Sensation in der Manege
allen Seiten, und Zottel wurde kräftig geduscht.
Das Publikum kreischte vor Wonne.
Jetzt flog der Eimer in hohem Bogen in die Manege, genau vor Zottels Hinterbeine. Zottel entledigte sich des lästigen Gegenstands mit einem gezielten Huftritt und tollte weiter, er war jetzt richtig in Stimmung. Der Eimer ging auf den Würstchenverkäufer nieder und stülpte sich ihm über den Kopf.
Das Orchester ging zu einer anderen Melodie über, und Zottel stand erschöpft still. Er schnaubte, schüttelte sich heftig, dann sah er vergnügt ins Publikum, als wenn er sagen wollte: Und was soll ich euch jetzt noch zeigen?
Irgend etwas juckte ihn auf dem Rücken, Sand rieselte auf ihn herab. Zottel schüttelte ihn ärgerlich ab. Jetzt wurde er sanft von hinten angestoßen. Zottel sah sich um.
Entsetzt schrak er zusammen. Ein riesiger Elefant stand hinter ihm, die Ohren aufgestellt, den Rüssel drohend erhoben! Zottel zog den Schweif ein und trabte mit gesenktem Kopf nach draußen. Hinter ihm donnerte der Applaus, und das Publikum rief im Chor: „Bravo! Bravo!“
Aus der Dunkelheit tauchte Bille auf und legte die Arme um Zottels Hals. Sie hatte Zucker in der Hosentasche und klopfte und streichelte ihr Pony zärtlich. Dann begann sie sein schweißnasses Fell mit Stroh abzureiben.
„Du bist wirklich ein toller Kerl“, flüsterte sie. „Du dummes, unmögliches, geliebtes Zotteltier!“
Große Pläne
Zum Glück hatte Zottels unfreiwilliger Auftritt kein böses Nachspiel. Florian behielt recht: Der Publikumserfolg gab den Ausschlag. Was zählten ein paar blaue Flecke, eine kaputte Pauke und eine zerfetzte Uniform gegen die Riesenreklame, die das Publikum überall in der Stadt machte! Alle Vorstellungen waren bereits am nächsten Tag ausverkauft, man brauchte sich um das Futtergeld für die Tiere nicht mehr zu sorgen.
„Welch ein Komiker!“ hatte der Direktor gesagt. „Ein Jammer, daß so ein Talent für die Zirkuswelt verloren ist! Wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen? Er wäre bei uns in den besten Händen!“ Und er hatte Zottel lange zum Abschied den Hals getätschelt.
Als Simon am Abend von Zottels Abenteuer erfuhr, hörte er gar nicht mehr auf zu lachen. Bille schaute ihn nachdenklich an.
„Weißt du, daß ich dich schon seit Wochen nicht mehr habe lachen sehen? Manchmal habe ich den Eindruck, als sei ich für dich gar nicht mehr vorhanden.“
„So ein Quatsch!“ Simon schloß Bille in die Arme und drückte sie so fest an sich, daß es weh tat. „Ich bin nur total
fertig mit diesem blöden Abitur und der vielen Reiterei. Ich schlafe zuwenig und habe zu nichts anderem mehr Zeit. Aber das geht ja vorüber. Du mußt einfach ein bißchen Geduld mit mir haben.“
„Die habe ich. Ich wünschte nur, ich könnte dir irgendwie helfen“, sagte Bille bedrückt. „Oder irgend etwas für dich tun!“
„Hm, laß mich mal nachdenken. Na schön, ich weiß was. Küß mich, und dann setz dich hierher, nimm meinen Kopf in den Schoß, streichle meine Stirn und sage alle zwei Minuten leise: ,Mein armer, armer Liebling, wie hast du es schwer!’ Wäre das in deinem Sinne?“
„Spinner!“ Bille gab ihm einen zärtlichen Schubs. „Ich hab dich unheimlich lieb!“
Das Erlebnis im Zirkus hatte unerwartete Nachwirkungen. Denn als man sich am nächsten Tag im Internat zu einer Besprechung zusammensetzte, um zu überlegen, wie man den Elternbesuchstag gestalten könnte, sprang Mini plötzlich auf.
„Warum machen wir in der Reithalle nicht ein Zirkusprogramm? Eine Mischung zwischen Reitvorführungen und Zirkusnummern? Alle könnten da mitmachen, sogar die Lehrer! Wir zeigen Akrobatik, Clown-Szenen, Dressur und Voltigieren, wir können musizieren und Tänze vorführen... Es muß doch nicht immer das ewig gleiche Weihnachtsspiel sein, das alle machen. Schließlich sind wir ein Reiterinternat!“
„Mini hat recht, das ist die Idee!“ rief Franca. „Schließlich ist die Reithalle das Zentrum unseres Lebens hier. Warum also sollen wir nicht auch unsere Vorführung dorthin verlegen? Laßt uns abstimmen — wer ist dafür?“
Es zeigte sich, daß alle von diesem Plan begeistert waren, und sofort begannen die Beratungen, wie man das Programm zusammensteilen sollte.
„Ignaz der Schreckliche müßte als Kraftmensch auftreten oder als Feuerschlucker, das würde zu ihm passen“, meinte Beppo.
„Herr Hütter muß Zirkusdirektor werden, das ist doch klar. Er wird sowieso eine Ansprache halten.“
„Na schön, er
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