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Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens
Autoren: Heather Graham
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beabsichtigte nicht, den Umschlag zu öffnen und gedachte, ihn Dabney zurückzugeben. »Teilen Sie ihr mit, daß ich nicht kommen kann«, erwiderte er.
    »Sie hat aber gesagt, es sei dringend, und Sie müßten unbedingt erscheinen, Sir.«
    »Wie kommt diese Dame eigentlich dazu, mich zu sich zu beordern, wo ich anderswo viel dringender gebraucht werde?«
    »Sir, das weiß ich wirklich nicht. Vielleicht sollten Sie den Umschlag doch öffnen.«
    Das hatte er ja gerade vermeiden wollen! Zähneknirschend blickte er auf das elfenbeinfarbene Pergament in seiner Hand. Aber schließlich brach er das Siegel und begann zu lesen:
    »Captain McKenzie, ich weiß, wie ungern Sie meiner Aufforderung nachkommen werden, aber ich muß Sie unbedingt sprechen. Ich verlasse mich darauf, daß Sie sich wie ein Gentleman verhalten und mich nicht einem schambeladenen Schicksal überlassen; selbst wenn wir in Zeiten leben, da der Tod an jeder Ecke lauert. Sicher wollen Sie auch nicht, daß einem unschuldigen Wesen die Zukunft verbaut wird. Deshalb flehe ich Sie an, sich mit mir zu treffen. Unten bei dem Hügel steht eine kleine Episkopalkirche. Bitte kommen Sie sofort dorthin. Ich werde Sie auch bestimmt nicht lange von Ihren Kriegspflichten abhalten.«
    Dabney Crane sagte kein Wort, betrachtete Julian aber mit unverhohlener Neugier.
    Julian blickte, fest entschlossen, Desinteresse zu bekunden, von dem Brief auf und zu Dabney. Dennoch raste ihm plötzlich der Puls, während er noch überlegte, was er von der Mitteilung halten sollte: Stritt sie nun endlich nicht mehr ab, was zwischen ihnen vorgefallen war?
    »Captain«, sagte Dabney unruhig.
    »Ich kann nur ein paar Minuten opfern. Hier sterben Männer.«
    Dabney schüttelte traurig den Kopf. »Das ist wohl richtig, Sir. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele heute wieder zum letzten Mal in die Schlacht ziehen werden. Aber ich schlage vor, Sir, daß Sie sich - falls Sie diese Dame überhaupt sehen wollen -, jetzt sofort ein paar Minuten freinehmen. Colonel Joe Clinton aus Georgia hatte sich auch einverstanden erklärt, letzte Nacht seinen Neffen Captain Zach Clinton aus Maine am Fluß zu treffen. Captain Zach ist auch erschienen, aber Colonel Joe war während des Tages gefallen.«
    In Julian McKenzie spannte sich jeder Muskel. Was, wenn er sich weigerte, sie zu sehen, und er im Laufe des Tages starb? Und was, wenn sie tatsächlich ein Kind von ihm erwartete? Würde sie es dann mit dem Erbe und der Erinnerung an einen anderen Mann großziehen - und auch mit dessen Namen?
    »Sir?«
    »Ich brauche mein Pferd ...«
    Was Stolz doch aus einem Mann machen konnte!
    »Nehmen Sie den alten Ben, Sir. Er ist ein gesundes Tier und schnell wie der Wind. Aber, Sir, Sie müssen jetzt sofort losreiten, bevor die Truppen aufwachen.«
    Und ehe ich mich's versehe, bin ich ein Deserteur, dachte Julian und verzog das Gesicht.
    »Sir, es ist jetzt wirklich höchste Zeit«, trieb Dabney ihn zur Eile.
    Julian zögerte noch. Er traute Rhiannon nicht. Aber wenn es ein Trick sein sollte, dachte er grimmig, dann würde sie schon sehen, was sie davon hatte. »Ich gehe sofort«, sagte er zu Dabney. »Wecken Sie schnell Pater Vickery und sagen Sie ihm, er soll mir nachkommen, und zwar schleunigst.«
    »Ja, Sir.« Dabney lächelte, entzückt darüber, dazu beigetragen zu haben, eine heimliche Romanze voranzubringen.
    Julian nutzte Dabneys Angebot, dessen Pferd zu nehmen, und gab sich den Wachen des Rebellenlagers zu erkennen, als er auf sie zuritt. Dann durchbrach er die eigenen Linien und lenkte das Tier ins Niemandsland zwischen Rebellen- und Yankee-Lager. Als er die Kirche fast erreicht hatte, hielt er das Pferd an und wartete auf einer Anhöhe, auf der nur noch ein paar wenige Bäume standen - die Überbleibsel eines kleinen Wäldchens, das vom Kanonenfeuer vernichtet worden war. Aufmerksam beobachtete er die Umgebung.
    Die Kirche selbst befand sich jetzt mehr oder weniger auf freier Flur. Die Bäume und Büsche und die bewachsenen Äcker, die sie einst umgeben hatten, waren fast ausnahmslos während der Kämpfe niedergemäht worden. Hätten Yankees die Kirche umstellt, hätte er sie sehen müssen. Im Schutz der Bäume stieg er vom Pferd und beobachtete die ehemaligen Felder um die Kirche herum noch einen Augenblick länger. Dann kauerte er nieder und arbeitete sich mit den Ellbogen Zentimeter für Zentimeter voran, bis er die Freifläche zwischen der Anhöhe und der kleinen Kirche hinter sich gebracht hatte. Als
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