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Showdown

Showdown

Titel: Showdown
Autoren: Dirk Müller
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Einkauf und beim Waldfest von den Bürgern auf seine Taten und Entscheidungen angesprochen. Im Guten wie im Schlechten. Er wird sich daher im eigenen Interesse seine Entscheidung auch in Hinsicht auf die Wirkung auf die Gemütsverfassung seiner Mitbürger genauestens überlegen.
    Wird nun diese Wasserversorgung gegen einen einmaligen Kaufpreis, der sofort im kommunalen Haushalt versickert, an ein privates Unternehmen verscherbelt, sieht die Sache ganz anders aus. Dieses Unternehmen kennt lediglich eine Maxime: möglichst viel Profit zu erwirtschaften. Es hat ein Monopol erworben. Sie können es sich schließlich nicht aussuchen, von welchem Anbieter das Wasser aus Ihrem Wasserhahn fließt. Daher kann dem Unternehmen die Kundenzufriedenheit vollkommen egal sein. Der Vorstand sitzt ohnehin weit weg in seiner Firmenzentrale und wird mit den betroffenen Bürgern weder beim Einkaufen noch beim Sonntagsspaziergang zusammentreffen. Die Selbstreinigungskräfte der kommunalen Gesellschaft greifen hier nicht. Also wird der Konzern alles unternehmen, um die Interessen derjenigen zu verfolgen, die ihm als einzige Druck machen: die Kapitalgeber und Aktionäre. Und die interessiert in allererster Linie nur: Was springt dabei heraus? Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind für die Mehrzahl der Anleger vollkommen irrelevant. Das Geschäft mit dem Trinkwasser in Europa ist ein sprudelnder Milliarden-Euro-Markt, den sich die privaten Wasserkonzerne wie die französischen Firmen Veolia oder GDF Suez nur zu gerne einverleiben würden.
    Der Wasserkonzern wird nun also zunächst die Preise anheben. Im portugiesischen Pacos de Ferreira hat dies zu kurzfristigen Preissteigerungen von 400 Prozent für den Liter Trinkwasser geführt. Danach stiegen die Preise jährlich um weitere 6 Prozent. Doch damit nicht genug. Auf was schaut der geneigte Konzern, wenn die Preisschraube festgedreht ist? Genau! Auf die Kostenschraube. Hier geht immer was. Die Wartung kostet sehr viel Geld. Also wird massiv gekürzt. Gebrochene oder defekte Leitungen, aus denen Wasser ungenutzt versickert? Kein Problem, das Wasser fließt ja in beliebigen Mengen nach, dafür muss man kein Geld ausgeben. Der Kunde bezahlt für das, was aus den Leitungen kommt. Wie viel davor versickert ist, spielt kaum eine Rolle. Außer vielleicht für die Umwelt. Dass schlecht gewartete Leitungen und Systeme zur Verkeimung des Trinkwassers führen, ist ein leidvolles Ärgernis. Aber dem wird man durch reichliche Chlorbeimengungen im Trinkwasser Herr. Das Chloren ist wesentlich billiger als die ständigen Kosten für eine dauerhafte Wartung der Anlagen. Dass jetzt statt reinstem Quell- und Trinkwasser eine verunreinigte Brühe fließt, deren unmittelbar schädliche Gesundheitsfolgen mit gefährlichen chemischen Beimischungen kompensiert werden, trifft zwar den Bürger, nicht aber den Konzernchef, der viele hundert oder tausend Kilometer entfernt lebt. Chlor steht im Verdacht, krebserregend zu sein und auch sonst zahlreiche negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt zu haben.
    Befragt man die Bürger: »Wollt ihr weiterhin die Trinkwasserversorgung in der Hand eurer Kommune oder wollt ihr die Privatisierung?«, beantworten das heute fast 90 Prozent sehr eindeutig und positionieren sich klar gegen die Privatisierung. Warum also entscheidet die EU -Kommission, die eigentlich die Interessen der Bürger vertreten soll, gegen ihre Bürger? Weil sie sich im alltäglichen Geschäft eben mehr von den Lobbyorganisationen der Konzerne beraten und beeinflussen lässt als von den fernen Bürgern, die weit weg in den Kommunen sitzen.
    Die Anonymität der Europaabgeordneten ist hier ein großes Schutzschild. Kennen Sie Ihren Europaabgeordneten? Wissen Sie, welche Entscheidungen er für Sie getroffen hat? Selbst wenn Sie diesen einen kennen, wie sieht es mit den anderen etwa 750 Abgeordneten aus allen Teilen der EU ? Keine Sorge, die Lobbyisten in Brüssel kennen diese Menschen sehr genau und wissen, wann sie wen anrufen und umgarnen müssen. Es ist ihr Job rund um die Uhr. Sie, als Bürger in Deutschland, haben praktisch keinen Einfluss auf die Abgeordneten aus Polen oder Frankreich. Die Lobby hingegen übt sehr wohl konzentrierten Einfluss auf alle wichtigen Abgeordneten zu ihrem jeweiligen Spezialthema aus. Das ist die extremste Gefahr, die aus einem immer größeren und komplexeren Gebilde droht. Die räumliche wie emotionale Distanz zwischen den Entscheidern und den betroffenen Bürgern. Aus
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