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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte
Autoren: Gibson Rachel
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spürte.
    Das hoffte er zwar, aber so war es nicht, als sie am folgenden Abend den Umkleideraum betrat. Luc spürte ihre Nähe, noch bevor er den Blick hob und sie sah. Die Wirkung ihres Anblicks war so stark, dass sie ihn traf wie ein Schlag vor die Brust, der ihm den Atem raubte. Als sie sprach, drang ihre Stimme gegen seinen eisernen Willen in ihn ein, er saugte sie auf wie ein trockener Schwamm. Er liebte sie. Er konnte es vor sich selbst nicht mehr leugnen. Er hatte sich in Jane verliebt, und er hatte keine Ahnung, was er dagegen tun sollte. Während er dasaß, die Füße in den offenen Schlittschuhen, die Schnürsenkel in den Händen, sah er sie näher kommen, und mit jedem Schritt verstärkte sich das Gefühl, dass sein Herz seine Rippen zu zertrümmern suchte.
    Schwarz gekleidet, mit ihrer zarten, weißen Haut, sah sie aus wie immer. Das dunkle Haar lockte sich um ihr Gesicht, und Luc zwang sich, seine Schlittschuhe zu schnüren, während er Jane doch am liebsten gepackt und geschüttelt hätte, um sie dann an sich zu pressen, bis sie völlig ineinander aufgingen.
     
    Das Schwerste, was Jane in ihrem Leben je vollbracht hatte, war ihr Weg durch den Umkleideraum, um sich Luc zu stellen. Ein paar Sekunden lang sah sie zu, wie er seine Skates schnürte, und da er sich weigerte, sie anzusehen, sprach sie auf seinen Kopf hinunter: »Du großer, blöder Dodo.« Sie ballte die Hände zu Fäusten, um nicht die Hand auszustrecken und ihm übers Haar zu streichen. »Du sollst wissen«, sagte sie, »dass ich nicht die Absicht habe, jemals wieder etwas über dich zu schreiben.«
    Endlich hob er den Kopf. Die Brauen waren zusammengezogen über dem Aufruhr in seinen blauen Augen. »Erwartest du, dass ich dir das glaube?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Herz weinte nach ihm. Weinte um sie selbst. Weinte um das, was sie zusammen hätten haben können. »Nein. Das erwarte ich nicht, aber ich dachte mir, ich sag’s dir trotzdem.« Sie sah ihn ein letztes Mal an, dann ging sie. Sie schloss sich Darby und Caroline in der Presseloge an und holte ihren Laptop hervor, um sich Notizen zu machen.
    »Wie geht es deinem Vater?«, fragte Darby und häufte damit noch mehr Asche auf ihr Haupt.
    »Schon sehr viel besser. Er ist wieder zu Hause.«
    »Er hat sich erstaunlich schnell erholt«, fügte Caroline mit wissendem Lächeln hinzu.
    Nach dem ersten Drittel erzielten die Chinooks einen Treffer gegen die Ottawa Senators, doch im zweiten Drittel schlugen die Senators zurück und holten ebenfalls ein Tor. Als der Schlusspfiff ertönte, hatten die Chinooks mit zwei Punkten Vorsprung gewonnen.
    Auf dem Weg zum Umkleideraum überlegte Jane, wie lange sie diese Situation noch aushalten würde. Luc immer wieder sehen zu müssen war mehr, als ihr Herz ertrug. Sie wusste nicht, wie lange sie noch über die Chinooks würde berichten können, selbst wenn es der beste Job war, den sie je gehabt hatte, und eine einzigartige Chance für ein Weiterkommen auf der Karriereleiter.
    Sie holte tief Luft und trat in den Umkleideraum. Wie üblich saß Luc vor seiner Nische. Von der Taille aufwärts war er nackt. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtete sie, als versuchte er, ein Rätsel zu lösen. Sie stellte den Spielern so wenige Fragen wie möglich und trat eiligst den Rückzug an, um nicht vor versammelter Mannschaft in Tränen auszubrechen. Die Jungs hätten dann geglaubt, sie würde wegen ihres kranken Vaters weinen, und hätten ihr noch mehr Blumen geschickt.
    Sie stürzte aus dem Raum, doch auf halbem Weg zum Ausgang blieb sie stehen. Falls es jemals etwas gegeben hatte, wofür durchzuhalten und zu kämpfen sich lohnte, dann war es Luc.
    Sie drehte sich um und lehnte sich mit einer Schulter gegen die Wand, genau an der Stelle, wo Luc schon einmal auf sie gewartet hatte. Er war der Erste, der im Durchgang auftauchte, und sein Blick bohrte sich in ihren, als er auf sie zukam, unverschämt gut aussehend in seinem Anzug und mit der roten Krawatte. Das Herz klopfte ihr bis zum Halse, als sie sich straffte und sich ihm entgegenstellte. »Hast du einen Augenblick Zeit?«
    »Wieso?«
    »Ich will mit dir reden. Ich muss dir etwas sagen, und ich denke, es ist wichtig.«
    Er warf einen Blick zurück in den leeren Durchgang, öffnete die Tür zu der Abstellkammer, in der sie schon einmal gesteckt hatten, und stieß sie hinein. Er knipste das Licht an und zog gleichzeitig die Tür hinter sich zu, isolierte sie beide im selben Raum, in dem er
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