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Sheylah und die Zwillingsschluessel

Sheylah und die Zwillingsschluessel

Titel: Sheylah und die Zwillingsschluessel
Autoren: Lolaca Manhisse
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Versehen wegdrückte und vor Schreck zusammenfuhr. Ich fluchte lauthals, war froh, dass mich mein Vater nicht hören konnte, und ging beim nächsten Klingeln ran. »Alles in Ordnung bei dir?« Das war Will, der Ranger. »Ja, ich bin im Schutzraum.« »Ich lasse meine Männer hier unten und komme rauf. Lass den Fahrstuhl runter!«, befahl er und legte auf. Normalerweise hätte ich mich über seinen barschen Tonfall geärgert. Ich mochte es nicht sonderlich, wenn man mir Befehle erteilte, und Vampire neigen dazu, Menschen als niedere Kreaturen anzusehen. In diesem Moment allerdings war ich einfach nur froh, dass er da war. Ich verließ den Schutzraum, schickte den Fahrstuhl nach unten und schloss mich sofort wieder ein. Es war zwar unwahrscheinlich, dass der Killer noch da war, wenn Will aufkreuzte, aber sicher war sicher. Ich hatte die Beine angewinkelt und die Hände darum geschlungen, damit wenigstens die intimsten Stellen bedeckt waren.
    Ich hätte mir aber keine Mühe zu geben brauchen, denn Will schaute nicht einmal in meine Richtung, als er aus dem Fahrstuhl trat, sondern überprüfte zuerst die angrenzenden Räume. Er hatte dunkelbraunes volles Haar, das knapp über den Schultern endete, und so dunkle Augen, dass sie schon fast schwarz wirkten. Will hatte ein sehr männliches Gesicht, markant und eckig, dichte Augenbrauen und einen Dreitagebart. Er legte immer eine leicht überhebliche Art an den Tag, die die meisten Menschen einschüchterte – mich inbegriffen. Auch jetzt nickte er mir nur kurz zu, zog seine Jacke aus und stellte sich mit dem Rücken zu mir. Eine stumme Aufforderung, den Schutzraum zu verlassen und seine Jacke überzuziehen. Ich tat es und war froh, dass er so ein Riese war, weil seine kurze Jacke über meinen Po ging. Ich selbst war um die einssiebenundsiebzig und mit knapp siebzig Kilo auch kein Klappergestell, doch man sah mir die Kilos nicht an, weil die meisten davon wirklich nur Muskeln waren. Da ich mir die Jacke fast zweimal umwickeln konnte, musste auch Will also ziemlich muskulös sein. Ich beäugte ihn aus den Augenwinkeln und sah, dass ich absolut richtig lag. Mit verschränkten Armen stand er da und sah einfach nur umwerfend aus. Ich fand das ziemlich ungerecht. Reichte es nicht, nahezu unverwundbar, schnell und übernatürlich stark zu sein? Machte das die Vampire nicht schon zu perfekten Jägern? Nein, sie mussten auch noch unnatürlich schön sein und eine anziehende Aura haben. So nah an ihm dran, fiel es mir gerade sehr schwer, mich zu konzentrieren und nicht den Blick aufs Wesentliche zu verlieren.
    Ich ertappte mich dabei, wie ich nach und nach seine Körperregionen begutachtete und mir doch ein bisschen warm wurde. Hey, ich musste das ausnutzen! Einen Ranger bekam man schließlich nicht jeden Tag zu Gesicht. Abrupt blähten sich Wills Nasenlöcher, und sein Blick huschte zu mir. Oh Gott! Ich wandte mich ab und hastete zum Fahrstuhl, um seinen Blicken auszuweichen. Reiß dich gefälligst zusammen Cherry! Sonst denkt er noch, du stehst auf ihn , tadelte ich mich in Gedanken. »Wo willst du hin?«, fragte er. Wenn er mein Verlangen gewittert hatte, so ließ er sich nichts anmerken. »Meine Klamotten holen. Oder soll ich nackig in der Stadt herumrennen?«, fragte ich spitz. Mein Sarkasmus half mir, die Verlegenheit wegzuspülen und nicht mehr an seinen Körper zu denken. »Und deine Tasche?« Sein Tonfall machte deutlich, dass er mich durchschaute. »Die werde ich selbstverständlich mitnehmen«, knurrte ich und stampfte an ihn vorbei in den Schutzraum hinein. »Gibt es noch einen anderen Ausweg, außer über die Tiefgarage?« »Über die Treppe. Die führt geradewegs in den Empfangsbereich. Wieso?« Ich war schon im Fahrstuhl, als er mir hinterherkam und antwortete: »Du solltest lieber nicht hinuntergehen.« Ich hielt inne. »Weil du denkst, ich könnte den Anblick der Leichen nicht ertragen?« Ich konnte nicht anders, als herausfordernd zu klingen. Ich hatte in meinem Leben schon einmal eine Leiche gesehen, und es war kein Vampir gewesen. »Nicht deshalb.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sondern wegen Marie. Sie hat überlebt, und ein dem Tode entronnener Vampir kann sehr gefährlich sein.« »Sie lebt?«, rief ich überrascht und ignorierte seine Warnung. »Ich muss sofort zu ihr!«, sagte ich und drückte bereits den Knopf, doch Will stemmte sich gegen die Fahrstuhltür. Na ja, eigentlich lehnte er nur lässig dagegen, dabei sollten sie der Kraft eines
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