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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
Autoren: Rachel Hartman
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verkörpert.«
    »Fina, nein«, bat Kiggs.
    Zuerst dachte ich, er wollte mich tadeln, weil ich Sankt Clare verunglimpft hatte. Er hob die Hand, verharrte einen Augenblick, dann legte er sie auf meine. Sie war warm und bei der zarten Berührung verschlug es mir den Atem. »Sankt Clare hat sich nicht geirrt«, sagte er sanft. »Ich habe in dir immer die Wahrheit gesehen, egal welche Ausflüchte du vorgebracht hast, selbst dann, als du mir ins Gesicht gelogen hast. Ich habe dein wahres Herz gesehen, klar wie die Sonne, und ich habe erkannt, wie außerordentlich es ist.«
    Er nahm meine Hand in seine. »Es hat meiner Liebe zu dir keinen Abbruch getan, als du gelogen hast. Und erst recht nicht, als du die Wahrheit gesagt hast.«
    Ich sah unwillkürlich auf meine Hand, es war die linke. Er spürte mein Unbehagen, und mit einer raschen, aber zärtlichen Bewegung streifte er meinen Ärmel zurück – alle vier Ärmel –, sodass mein Unterarm der kalten Luft, der untergehenden Sonne, den aufziehenden Sternen ausgesetzt war. Er strich mit dem Daumen über das silberne Schuppenband. Als er den Schorf sah, zog er besorgt die Brauen zusammen, und dann, mit einem kühnen Seitenblick, neigte er den Kopf und küsste die Schuppen auf meinem Handgelenk.
    Ich konnte kaum atmen, so überwältigt war ich. Sonst spürte ich kaum etwas durch die Schuppen hindurch, aber diesen Kuss spürte ich bis in die Zehenspitzen.
    Er streifte respektvoll meine Ärmel zurück, hielt meine Hand zwischen seinen und wärmte sie. »Als du hier heraufgekommen bist, habe ich gerade an dich gedacht. Ich habe nachgedacht und gebetet und bin zu keinem Ergebnis gekommen. Ich war schon beinahe entschlossen, dass unsere Liebe unausgesprochen bleibt. Lassen wir dieses Jahr verstreichen, lassen wir Glisselda ihre Rolle als Königin finden. Der Himmel möge den Tag kommen lassen, an dem ich ihr dies sagen kann, ohne dass wir alle im Chaos versinken. Vielleicht entlässt sie mich aus meinem Versprechen, vielleicht auch nicht. Vielleicht muss ich sie in jedem Fall heiraten, denn sie braucht einen Ehemann und ich bin die erste Wahl. Kannst du damit leben?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Aber du hast recht, sie braucht dich.«
    »Sie braucht uns beide«, sagte er. »Wir dürfen uns nicht so sehr mit uns selbst beschäftigen, dass wir in diesem Krieg nicht unserer Pflicht nachkommen können.«
    Ich nickte. »Die Notlage geht vor, die Liebe muss warten. Aber ihre Zeit wird kommen, Kiggs. Ich glaube fest daran.«
    Er runzelte ärgerlich die Stirn. »Ich hasse es, ihr das verheimlichen zu müssen, das ist Betrug. Kleine Lügen sind genauso schlimm wie große, aber wenn wir unser Beisammensein völlig beschränken würden, bis –«
    »Völlig?«, fragte ich. »Keine Gespräche über die Philosophen aus Porphyrien? Und keine lustigen Geschichten vom Leben als Bastard?«
    Er lächelte. Ach, meinetwegen könnte dieses Lächeln ewig dauern. Ich würde es am liebsten aussäen und ernten wie Weizen.
    »Du weißt, was ich meine«, sagte er.
    »Du meinst, du wirst meinen Arm nicht mehr küssen«, sagte ich. »Aber das macht nichts, weil ich dich küssen werde.«
    Und das tat ich dann auch.

    Wenn ich mir einen Augenblick für immer aufheben könnte, dann diesen.
    Ich war wie die Luft selbst, ich war voller Sterne. Ich war der weite Raum zwischen den Türmen der Kathedrale, der feierliche Atem der Kamine, das Gebet, in den Winterwind geflüstert. Ich war die Stille und ich war die Musik, ein klarer, wohlklingender Akkord, der zum Himmel aufsteigt. Ich wäre wohl leibhaftig in den Himmel geschwebt, wenn nicht seine Hand auf meinem Haar und seine vollen schönen Lippen mich auf der Erde gehalten hätten.
    Das war der wahre Himmel! Ja, es war nichts als die Wahrheit und nicht einmal Sankt Clare hätte widersprechen können.

    Dann war es vorbei, er hielt meine Hände zwischen seinen und sagte: »In einer Ballade aus Porphyrien würden wir jetzt beide gemeinsam durchbrennen.«
    Ich suchte seine Augen, weil ich wissen wollte, ob er mir damit einen Vorschlag machte. Sein entschlossener Blick sagte Nein, aber ich erkannte auch, dass es nur eines Anstoßes bedurft hätte, um seinen Entschluss ins Wanken zu bringen. Nichts wäre leichter gewesen als das, aber ich spürte, dass ich es nicht wollte.
    Der Kiggs, den ich liebte, hätte sich nicht so hässlich benehmen und trotzdem mein Kiggs bleiben können. Mit seinem Entschluss würde noch etwas anderes in ihm ins Wanken geraten
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