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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später
Autoren: Guillaume Musso
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gefolgt. Er hatte versucht, sie davon zu überzeugen, dass nur strenge Regeln der Persönlichkeit eines Kindes Struktur geben konnten. Ihre Standpunkte waren unvereinbar geworden, und jeder hatte auf seiner Position beharrt. So war es eben. Man kann die Menschen nicht verändern. Man kann die Grundpfeiler einer Persönlichkeit nicht umformen.
    Schließlich hatten sie sich nach einer schmerzlichen Episode, die Sebastian als Verrat empfunden hatte, getrennt. Nikki hatte die Grenze des für ihn Erträglichen überschritten. Wenn die Ereignisse ihn auch innerlich zermürbt haben, waren sie zugleich doch das zwingende Signal für ihn gewesen, diese Ehe, die keinen Sinn mehr hatte, zu beenden.
    Um seine Kinder vor diesem Schiffbruch zu retten und das Sorgerecht zu erhalten, hatte Sebastian einen Fachanwalt für Ehe- und Familienrecht engagiert. Einen Staranwalt, der sich dafür eingesetzt hatte, Nikki in die Knie zu zwingen, damit sie auf den Großteil ihrer elterlichen Rechte verzichtete. Die Dinge aber waren weit schwieriger gewesen, als er erwartet hatte. Schließlich hatte Sebastian seiner künftigen Exfrau eine eigenartige Vereinbarung vorgeschlagen: Er überließ ihr praktisch das alleinige Sorgerecht für Jeremy im Austausch gegen das für Camille. Um nicht womöglich alles zu verlieren, wenn sie sich auf einen Rechtsstreit einließ, hatte sie diese Aufteilung akzeptiert.
    Seit sieben Jahren lebten Camille und Jeremy also in verschiedenen Wohnungen unter der Verantwortlichkeit von zwei Erwachsenen, die ihnen eine diametral entgegengesetzte Erziehung angedeihen ließen. Die Besuchshäufigkeit beim »anderen Elternteil« war gering und streng geregelt. Camille sah ihre Mutter nur jeden zweiten Sonntag, während Sebastian in dieser Zeit Jeremy bei sich hatte.
    Zwar war seine Ehe mit Nikki die reine Hölle gewesen, doch jetzt war diese Zeit längst vorüber. Im Lauf der Jahre hatte Sebastian wieder Ordnung in sein Leben gebracht, und Nikki war lediglich eine ferne Erinnerung. Er erfuhr von Camille nur wenig über ihr Leben. Ihre Karriere als Model war gar nicht erst in Gang gekommen, geschweige denn die als Schauspielerin. Der letzten Information nach hatte sie mit den Fotoshootings und Castings aufgehört und mit ihren Träumen vom Theater abgeschlossen, um sich der Malerei zu widmen. Wenn ihre Gemälde auch gelegentlich in zweitklassigen Galerien von Brooklyn ausgestellt wurden, wollte ihr doch der große Durchbruch nicht gelingen. Die Männer in ihrem Leben gaben sich die Klinke in die Hand. Nie dieselben, nie die Richtigen. Sie schien ein besonderes Talent dafür zu haben, jene anzuziehen, die sie leiden ließen, ihre Schwäche, ihre Zerbrechlichkeit erahnten und versuchten, sie auszunutzen. Mit zunehmendem Alter schien sie jedoch ihr Gefühlsleben stabilisieren zu wollen. Camilles Berichten zufolge hatte sie seit einigen Monaten ein Verhältnis mit einem Beamten vom New York Police Department. Einem zehn Jahre jüngeren Mann offenbar. Bei Nikki war eben nie etwas einfach.
    Das Klingeln des Telefons holte Sebastian in die Realität zurück. Er schaute auf sein Handy und riss verwundert die Augen auf. Durch ein eigenartiges Spiel des Schicksals sah er in ebendiesem Moment auf seinem Display den Namen »Nikki Nikovski« aufleuchten.
    Spontan wich er zurück. Er hatte praktisch keinerlei Kontakt mehr zu seiner Exfrau. Im ersten Jahr nach der Scheidung hatten sie sich jeweils beim »Austausch« der Kinder gesehen, aber heute beschränkte sich ihre Beziehung auf einige informative SMS, um die zweiwöchentlichen Besuche der Kinder zu organisieren. Wenn Nikki sich die Mühe machte, ihn anzurufen, musste etwas Schwerwiegendes geschehen sein.
    Camille … dachte er und nahm das Gespräch an.
    »Nikki?«
    »Guten Tag, Sebastian.«
    Er hörte sofort die Unruhe in ihrer Stimme.
    »Was ist los?«
    »Es ist wegen Jeremy. Hast du … hast du in den letzten Tagen etwas von deinem Sohn gehört?«
    »Nein, warum?«
    »Ich fange an, mir Sorgen zu machen. Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Wie das?«
    »Er war nicht in der Schule. Weder gestern noch heute. Auf dem Handy ist er nicht zu erreichen, und er hat nicht zu Hause geschlafen seit …«
    »Du machst wohl Witze!«, fiel er ihr ins Wort. »Er hat nicht zu Hause geschlafen?«
    Sie antwortete nicht sofort. Sie hatte seine Wut und seine Vorwürfe vorausgeahnt.
    »Seit drei Nächten ist er nicht heimgekommen«, gestand sie schließlich.
    Sebastian hielt die Luft an. Seine Hand
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