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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade
Autoren: Ann Maxwell
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mehr feststellen, wie viele Waffen antworteten. Die Kugeln pfiffen nur so um die Gebäude, und der Putz flog von den Wänden.
    Der Russe verbarg sich lange genug in einem Hauseingang, um das Magazin in seiner Automatik zu wechseln. Dann schoß er erneut um sich und rannte blitzschnell auf sein Ziel zu.
    Zehn Meter war er noch vom gefallenen Feng entfernt und zwanzig von Dani.
    Besonnen nahm Shane den Schädel des Russen ins Visier.
    Auf diese Entfernung war es ein Kinderspiel, doch Shane konnte keinen Schuß abgeben, ohne die Aufmerksamkeit der Chinesen auf sich zu lenken. Und wenn die ihn erst mal entdeckt hatten, dann blieben ihm noch schätzungsweise fünf Sekunden -höchstens! bevor sie ihn vom Dach pusteten.
    Das war nicht genug Zeit, um sich zu retten, geschweige denn die Seide.
    Mr. Crowe sah, was der Russe anpeilte - den Behälter in der Hand des Toten. Den wollte auch Shane - aber leider befand er sich nicht in der Position, ihn zu erreichen.
    Dann sah Shane Dani aus ihrer Deckung in dem Hauseingang hervortreten. Auch sie war hinter dem nämlichen Gegenstand her.
    Also Mut hat sie, dachte Shane bewundernd, wenn auch nicht gerade viel Verstand.
    Leise rief er zu ihr hinunter: »Dani, nicht!«
    Sie hörte ihn kaum, doch erkannte ihren Namen. Wie angewurzelt blickte sie nach oben.
    Der Russe folgte ihrem Blick. Sein blonder Kopf schwang herum und suchte das Dach ab, während er diesen neuen Faktor in die Situation einzuordnen suchte.
    Zum ersten Mal sah Shane die Waffe des Russen. Es war eine Uzi.
    Da schien sich alles um ihn herum noch mehr zu verlangsamen. Während die Mündung in seine Richtung schwang, wunderte er sich träge, was ein Uzi-schwingender Russe hier zu suchen hatte.
    Dann sah Shane die Mündung, sah direkt in die gähnende Öff-nung und rollte auch schon auf den Bauch, während vier Kugeln die Schindeln am Dachrand zerschlugen.
    Dadurch zog der Russe wieder das Feuer der Chinesen auf sich. Er ging in die Hocke, während die Kugeln in die Wand über ihm drangen.
    Für den Augenblick schienen die Chinesen Shane noch nicht bemerkt zu haben. Sie pumpten Geschosse in die Stellung des Russen und begannen mit ihrem mörderischen Tanz von Vorstoß und Rückzug.
    Shane sah den Ausgang vor seinem inneren Auge. Der Russe war zwar total unterlegen, aber auch nahe genug an dem Behälter, um ihn sich schnappen und verschwinden zu können.
    Dani würde ebenfalls flüchten müssen oder von den herankommenden Truppen überrannt werden. Ein ausgebildeter Agent würde jetzt rasch und leise handeln und in der Dunkelheit untertauchen.
    Aber Dani wußte nicht, wie. Sie war noch nie in einen Schußwechsel geraten, hatte noch nie eine Erschießung erlebt. Und niemals hatte sie einem Mörder als Zielscheibe gedient.
    Sie war eine Unschuldige, eine Zivilperson, die einem Agenten wie Shane den Schweiß aus allen Poren trieb.
    Er konnte die Seide retten - oder Dani.
    Die Wahl lag bei ihm.
    Eine Kostbarkeit oder ein Leben.
    Keine Wahl, verdammt noch mal.
    Zur Hölle damit, fluchte Shane im stillen.
    Dann rollte er wieder zum Dachrand und streckte den Kopf vor, so daß Dani ihn sehen konnte.
    »Hierher, Dani«, drängte er.
    Sie riß die Augen auf und starrte Shane an, als wäre er ein Domwasserspeier, der soeben in ein Trällern ausgebrochen war.
    Der Russe selbst befand sich im Zwiespalt. Er konnte keinen klaren Schuß auf Shane abfeuern, ohne seine Deckung aufzugeben.
    Als gutausgebildeter Geheimdienstagent, der er war, drückte er sich im Türrahmen platt und wartete auf eine bessere Chance.
    Shane ließ seine Rechte hinunterbaumeln.
    »Hier, nehmen Sie meine Hand«, sagte er leise. »Rasch! Das ist Ihre einzige Möglichkeit.«
    Dani warf einen Blick auf den Russen, auf die herannahenden Truppen und auf den toten Feng, der die kostbare Seide immer noch umklammerte.
    Sie trat aus ihrer Deckung und reckte den Arm zum Dach empor.
    Shanes Hand schloß sich um Danis Handgelenk. Sie war klein und relativ leicht, und das Adrenalin durchtoste ihn wie ein Tornado. Er zog sie hoch, als wäre sie eine Strohpuppe statt aus Fleisch und Blut.
    Dani half ihm. Sie schwang ein Bein über den Sims, stützte sich ab und lag auch schon flach auf den Schindeln.
    Gut, daß sie in Form ist, dachte Shane erleichtert. Sie war aufs Dach geschnellt wie eine Trapezkünstlerin auf ihr Podest hoch oben im Zirkuszelt.
    Shane, der Dani immer noch am Handgelenk festhielt, zog sie rasch aus dem Gefahrenbereich. Sie wehrte sich nicht, sondern kroch mit
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