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Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi

Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi

Titel: Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
Autoren: Ulrike Renk
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– an beiden Ausgängen. Nicht jeder konnte sich ausweisen, aber wir haben die Namen notiert.«
    »Vielleicht hat er einfach einen falschen Namen angegeben?«
    »Das glaube ich nicht.« Fischer schüttelte den Kopf. »Gibt es noch eine Möglichkeit, das Gelände zu verlassen?«
    »Es ist zwar eingezäunt, aber der Zaun ist relativ marode. Hinten raus führt er auf eine kleine Stichstraße. Dort stehen Einfamilienhäuser mit großen Gärten.«
    »Okay. Dann wird die ganze Gegend gesichert und abgesucht. Straßensperren und das ganze Programm.« Ermter rotierte. »Habt ihr irgendetwas in der Hütte gefunden? Einen Brief oder so?«
    »Auf den ersten Blick haben wir nichts gesehen. Da muss jetzt erst einmal unser Bombenspezi dran und dann die Spurensicherung. Eine Waffe haben wir auch nicht gesehen.«
    Nach und nach verlagerte sich die Aktivität auf das umliegende Gelände.
    Fischer blieb in den Schrebergärten zurück. Er ging zu Loers’ Garten und warf einen Blick in das kleine Häuschen, in dem die Kollegen nun alles auseinandernahmen. Vier Benzinkanister standen in der Mitte des Raumes, sie waren miteinander verbunden. Der stechende Geruch von Benzol lag in der Luft. Fischer holte tief Luft, sein Herz schlug schnell.
    »Der Zünder war dilettantisch, damit hätte er nichts in die Luft jagen können, aber ein Funke, und hier wäre alles hochgegangen. Er hatte die Fässer nicht richtig zugeschraubt. Das Benzol hat sich über den Boden ausgebreitet. Ein gefährliches Gas.«
    »Ein Schuss, und dann?«
    »Ja, auch dann wäre alles hochgeflogen. Er hat Fenster und Türen abgedichtet.«
    Fischer grübelte. Warum tat ein Mensch so etwas? Wollte er sich in die Luft jagen? Aber warum war er dann verschwunden?
    In den letzten zwei Stunden hatten die Kollegen, die seine Wohnung untersuchten, einiges über Loers in Erfahrung gebracht. Er war in psychologischer Behandlung gewesen, hatte diese aber abgebrochen. Im Moment versuchten sie, Kontakt zu dem Psychologen aufzunehmen.
    Rache ist ein starkes Motiv, dachte Fischer, doch meistens erfolgt nicht das, was der Täter sich davon erwartet – er plant seine Rache, führt sie aus, aber statt Erleichterung fühlt er Leere. Die Rache ist genommen, und plötzlich fehlt das Ziel, worauf er hinarbeiten kann. Manchmal gibt es einen kurzen Moment der Erleichterung, aber dann kommt die Erkenntnis, dass die Rache nichts rückgängig macht – das Kind blieb tot, die Ehe gescheitert.
    Nachdenklich wanderte Fischer durch die Schrebergartenanlage. Er hatte hier nichts mehr verloren, war nicht im Dienst. Es war spät, und sein Magen knurrte. Martina hatte angerufen und ihn gebeten, nach Hause zu kommen, doch er wollte bleiben, bis sie den Täter gefasst hatten.
    Es roch noch immer nach verbranntem Holz und verkohltem Plastik, als er in die Ecke kam, in der Goekens Garten gewesen war. Ob der Garten jemals wieder benutzt würde? Inzwischen leuchteten starke Strahler über das Gelände, der Lichtschein reichte bis hierher. Von dem gepflegten Garten Goekens war nicht mehr viel übrig. Der Rasen sah aus wie ein Schlachtfeld, die Rabatten waren zertrampelt, und das Löschwasser hatte die Knospen der Obstbäume herabgespült.
    Hier war ein Mensch gestorben, ein anderer bis zur Unkenntlichkeit verbrannt worden. Vom Haus standen nur noch die Fundamente und Überreste der Mauern. Das kleine Gartentor zwischen den hohen Hecken war weggerissen worden und lag nun an der Seite.
    Fischer ging einen Schritt nach vorn durch das Tor. Der Schreck fuhr ihm tief in die Glieder. Mitten in dem zerstörten Häuschen saß ein Mann und zielte mit einer Waffe auf Fischer.
    »Stehen bleiben.«
    Fischer erstarrte. Sein Puls raste plötzlich, sein Mund war staubtrocken.
    Sie hatten alles abgesucht, doch zu dem ausgebrannten Haus war niemand gegangen, vermutete er bestürzt. Vielleicht hatte jemand kurz einen Blick in den verwüsteten Garten geworfen, und es hatte nicht so ausgesehen, als müsste hier jemand evakuiert werden.
    Angst machte sich in ihm breit. Er sah die Waffe, die auf ihn gerichtet war, hatte das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben. Es war erst ein Jahr her, als eine Waffe auf ihn gerichtet worden war. Seine Gedanken rasten. Zimmerpatronen, fiel ihm ein. Die Morde waren mit Zimmerpatronen begangen worden. Auf kurze Distanz waren die Patronen durchaus tödlich, aber zwischen ihm und dem Mann lagen mindestens zwanzig Meter. Der Gedanke beruhigte ihn nicht wirklich. Wer sagte ihm, dass Loers nicht auch andere
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