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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später
Autoren: Guillaume Musso
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Instrumente geworden.
    Sobald Sebastian seine Werkstatt betreten hatte, entspannte er sich. Hier herrschten Ruhe und Frieden. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Der angenehme Geruch nach Ahorn, Weide und Fichte vermischte sich mit dem der Lacke und Lösungsmittel.
    Er liebte die besondere Atmosphäre dieses Handwerks aus einer anderen Zeit. Im achtzehnten Jahrhundert hatte die Schule von Cremona die Kunst des Geigenbaus perfektioniert. Seither hatten sich die Techniken kaum weiterentwickelt. In einer Welt des permanenten Wandels hatte diese Beständigkeit etwas Wohltuendes.
    Hinter ihren Werktischen arbeiteten Geigenbauer und Lehrlinge an verschiedenen Instrumenten. Sebastian begrüßte Joseph, seinen Werkstattleiter, der gerade die Wirbel einer Bratsche einstellte.
    »Die Leute von Farasio haben wegen der Bergonzi angerufen. Der Verkauf wurde zwei Tage vorgezogen«, erklärte er und klopfte sich die Späne von seiner Lederschürze.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Es wird für uns schwierig sein, diesen Termin zu halten«, erwiderte Sebastian besorgt.
    »Übrigens, sie hätten dein Echtheitszertifikat gern heute im Lauf des Tages. Meinst du, das ist möglich?«
    Sebastian war nicht nur ein begabter Geigenbauer, sondern auch ein anerkannter Sachverständiger.
    Er verzog resigniert das Gesicht. Dieser Verkauf war der wichtigste dieses Jahres. Undenkbar, darauf zu verzichten.
    »Ich muss noch meine Recherchen abschließen und meinen Bericht verfassen, aber wenn ich gleich anfange, werden sie ihn bis zum Abend bekommen.«
    »Gut. Ich gebe das so weiter.«
    Sebastian begab sich in den großen Empfangsraum, dessen Wände mit purpurrotem Samt ausgeschlagen waren. Rund fünfzig Geigen und Bratschen, die von der Decke hingen, verliehen ihm seine Besonderheit. Da er über eine ausgezeichnete Akustik verfügte, waren hier bereits herausragende Interpreten aus aller Welt zu Gast gewesen, um ein Instrument zu kaufen oder reparieren zu lassen.
    Sebastian nahm an seinem Arbeitstisch Platz und setzte eine kleine Brille auf, bevor er nach dem Instrument griff, für das er eine Expertise erstellen sollte. Ein recht seltenes Exemplar: Es hatte Carlo Bergonzi gehört, dem begabtesten Schüler Stradivaris. Es stammte aus dem Jahr 1720 und war erstaunlich gut erhalten. Das berühmte Auktionshaus Farasio war entschlossen, bei der nächsten großen Herbstauktion über eine Million Dollar dafür zu erzielen.
    Als weltweit angesehener Experte konnte Sebastian sich nicht den kleinsten Fehler bei der Bewertung eines so bedeutenden Objektes erlauben. Wie ein Önologe oder Parfümeur hatte er Tausende von Nuancen über jede Geigenbauschule im Kopf: Cremona, Venedig, Mailand, Paris, Mirecourt. Trotz all dieser Erfahrung war es jedoch schwierig, mit absoluter Sicherheit die Echtheit eines Instruments zu bestätigen, und Sebastian setzte bei jeder Expertise seinen Ruf aufs Spiel.
    Vorsichtig klemmte er sich das Instrument zwischen Schlüsselbein und Kinn, hob den Bogen und spielte die ersten Takte einer Partita von Bach. Die Klangfülle war außergewöhnlich. Zumindest so lange, bis plötzlich eine Saite riss und ihm wie ein Gummiband um die Ohren flog. Erschrocken legte er das Instrument ab. Seine ganze Nervosität und Anspannung hatten in seinem Spiel mitgeklungen! Unmöglich, sich zu konzentrieren. Der Vorfall vom Morgen vergiftete seinen Geist. Camilles Vorwürfe hallten immer lauter in seinem Kopf nach. Er konnte nicht umhin, zuzugeben, dass ein Teil ihrer Worte der Wahrheit entsprach. Dieses Mal war er zu weit gegangen. Er hatte schreckliche Angst, sie zu verlieren, und wusste, dass er möglichst schnell wieder mit ihr ins Gespräch kommen musste. Ihm war jedoch auch klar, dass dies nicht leicht werden würde. Er schaute auf seine Armbanduhr, dann zog er sein Handy heraus. Die Schule hatte noch nicht begonnen, mit etwas Glück … Er versuchte, sie zu erreichen, wurde jedoch sofort auf die Mailbox umgeleitet.
    Mach dir keine Illusionen …
    Er kam zu der Überzeugung, dass eine frontale Strategie zum Scheitern verurteilt war. Er musste die Zügel ein wenig locker lassen, zumindest dem Anschein nach. Und dafür brauchte er einen Verbündeten. Jemanden, der es ihm ermöglichte, Camilles Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn er dieses Einvernehmen erst einmal wiederhergestellt hätte, würde er sich daran machen, die Angelegenheit zu klären und seine Tochter wieder zur Vernunft zu bringen. Aber wen konnte er um Hilfe bitten?
    Er ging in
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