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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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Aktionen auffällig geworden. Nach eigenem Bekunden
führt er sie auf Anweisungen des Herrn durch, um gegen Terrorismus und für
Frieden auf Erden zu kämpfen. Er behauptete, er habe einen Brief an den Papst
verfasst, verlangte eine sofortige Antwort und drohte, sich in die Tiefe zu
stürzen. Über die vatikanische Gesundheitsbehörde habe ich Unterstützung durch
einen Psychologen angefordert, auch wenn der Protestler trotz seiner wirren
Äußerungen niemals zu toben begann. [1] […] Inzwischen ging die Feier zu Ende. Als der
Heilige Vater in die Basilika zurückkehrte, machte ich den Unbekannten, mit dem
ich auf Englisch redete und verhandelte, darauf aufmerksam, dass sein
öffentlicher Auftritt jetzt beendet sei, falls er es auf einen solchen
abgesehen habe: Da sich der Papst entferne, finde er keine Beachtung mehr. Der
Mann trug eine italienische Bibel bei sich, aus der er zuvor einige Seiten
verbrannt und dabei wirre Sätze geredet hatte. Als er die Lage erfasste, warf
er die Bibel auf den Platz hinab, kletterte gewandt über die Brüstung auf die
Terrasse und stellte sich seiner Festnahme. Ohne Widerstand zu leisten, ließ
sich Jugărean vom Kommando in dessen Büros abführen. Dort wurde er
erkennungsdienstlich fotografiert, einer Leibesvisitation unterzogen und
vernommen. [2] […] Nach seiner Aussage war er am
Sonntagmorgen um 10.20 Uhr allein zum Vatikan gekommen. Nachdem er sich der
Personenkontrolle durch die Polizei unterzogen hatte, gelangte er auf die Piazza
del Sant’ Uffizio […] In einem günstigen Augenblick stieg er auf das Gerüst und
kletterte mühelos nach oben. Der Betreffende, der sich als Christ bezeichnete,
gab an, er sei arbeitslos und nehme weder Drogen noch Psychopharmaka. Er räumte
ein, dass er mit demselben Vorsatz bereits zu Generalaudienzen des Papstes
erschienen sei, aber wegen der ständigen Polizeipräsenz nie die Möglichkeit
gehabt habe, auf dem Gerüst nach oben zu klettern. Er bestätigte die zuvor
angegebenen Motive seiner Aktion und fügte hinzu, dass er etwas gegen Muslime
habe, weil diese bei Selbstmordattentaten Christen töteten. [3]
     
    Der Rumäne wurde der italienischen Polizei übergeben – mit
beschlagnahmten persönlichen Gegenständen und verschiedenen Protokollen, die
die Gendarmerie im Vatikan erstellt hatte. Als Jugărean
wieder auf italienischem Boden war, ordnete der Untersuchungsrichter seine
sofortige Freilassung an: Bei dieser Tat sehe das Gesetz »eine solche Strafe
nicht vor« [4] , so Gianis Bericht an den Sekretär des Papstes.
Allerdings verfügte der Richter eine »Zwangseinweisung zur ärztlichen
Behandlung, um ihn anschließend der Einwanderungsbehörde zur eventuellen
Abschiebung zu überstellen«. Auch wenn der Zwischenfall als Bagatelle gelten
kann, sind Einzelheiten wichtig. Im Vatikan ist Sicherheit von zentraler
Bedeutung, zum Schutz des Papstes wie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung. Ein Bericht zu dem Vorfall ging direkt an den päpstlichen
Privatsekretär Georg Gänswein, damit er Benedikt XVI.
dazu gegebenenfalls Rede und Antwort stehen konnte. Deutlich geworden ist, dass
sich die Gendarmerie rigide an die Abkommen mit dem italienischen Staat darüber
hielt, wie bei Festnahmen oder Verhaftungen und Überstellungen zu verfahren
ist.
    Bei Gabriele galt hingegen ein anderes Protokoll. Er wurde für fast
zwei Monate in Isolationshaft gehalten und hatte nur kurze Kontakte zu seiner
Frau und den italienischen Anwälten, die auf dem Hoheitsgebiet des Heiligen
Stuhls tätig werden dürfen. Diese Juristen äußerten sich nie in einem Interview
und gaben auch keine öffentliche Erklärung ab. Auf Fragen, wie es Gabriele
gehe, was gegen ihn vorliege und welche Beweise es gegen ihn gebe, verwiesen
sie an Pater Lombardi vom Presseamt des Heiligen Stuhls. Als Sprecher vertritt
Lombardi so den Richter, den Staatsanwalt, die Verteidiger des Angeklagten und
die geschädigte Partei, also den Vatikan, in Ermittlungen, von denen bis heute
nichts bekannt ist und bei denen latent und potenziell zwischen den Parteien
Interessenkonflikte herrschen. Gezielt lancierte Indiskretionen aus den
heiligen Hallen brachten Gabriele in Misskredit (so sollen bei ihm zu Hause
Unterlagen in Briefumschlägen aufgetaucht sein, die an befreundete Journalisten
adressiert waren). Diese Gerüchte wurden gleich am nächsten Tag von Pater Lombardi
dementiert.
    Gabriele wurde am 21. Juli 2012 zwar aus der Haft
entlassen, steht aber noch unter Hausarrest.
    Hier
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