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Sie bauten eine Kathedrale

Sie bauten eine Kathedrale

Titel: Sie bauten eine Kathedrale
Autoren: David Macaulay
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    Für die Dachkonstruktion mußten große,
ungefähr sechzig Fuß lange Holzteile in Skandinavien bestellt werden. Auf dem
Wasserweg wurde das Holz bald in den Hafen der Stadt geführt. Auch die Steine
aus dem Steinbruch beförderte man auf dem Fluß. Die Lasten wurden mit Hilfe von
Ladebäumen und Seilzügen, die die Zimmerleute gebaut hatten, von den Schiffen
gehievt und auf Karren verladen und hierauf durch die Stadt bis zum großen
Bauplatz gebracht.

    Mitte
November waren die Fundamente für Apsis und Chor ausgehoben.

    Am vierzehnten April 1253 fand die
feierliche Grundsteinlegung statt. Der Bischof von Chutreaux weihte den ersten
Stein, der auf das schmale Kieselbett hinabgelassen wurde, das den lehmigen
Grund der Ausschachtung bedeckte.
    Die Mörtelmischer standen mit genau
berechneten Mischungen aus Sand, Kalk und Wasser bereit. Arbeiter trugen den
Mörtel über Leitern hinunter zu den Maurern, die die Steine aufeinanderlegten
und jeweils mit der Kelle eine Lage Mörtel zwischen die einzelnen Steine und
Steinschichten strichen. Der getrocknete Mörtel gab einen dauerhaften Verbund
zwischen den Steinen.
    Der Maurermeister kontrollierte
unablässig mit der Wasserwaage, ob die Steine auch alle vollkommen waagrecht
geschichtet seien, und mit dem Senkblei prüfte er, ob die Wand auch wirklich
vollkommen senkrecht sei. Jeder Fehler beim Bau des Fundaments würde den Aufbau
der Mauer in Gefahr bringen.

     
    Als die Grundmauern standen, folgte als
nächster Schritt das Hochziehen der Wände. Die Wände einer gotischen Kathedrale
wie Chutreaux bestehen aus Pfeilern oder Säulen, die das Gewölbe und das Dach
tragen, sowie aus der Fläche zwischen den Pfeilern. Bis auf kleine Zonen
massiver Wand wird diese Fläche zum größten Teil durch das steinerne Rahmenwerk
der Fenster, das Maßwerk, ausgefüllt. Die Pfeiler des Chors von Chutreaux
sollten eine Höhe von einhundertsechzig Fuß erreichen bei einem Durchmesser von
sechs bis acht Fuß. Sie setzten sich aus hunderten von zugeschnittenen Steinen
zusammen. Wenn die Pfeiler standen, wurde das Maßwerk, das nach Schablonen
geschnitten wurde, mit Seilwinden an seinen Platz hochgezogen.
    Für die kleinen, geschlossenen
Wandflächen wurden zwei parallel verlaufende Wände aus behauenem Stein
errichtet. Dann wurde der Zwischenraum durch ein Holz- oder Metallstück
verstärkt und mit einer Mischung aus Mörtel und Kieseln ausgegossen. Massive
Steinwände wären zu kostspielig gewesen.
    Es war dem Architekten bewußt, daß
Strebepfeiler nötig waren, um den Druck, der vom Gewölbe auf den Pfeilern
lastete, abzuleiten. Diese Strebepfeiler wurden auf eigenen Fundamenten den
Außenwänden der Kathedrale vorgelagert und durch Strebebogen mit dem Inneren
verbunden. Die Gewölbe gotischer Kathedralen hatten die Tendenz, die Pfeiler
nach außen zu drücken. Durch den Strebebogen jedoch wurde die Schubkraft an die
Strebepfeiler und von dort hinab zum Fundament abgeleitet. Dieser Technik ist
es zu verdanken, daß die Hauptpfeiler in ihren Proportionen im Verhältnis zu
ihrer Höhe so schlank sein konnten und daß dadurch mehr Fläche für die Fenster
blieb.

    Zum Hochbauen der Wände bedurfte es
hölzerner Gerüste. Sie bestanden aus Stangen, die mit Seilen verbunden waren.
Um Steine und Mörtel emporzuziehen, wurden Winden daran befestigt. Die auf den
Gerüsten arbeitenden Maurer standen auf Plattformen aus weidengeflochtenen
Matten, die leicht zu transportieren waren.
    Da lange Holzstangen teuer und schwer
erhältlich waren, reichten die Wandgerüste nicht bis zum Boden. Sie hingen von
der Wand herab und wurden mit dem Wachsen der Mauer höhergezogen. Leitern waren
überflüssig, da mehrere Wendeltreppen in die Wände miteingebaut wurden.

    Für den Bau der Strebebogen mußten erst
einmal behelfsmäßig Rahmen aus Holz konstruiert werden, sogenannte Lehrgerüste.
Diese hielten den Bogen zusammen und trugen das Gewicht der Steine, bis der
Mörtel getrocknet war. Zimmerleute fertigten sie am Boden an. Dann wurden sie
an ihren Platz hinaufgezogen und auf der einen Seite am Pfeiler, auf der
anderen Seite am Strebepfeiler befestigt. Erst wenn der steinerne Strebebogen
vollendet und tragfähig war, wurden die Lehrgerüste wieder weggenommen.

     
    In den Sommermonaten des Jahres 1270
wurden die Kapellen in der Apsis und die meisten Pfeiler und Strebepfeiler im
Chor fertiggestellt, und ein großer Teil der Lehrgerüste war bereits
angebracht.

    Im November wurden dann, wie
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