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Shannara VII

Titel: Shannara VII
Autoren: Terry Brooks
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geschähe das alles nur in einem Traum. Er nahm Ryer Ord Star schützend in die Arme, und sein Verstand verlangte, dass er endlich etwas tun sollte. Doch entscheidungsunfähig und vor Schreck erstarrt, starrte er nur auf das rote Licht, das aus den Spitzen der Zangen hervortrat, und auf das Blut, das aus dem Rumpf des Elfen spritzte.
    In diesem Moment vergaß er alles außer dem nun überwältigenden Drang, auf dieses Schauspiel zu reagieren. Er schrie. Ein Damm brach, und Zorn, Verzweiflung und Enttäuschung durchfluteten ihn und befreiten seine Magie, verliehen ihr Leben und Kraft, eine eiserne Stärke, die Schärfe eines Messers. Diese Flut riss ihn mit sich und zerfetzte die Kriecher wie Papier.
    Er fühlte sich unbesiegbar, alles um ihn herum hatte er vergessen, nur nicht die Euphorie, die er verspürte, als die Kraft der Magie ihn durchrauschte. Ein weiterer Kriecher tauchte auf, und Bek wütete mit der gleichen Entschlossenheit - seine Stimme packte ihn, hob ihn in die Höhe und zerfetzte ihn. Er ließ die Einzelteile krachend zu Boden fallen. Er verteilte sie im Wind wie Laub und brüllte triumphierend.
    Dann umklammerte etwas sein Bein und zog ihn aus der Raserei zurück, in die er sich selbst Zutritt gewährt hatte. Seine Stimme verstummte, die Echos hallten in seinem Kopf wider, die Bilder blitzten vor seinem inneren Auge auf. Ryer Ord Star hatte ihn gepackt und starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen voller Schrecken und Unglauben an.
    »Nein, Bek, nein!«, schrie sie immer wieder, als tue sie das schon eine ganze Weile und habe immer wieder vergeblich versucht, ihn durch steinerne Mauern zu erreichen.
    Er schaute zu ihr hinunter und begriff nicht, wunderte sich lediglich über den Schmerz und die Verzweiflung in ihrem Gesicht. Er hatte sie doch gerettet, oder etwa nicht? Er hatte eine weitere Möglichkeit gefunden, seine Magie einzusetzen, eine, die er niemals erwartet hätte. Auf diese Weise hatte er eine Kraft befreit, die sogar das Schwert von Leah übertraf - vielleicht sogar Walker selbst. Was war so falsch an dem, was er getan hatte? Was daran quälte sie so sehr?
    Tamis trat mit blutüberströmtem Gesicht zu ihm, ergriff die Seherin und zog sie auf die Beine. »Lauf, und schau nicht zurück!«, zischte sie Bek zu und drückte ihm Ryer Ord Star in die Arme.
    Aber er schaute sich um. Und er erblickte einen Albtraum. Im Labyrinth wimmelte es von Kriechern, überall waren Feuerstrahlen. Ryer Ord Stars Vision hatte sie eingeholt. Tränen brannten in seinen Augen. Dort konnte kein menschliches Wesen überleben. Schreie gellten durch das Zwielicht, und Explosionen erschütterten die Luft mit grellen Lichtblitzen. Was war aus Ard Patrinell, Ahren und Panax geworden? Und aus Quentin? Er erinnerte sich an ihr gegenseitiges Versprechen, ihre Waffenbrüderschaft, an den Schwur, einander zu beschützen. Schatten, was war nur daraus geworden?
    »Lauf, hab ich gesagt!«, brüllte ihm Tamis ins Ohr.
    Das tat er dann auch: Er rannte durch das Dämmerlicht, während Ryer Ord Star an seinem Arm hing und versuchte mitzuhalten. Wieder stieß sie ein schrilles, verzweifeltes Klagen aus, und am liebsten hätte er sie zum Schweigen gebracht. Einmal schaute er sie an und wollte sie auffordern zu verstummen. Sie lief mit geschlossenen Augen, hatte den Kopf in den Nacken geworfen, und ihr Gesicht drückte solche Qualen aus, dass er es unterließ.
    Bruchstücke heller Magie flackerten in seinen Augen, Gespenster seines Erbes, das er jetzt entdeckt und angetreten hatte, das Flüstern von entfesselter Macht. Vielleicht ein zu großes Erbe. Zu viel Macht. Eine Sehnsucht überfiel ihn, der unverkennbare Drang, die Gefühle, die er befreit hatte, erneut zu durchleben. Die Intensität raubte ihm den Atem, er keuchte heftig, sein Gesicht errötete, sein Körper sang.
    Es war noch viel mehr notwendig, dachte er, während sie flohen, viel mehr, bis er befriedigt sein würde.
    Augenblicke später ließen sie das Chaos des Labyrinths hinter sich, die Schreie und Blitze des Feuers blieben zurück, und sie verschwanden im düsteren Nebel.
     
    Sie liefen lange Zeit, den ganzen Weg durch die Ruinen, ehe Tamis in einem schattigen Wald aus Laubbäumen anhielt. Um sie herum war die Luft feucht und neblig. Hier unter den Bäumen herrschte Stille, doch sein Herzschlag hämmerte in seinen Ohren. Bek beugte sich vor, holte tief Luft und stützte sich mit den Händen auf die Knie. Neben ihm klagte Ryer Ord Star noch immer leise und starrte vor
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