Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Septimus Heap 03 - Physic

Titel: Septimus Heap 03 - Physic
Autoren: Angie Sage
Vom Netzwerk:
ersten Frost – und der Frost kam in diesen dunklen nordischen Breiten früh – beluden die Kaufleute ihre Schiffe mit Pelzen, Gewürzen, Wolle, Teer und allerlei Krimskrams. Sie kehrten erst lange nach dem Mittwinterfest wieder zurück. Alfrun Snorrelssen wusste immer, wann ihr Olaf zurückkehrte, und wenn die Zeit nahte, fragten ihre Freundinnen immer: »Alfrun, Alfrun, kannst du die Schiffe schon sehen?« Und Alfrun konnte sie immer sehen. Doch in dem Jahr, als Olaf Snorrelssen zum letzten Mal übers Meer fuhr, schüttelte sie nur den Kopf, als ihre Freundinnen fragten: »Alfrun, Alfrun, kannst du die Schiffe schon sehen?« Und als die Flotte der Kauffahrer am grauen Winterhorizont auftauchte, schüttelte sie immer noch den Kopf, diesmal jedoch vor Verzweiflung, denn sie wusste, dass ihr Olaf nie wiederkommen würde.
    Alfrun gab ihrer neugeborenen Tochter den Namen, den Olaf ausgewählt und in sein Kaufmannspatent eingetragen hatte. Obwohl Olaf überzeugt gewesen war, dass er einen Sohn bekommen würde, respektierte Alfrun seinen Wunsch und nannte das Kind Snorri.
    Snorri wuchs im Kreis verschiedener Tanten, Onkel, Großmütter und Kusinen auf. Sie war ein fröhliches, lebhaftes Kind, und erst als sie mit dreizehn Jahren entdeckte, dass im Kaufmannspatent ihres Vaters sie als sein Nachfolger eingetragen war, wurde sie unzufrieden. Bis dahin hatte sie nie viel an ihren Vater gedacht, nun aber sehnte sie sich danach, seinem Beispiel zu folgen, auf seinen Spuren durch die Burg jenes kleinen regnerischen Landes jenseits des Meeres zu wandeln und vor allem in Sally Mullins berühmter Tee- und Bierstube ein Springo Spezial zu trinken. Und als Geisterseherin sehnte sie sich auch danach, seinen Geist zu sehen.
    Alfrun Snorrelssen war entsetzt, als Snorri ihr von ihrer Absicht erzählte, im nächsten Jahr auf Handelsfahrt zu gehen. Sie warnte ihre Tochter vor den Gefahren auf See. Sie sei dafür noch viel zu jung. Außerdem sei sie ein Mädchen und Mädchen trieben keinen Handel. Und überhaupt: Was wisse sie denn über den Pelzpreis und die Qualität von Wollkleidung?
    Snorri wusste nichts, aber sie konnte lernen. Und als ihre Mutter den Stapel Handbücher für Kaufleute fand, den sie unter ihrem Bett versteckte, und in den Kachelofen warf, schnappte sie sich Ullr, stürmte aus ihrer kleinen Holzhütte am Hafen und lief zur Alfrun. Ihre Mutter ahnte, wo sie war, ließ sie aber in Ruhe, weil sie glaubte, dass sie nach einer kalten, ungemütlichen Nacht auf dem Boot am nächsten Morgen reumütig nach Hause kommen würde. Doch am Morgen stach Snorri bei Ebbe in See und segelte bald mit Südwind an der Küste entlang, um ihre allererste Fracht aufzunehmen. Alfrun Snorrelssen war beunruhigt und schickte Snorri ein schnelles Ruderboot nach. Doch an diesem Morgen wehte eine steife Brise, und die Ruderer kamen zwar auf Sichtweite an das Boot heran, hatten aber keine Chance, es einzuholen. Ihre Tochter war fort, und Alfrun Snorrelssen machte sich schwere Vorwürfe.
Snorris Vater
    Als Olaf Snorrelssen erfuhr, dass Alfrun ihr erstes Kind erwartete, war er außer sich vor Freude. Er ging mit seinem Kaufmannspatent ins Kontor des Handelsbundes und ließ sein erstes Kind, Snorri, als seinen Nachfolger eintragen. Und mit dem Versprechen, dass dies seine letzte Handelsfahrt sei, bis das Kind alt genug sei, ihn zu begleiten, stach Olaf Snorrelssen schweren Herzens mit seinem Boot in See.
    Er traf spät in der Burg des kleinen regnerischen Landes jenseits des Meeres ein und bekam auf dem Händlermarkt keinen günstigen Stand mehr. Am Abend ging er ins Wirtshaus Zum Dankbaren Steinbutt (eine Lieblingsschenke der Kaufleute und direkt vor den Toren der Burg gelegen), um seine Sorgen zu ertränken, wie es unter Nordhändlern üblich war und was ihnen in den meisten Gasthäusern der Burg ein Lokalverbot eingebracht hatte. Als er allein über die Einwegbrücke zurückkehrte, geriet er ins Straucheln und stieß sich den Kopf am Geländer. Am nächsten Morgen wurde er von einem Bauern, der auf dem Weg zum Markt war, erfroren aufgefunden.
    Der Geist Olaf Snorrelssens verweilte ein Jahr und einen Tag auf der Brücke, so wie es alle Geister am Schauplatz ihres Übertritts ins Geisterdasein müssen. Er zog es vor, niemandem zu erscheinen, doch es legte sich eine unangenehme Kälte über die Brücke, und viele behaupteten, dass sie immer ganz niedergeschlagen seien, wenn sie sie überquert hätten. Das Wirtshaus Zum Dankbaren Steinbutt musste beinahe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher