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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer
Autoren: Horst Biernath
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Fürst Satanas selber hat ihn abgeholt! Und so wie diesen Sünder holt er alle, die nicht auf den Fußstapfen des Herrn wandeln!«
    Und als er >Herrn< sagte, da konnte man ganz genau heraushören, daß er das H und das E wie zwei große Buchstaben aussprach. Und das kann nicht jeder Pastor; das konnte nicht einmal der Superintendent von der Kirche, wo ich eingesegnet wurde. Der Jantzen ließ es sich auch nicht ausreden, als die Jungens ihm sagten, daß sie dem Nelson seine schwarzen Füße oft genug gesehen hätten, und es wären Menschenfüße gewesen, genau wie seine eigenen, nur mit einem gewissen Farbunterschied und ohne Hühneraugen dran!
    »Und wenn schon?« erwidert der Jantzen unerschütterlich. »Was wißt denn ihr schon vom Deibel, außer daß er euch alle mal holen wird, wenn ihr weiter sündigt. Oh, meine Lieben, der Böse wandelt in vielerlei Gestalt unter den Menschen.« Dabei verdrehte er die Augen, daß nur noch das Weiße zu sehen war, und faltete die Hände über seinem Bauch.
    Die >Esperanza< aber dampfte am nächsten Morgen mit direktem Kurs auf Kuba zu und ging in Habana vor Anker, wo Kapitän Maldonado den Behörden den Mord an Don Saraiva sowie mit den entlaufenen Tauchern auch die vermutlichen Mörder meldete. Und von Habana laufen viele Linien nach den Vereinigten Staaten und auch quer über den Atlantik nach Europa hinüber. In Kuba musterte der Heini ab und fand gleich eine neue Passage als Deckshand auf der >Freya<, die mit Tabak und Kaffee in vier Tagen nach Bremen abdampfen wollte.
    Als ich ihn zum Antritt seiner neuen Heuer zur >Freya< hinbrachte und im Hafen die großen sauberen Schiffe, darunter zwei mit der deutschen Flagge am Heck, liegen sah, da packte auch mich plötzlich das Heimweh. Und zwar gleich so mächtig, daß ich nur noch einen Gedanken hatte: nach Hause!
    Vom Abenteuer hatte ich für eine Weile genug. Mehr als genug sogar! Und Hogendahl — der brauchte mich eigentlich nicht mehr. Nein, Hogendahl brauchte mich wirklich nicht mehr, seit ich kurz nach Don Saraivas Ende in seinem Schreibtisch >zufällig< das Telegramm von den Brüdern Kinley gefunden und ebenso >zufällig< in Lydias Handtäschchen hineingeschmuggelt hatte.
    Na, und wenn zwei, so wie Hogendahl und Lydia, erst einmal anfangen, den dritten, nämlich mich, andauernd wegzuschicken und mit furchtbar wichtigen Besorgungen, die in Wirklichkeit genausogut auch unterbleiben können — na, dann weiß man ja als Mann und Kavalier, was die Glocke geschlagen hat! Besonders, wenn man eine Schwester gehabt hat, die verlobt war...
    Ja, von Habana aus laufen auch die dicken Kabelschlangen nach Europa und in die Vereinigten Staaten, und von Habana aus kabelte Hogendahl an die Kinleys in Chikago, daß er jetzt frei sei, und umgehend kam ihre Antwort zurück, daß sie ihn und seine Begleiter jederzeit unter Vertrag nähmen. Von den Mechanikern war nicht einer, der sich auch nur einen Augenblick besonnen hätte, Hogendahl nach Chikago zu folgen. Dollar sind eben Dollar, selbst wenn der Kurs mal ein bißchen fällt. Und außerdem war Hogendahl ein Chef, wie man einen zweiten nicht so leicht findet.
    Aber mich hatte, wie gesagt, das Heimweh gepackt und die Sehnsucht nach dem Winter zu Hause und nach Eisbein mit Sauerkohl, so wie Mutter es kochte. Wo der >Musjöh< nie im Leben nicht ranreichte mit allen seinen Künsten, und wovon ich träumte, daß mir das Wasser im Mund zusammenlief.
    So kam denn auch die Stunde, wo Hogendahl und Fräulein Lydia mich auf die >Freya< begleiteten, die mit Tabak und Kaffee und mit dem Heini vorm Mast nach Deutschland fuhr. Hogendahl hatte mir eine Empfehlung für Blohm & Voss mitgegeben: ein Studienfreund von ihm war dort Chefingenieur. (Hogendahls Freund stellte mich dann auch als Lehrling ein, und ich brachte es in vierzig Jahren bis zum Werksleiter.) Damals beim Abschied in Habana mußte ich den beiden fest versprechen, sie in Chikago zu besuchen. Beim ersten Start des >Jonas< sollte ich dabeisein; dazu würde er mir das Reisegeld schicken. Und dann zog Hogendahl mich ein bißchen beiseite und versprach mir in die Hand, daß Lydias erster Sohn Pitt heißen würde und daß ich ihn übers Taufbecken halten müsse — da gäbe es gar nichts anderes.
    Und als der Bootsmann der >Freya< schon unter der Glocke stand, um die Gäste von Bord zu läuten, bat Lydia Hogendahl, sie und mich noch für einen Augenblick allein zu lassen. Er hatte sich kaum umgedreht, da legte sie die Arme um meinen Hals und
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