipfel und dunkle Schluchten. Die Eisabbrüche und Gletscher funkelten gleißend hell. Wenn man länger hinschaute, bestand Gefahr, schneeblind zu werden.
     
    Lisa hatte die Augen gegen die Helligkeit zusammengekniffen. Wie konnten Menschen in dieser Höhe leben? In einer solch unbarmherzigen Umgebung? Warum suchten die Menschen freiwillig unwirtliche Orte auf, obwohl sie sich das Leben einfacher hätten machen können?
     
    Freilich hatte schon ihre Mutter sie häufig auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht. Wozu diese Extreme?
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