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Seidendrachen

Seidendrachen

Titel: Seidendrachen
Autoren: Carol Grayson
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ihn nicht los. Selbst auf der langen, beschwerlichen Reise schien er in seinen Gedanken immer bei ihm zu sein. „Ich… verzeiht, Majestät… doch ich würde lieber im Kloster bleiben“, stotterte Jarin nun. Was sollte das nun wieder?
    „Dann willst du dein Leben dem Glauben weihen, Jarin?“, fragte König Louis prüfend.
    „Nein! Ich… ich meine… ich würde Euch gerne dienen. Doch nicht in der Palastwache!“
    „Dann willst du lieber als Soldat in die Schlacht ziehen und deine Tapferkeit beweisen?“
    Jarin holte tief Luft, bevor er seine eigentliche Bitte vorbrachte: „Ich bitte Euch um eine andere Gunst: Lasst mich der Hüter des Malers werden.“
    Verlegen und doch entschlossen brachte Jarin dieses Sätze hervor. Er wollte da sein, wo Akio war. Selbst der Abbé starrte ihn nun an. Was sollte er von dieser Entwicklung halten? Warum setzte Jarin sich so für Akio ein?
    Der König zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Ihr wollt der Leibwächter dieses Fremden werden? In meinem Namen? Welch seltsames Anliegen. Aber warum nicht?“, sinnierte er.
    Louis war sich wohl bewusst, dass eine solch seltene Kunst in diesem Lande auch Neider hervorbringen würde, gerade unter den Adeligen. Unbewaffnete Ordensbrüder wären da sicher keine gute Bewachung.
    Und noch einer kurzen Pause befahl er: „Gut, so sei es. Da dieser Maler nunmehr zum Eigentum des Hofes gehört, möge man ihn in den Palast bringen. Er soll hier seine Arbeit verrichten und du, mein lieber Jarin, wirst sein Leben mit dem deinigen verteidigen.“
    Pater Simon wurde blass. Das widersprach seinen eigenen Plänen ganz und gar. Er hatte dann keinerlei Einfluss mehr auf Akio und sein Wirken oder – besser gesagt – die Mönche hatten kein Druckmittel mehr gegenüber dem König, wenn der Junge das Kloster erst einmal verlassen hatte und im Palast wohnte. Doch er konnte dem Willen des Monarchen kein Argument entgegensetzen.
    Dennoch versuchte er es: „Denkt Ihr nicht, Sire, dass dieser Knabe noch viel zu jung ist für eine derartige Aufgabe? Auch ist er nicht in allen Kampfesarten geschult.“
    König Louis lächelte. „Das werden meine Lehrmeister übernehmen, erfahrene Offiziere, die ihn für seine Aufgabe vorbereiten.“
    Pater Simon wollte sich nicht so leicht geschlagen geben. Er war in diplomatischen Dingen bewandert und hatte dem Orden bereits einige Handelsvorteile in fremden Ländern eingebracht. „Denkt Ihr nicht, dass ein Fremder in unserem Land auch geistiger Führung bedarf, nicht nur der eines Bewachers? Meine Brüder und ich würden sich glücklich schätzen, seine christliche Erziehung übernehmen zu dürfen.“
    Akio durfte ihm nicht entgleiten! Er kannte die Rezeptur für die Farben, die er mit liebevoller Hand auf die edle Seide auftrug. Wenn er nur dieses wertvolle Wissen für das Kloster aufschreiben und für die Nachwelt bewahren konnte!
    Diesen Plan hatte er gemeinsam mit dem Abt an jenem Abend geschmiedet, nachdem Jarin seinen Lauschposten bereits verlassen hatte. Unschätzbar, was ihm da gerade durch die Finger glitt. Hätte er doch bloß Jarin nicht mitgenommen!
    Der König maß diesem Einwand keinerlei Bedeutung bei.
    „Seid versichert, dass ich meinen persönlichen Beichtvater mit dieser Aufgabe betrauen werde. Es soll dem fremden Künstler an nichts mangeln. Seid ohne Sorge, Euer Kloster wird reich entlohnt werden und von den jährlichen Tributen befreit sein. Im Gegenzug dazu werdet Ihr mir durch Eure Handelsbeziehungen für den Nachschub an Rohstoffen verantwortlich sein. Ich werde einen entsprechenden Erlass aufsetzen lassen. Der Minister Fourier wird sich unverzüglich darum kümmern. Und nun sputet Euch!“
    Darauf konnte Pater Simon nichts mehr erwidern. Der Monarch verabschiedete den Pater mit einer lässigen Handbewegung. Doch als Jarin sich ebenfalls abwenden wollte, rief er ihn zurück. „Junge, du bleibst hier! Dein Unterricht beginnt gleich morgen früh!“, und zu Simon gewandt: „Während Ihr mir den Maler und die Rohseide zum Palast bringt! Ich erwarte Euch zu Pfingsten zurück!“ Das war ebenfalls ein Befehl. Und eine Drohung zugleich. Denn sollte Akio nicht bis Pfingsten in Paris sein, konnte das für das gesamte Kloster und die Bruderschaft Konsequenzen haben. Wohl oder übel musste Pater Simon sich fügen. Allein und unzufrieden machte er sich auf die Rückreise in die Ardennen. Wie sollte er seinem Prior dieses Versagen erklären?
    * Am nächsten Morgen.
    Jarin erwachte in einem für ihn
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