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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten
Autoren: Dorothy L. Sayers
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der Vikar verlegen.
    »In meiner Abwesenheit mußten sie eben tun, was in ihren Kräften stand. Das sehen Sie doch ein, nicht wahr? Sobald ich kann, werde ich die nötigen Anordnungen für eine passende Gruft treffen – oberhalb der Erde natürlich. Oder vielleicht wäre es ebenso richtig, ihn verbrennen zu lassen.«
    »Was!« keuchte Haviland. »Bildest du dir etwa ein, daß ich meinen Vater unbeerdigt lasse nur wegen deiner ekelhaften Geldgier?«
    »Mein lieber Bruder, denkst du etwa, ich gestatte dir, ihn unter die Erde zu bringen, nur damit du meinen Besitz einheimsen kannst?«
    »Ich bin sein Testamentsvollstrecker, und ich sage, er soll begraben werden, ob es dir paßt oder nicht!«
    »Und ich bin auch sein Testamentsvollstrecker – und ich sage, er soll nicht begraben werden. Er kann ganz anständig oberhalb der Erde aufbewahrt werden, und das soll auch geschehen. «
    »Hören Sie doch einmal auf mich«, warf der Pfarrer ein, der ganz verstört zwischen diesen beiden Kampfhähnen stand.
    »Ich will sehen, was Graham dazu sagt«, kreischte Haviland.
    »Ach ja – dieser ehrliche Rechtsanwalt«, höhnte Martin. »Er wußte, was im Testament stand, nicht wahr? Er hat es wohl nicht zufällig dir gegenüber erwähnt, wie?«
    »Das hat er nicht getan«, erwiderte Haviland. »Er hat überhaupt nichts davon gesagt, weil er nur zu gut wußte, was für ein Ekelpaket du bist. Nicht damit zufrieden, daß du durch deine elende, erpresserische Heirat Schande über uns gebracht hast – «
    »Mr. Burdock, Mr. Burdock – «
    » Nimm dich in acht, Haviland! «
    » Du bist so schamlos – «
    » Schweig!«
    » – daß du die Leiche deines Vaters und mein Geld stiehlst, damit du und deine verdammte Frau euren lockeren Lebenswandel mit einem Haufen von Filmschauspielern und Tänzerinnen fortsetzen könnt – «
    »Ich rate dir eins, Haviland. Laß meine Frau und meine Freunde aus dem Spiel. Wie ist es denn bei euch bestellt? Mir hat jemand gesagt, daß Winnie es auch ziemlich gut versteht, mit dem Gelde fertig zu werden – du bist doch beinahe bankrott, nicht wahr? Durch die Pferdchen, die Spieltische und wer weiß was noch! Kein Wunder, daß du deinen Bruder um sein Geld betrügen willst. Ich habe nie eine hohe Meinung von dir gehabt, Haviland, aber bei Gott – «
    »Einen Moment! «
    Mr. Frobisher-Pym war es endlich gelungen, sich durchzusetzen, teils, weil er gewohnt war, Autorität auszuüben, teils, weil die Brüder sich heiser geschrien hatten.
    »Einen Moment, Martin. Ich will Sie so nennen, weil ich Sie lange gekannt habe und Ihren Vater ebenfalls. Ich verstehe Ihren Zorn über das, was Haviland gesagt hat. Es war unverzeihlich, und ich bin überzeugt, daß er das einsehen wird, wenn er zu Verstande kommt. Aber Sie müssen daran denken, daß er – ebenso wie wir alle – durch diese sehr, sehr peinliche Angelegenheit im höchsten Grade schockiert ist. Und es ist auch nicht gerecht, zu behaupten, daß Haviland versucht habe, Sie um Ihr Geld zu betrügen. Er hat von diesem boshaften Testament nichts gewußt, und er hat in ganz natürlicher Weise dafür gesorgt, daß die üblichen Anordnungen für die Beerdigung getroffen wurden. Sie müssen sich auf gütlichem Wege einigen, wie Sie das auch getan haben würden, wenn das Testament nicht zufällig verlegt worden wäre. Also, Martin und auch Haviland, überlegen Si e sich die Sache. Meine lieben J ungen, dieser Auftritt ist einfach entsetzlich. So etwas darf nicht vorkommen. Sie können den Besitz doch freundschaftlich unter sich aufteilen. Es ist schrecklich, daß die Leiche eines alten Mannes, nur des elenden Mammons wegen, einen Zankapfel zwischen seinen eigenen Söhnen bildet.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Martin. »Ich bin zu weit gegangen. Sie haben vollkommen recht, Sir. Hör mal, Haviland, vergiß die ganze Geschichte. Ich will dir die Hälfte des Geldes überlassen – «
    »Die Hälfte des Geldes! Aber es gehört doch alles mir. Du willst mir die Hälfte des Geldes überlassen? Wie verdammt großzügig von dir! Mein eigenes Geld!«
    »Nein, alter Knabe. Im Augenblick gehört es mir. Der alte Herr ist noch nicht begraben, weißt du. Das ist doch korrekt, nicht wahr, Mr. Frobisher-Pym?«
    »Ja, im Augenblick gehört das Geld gesetzlich Ihnen. Das müssen Sie doch einsehen, Haviland. Aber Ihr Bruder bietet Ihnen die Hälfte an, und – «
    »Die Hälfte! Ich wäre verrückt, wenn ich die Hälfte nähme. Der Mann hat versucht, mich zu betrügen. Ich
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