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Sie sehen dich

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Titel: Sie sehen dich
Autoren: H Coben
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Pucks auf das Tor zu schießen, das sein Sohn hütete. Adam hatte fantastisch gehalten  – er hatte beste Aussichten auf einen Spitzenplatz zumindest in der Universitätseishockeyliga  – und dann hatte er vor einem halben Jahr Knall auf Fall mit dem Eishockeyspielen aufgehört.

    Einfach so. Von einem Tag auf den anderen hatte Adam den Schläger, die Polster und die Maske in die Ecke gestellt und verkündet, dass er jetzt fertig damit wäre.
    Hatte es damit angefangen?
    War dieser Rückzug vom Eishockey das erste Zeichen seines Niedergangs gewesen? Mike hatte versucht, die Entscheidung seines Sohns zu akzeptieren und nicht, wie viele übermäßig ehrgeizige Eltern, die sportlichen Ambitionen mit dem Erfolg im Leben gleichzusetzen. Trotzdem hatte die Entscheidung ihn hart getroffen.
    Für Tia war es ein noch härterer Schlag gewesen.
    »Wir verlieren ihn«, sagte sie.
    Mike war noch nicht davon überzeugt. Schließlich hatte Adam kurz vorher eine ungeheure Tragödie erlebt  – einer seiner besten Freunde hatte Selbstmord begangen  –, und natürlich hatte er dadurch eine pubertäre Angst entwickelt. Er war trübsinnig und schweigsam geworden. Er verbrachte viel Zeit allein in seinem Zimmer, die meiste davon an diesem verdammten Computer, wo er irgendwelche Fantasy-Spiele spielte, mit Freunden chattete oder wer weiß was noch machte. Aber verhielten sich andere Jugendliche nicht genauso? Adam sprach kaum noch mit Tia und Mike  – und selbst wenn, war es eher ein Grunzen als artikuliertes Sprechen. Aber war nicht auch das relativ normal?
    Die Überwachung war Tias Idee gewesen. Sie arbeitete als Strafverteidigerin in der Kanzlei von Burton und Crimstein in Manhattan. An einem der Fälle der Kanzlei war ein Geldwäscher namens Pale Haley beteiligt gewesen. Das FBI hatte seine Internetkorrespondenz überwacht und war dadurch an die entscheidenden Beweise gegen ihn herangekommen.
    Brett, der Softwarespezialist, arbeitete für Tias Firma. Mike starrte Bretts schmutzige Fingernägel an. Diese Fingernägel berührten Adams Tastatur. Der Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht. Dieser Typ mit den schmutzigen Fingernägeln saß hier im
Zimmer ihres Sohns und machte irgendetwas mit Adams wichtigstem Besitz.
    »Bin gleich fertig«, sagte Brett.
    Mike hatte die E-SpyRight Website aufgerufen, auf der die Werbesprüche sofort in fetten Druckbuchstaben erschienen:
    WERDEN IHRE KINDER VON KINDERSCHÄNDERN
KONTAKTIERT?
WERDEN SIE VON IHREN ANGESTELLTEN BESTOHLEN?
    Und dann in noch größeren und dickeren Buchstaben das Argument, das Tia überzeugt hatte:
    SIE HABEN DAS RECHT, ES ZU WISSEN!
    Auf der Website waren auch ein paar Empfehlungen aufgeführt:
    »Ihre Software hat meine Tochter vor dem schlimmsten Alptraum aller Eltern gerettet  – einem perversen Kinderschänder! Danke, E-SpyRight!«
    Bob, Denver, Colorado
     
    »Ich habe erfahren, dass der Angestellte, dem ich am meisten vertraute, Sachen aus dem Büro geklaut hat. Ohne Ihre Software hätte ich das nie gemerkt!«
    Kevin, Boston, Massachusetts
    Mike hatte sich dagegen gesträubt.
    »Er ist unser Sohn«, hatte Tia gesagt.
    »Das ist mir durchaus klar. Glaubst du, ich weiß das nicht?«
    »Machst du dir keine Sorgen?«
    »Natürlich mache ich mir Sorgen. Aber …«
    »Aber was? Wir sind seine Eltern.« Und dann sagte sie so, als
würde sie den Werbespruch vorlesen: »Wir haben das Recht, es zu wissen.«
    »Wir haben das Recht, in seine Privatsphäre einzudringen?«
    »Um ihn zu schützen? Selbstverständlich. Er ist unser Sohn.«
    Mike hatte den Kopf geschüttelt.
    »Wir haben nicht nur das Recht«, hatte Tia gesagt, und war näher an ihn herangetreten, »wir haben sogar die Pflicht, weil wir für ihn verantwortlich sind.«
    »Wussten deine Eltern alles, was du als Jugendliche getan hast?«
    »Nein.«
    »Wie war das mit deinen Gedanken. Kannten sie den Inhalt aller Gespräche, die du mit deinen Freundinnen geführt hast?«
    »Nein.«
    »Genau darüber sprechen wir hier aber.«
    »Versetz dich doch mal in Spencers Eltern«, hatte sie entgegnet.
    Damit hatte sie ihn zum Schweigen gebracht. Sie hatten sich angesehen.
    Tia hatte gesagt: »Wenn die beiden noch einmal von vorn anfangen könnten, wenn Betsy und Ron Spencer zurückholen könnten …«
    »Das kannst du nicht machen, Tia.«
    »Nein, hör mir zu. Wenn die noch mal von vorne anfangen könnten, wenn Spencer noch am Leben wäre, glaubst du nicht, dass sie ihn genauer im Auge behalten würden?«
    Spencer
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