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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod
Autoren: Ann Cleeves
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die Einzelheiten von ihr erfuhr. Die Geschichte würde zweifelsohne nach und nach ans Licht kommen, selbst wenn man Eliot davon überzeugen konnte, sich schuldig zu bekennen. «Schon seit Monaten. Sie haben sich einmal die Woche nachmittags in Durham getroffen. Als Ausrede hat Jenny ihre Besuche bei Mattie Jones im Gefängnis benutzt, aber da ist sie immer nur ganz kurz geblieben. Das hat Mattie meinem Sergeant gegenüber bestätigt. Den Rest des Tages haben sie dann in der Wohnung verbracht, die Simons Eltern ihm gekauft haben, als Geldanlage. Sehr praktisch.» Sie sah Hannah an. «Wir haben den Nachbarn ein Foto von Jenny gezeigt. Einige haben sie wiedererkannt. Die beiden waren so diskret wie nur möglich, aber ich fürchte, es gibt keinen Zweifel. An einem Nachmittag haben sie die Vorhänge offen gelassen, und da hat eine neugierige alte Dame gesehen, wie sie sich geküsst haben.» Das gehörte auch zu den Dingen, die sie am Tag zuvor von ihrem Sessel im Willows aus in die Wege geleitet hatte: eine Befragung von Haustür zu Haustür in der Straße, in der Simon wohnte. Sie kannte ein paar Leute bei der Polizei von Durham, die ihr noch den einen oder anderen Gefallen geschuldet hatten.
    «Die Donnerstage», sagte Hannah langsam. «An den Donnerstagen ist Mum immer erst spät heimgekommen. Und ich wusste, dass ich Simon da nicht erreichen konnte, denn er hat gesagt, dass er beim Rudern ist. Und danach natürlich noch auf ein paar Pints mit den Jungs.»
    «Dann hat Ihre Mutter wohl langsam Schuldgefühle bekommen», sagte Vera. «Nicht wegen ihrem Verhältnis mit Simon, glaube ich, sondern weil sie Sie angelogen hat. Sie wollte reinen Tisch machen.» Was für eine dumme Frau. Es gibt Dinge, die man besser für sich behält. «Simon konnte den Gedanken, dass Sie alles erfahren, nicht ertragen. Wenn er jemanden liebt, dann Sie, Hannah.»
    «Also hat er Mum bloß umgebracht, damit sie es mir nicht sagen konnte?» Hannah war tief erschüttert.
    «Ach, Herzchen, so einfach sind die Dinge doch nie, oder?»
    Denn Simon Eliot ist nun mal ein sehr schwieriger junger Mann. Noch einer mit verstörenden Erinnerungen an die Kindheit. Mit Bildern im Kopf. Zuerst verschwindet der kleine Bruder in den Fluten eines Flusses. Und dann verschwindet er anscheinend vollständig aus dem Leben der Familie. Keine Spielsachen mehr. Keine Anziehsachen. Keine Fotos. Simon muss sich allein und schuldig gefühlt haben, und es muss ihn verstört haben, dass das niemand zu bemerken schien. Hat er geglaubt, er ist verrückt? Bestimmt hat es Zeiten gegeben, in denen er glaubte, er hätte sich den ganzen Unfall nur eingebildet. Vielleicht war die Zuneigung einer mitfühlenden Sozialarbeiterin ja genau das, was er brauchte.
    Hannah starrte sie an. «Reden Sie schon», sagte sie. «Ich will es wissen.»
    «Simon hat eine Halbschwester», sagte Vera, «sie heißt Mattie Jones.»
    «Die Frau, die ihren Sohn umgebracht hat?»
    «Genau die.» Vera schaute auf den Küchenboden und sah, dass sie mit ihren dreckigen Gummistiefeln eine Spur auf den Fliesen hinterlassen hatte. Sie hätte die Dinger an der Tür ausziehen sollen. «Veronica hat ein Kind bekommen, als sie noch zur Schule gegangen ist.»
    «Aber das hätte meine Mutter ihm doch nie erzählt!» Hannahs Stimme war beinahe ein Kreischen. «Sie hat nie mit irgendwem über ihre Arbeit gesprochen.»
    Doch bei Simon hat Jenny Lister all ihre Regeln gebrochen.
    «Vielleicht hat sie es ihm ja gar nicht erzählt», sagte Vera. «Vielleicht hat er ihre Aufzeichnungen gefunden. Den Entwurf für das Buch, das sie schreiben wollte.»
    Sie saßen beide schweigend da.
    «Simon und Danny waren miteinander befreundet, nicht wahr?» Vera hatte das erledigt, weswegen sie hergekommen war, doch Hannah war so ruhig und gefasst, dass sie das Gefühl hatte, sie könnte ihr noch ein paar Fragen stellen.
    «Sicher, das habe ich Ihnen doch schon gesagt.»
    «Aber waren sie richtig gute Freunde?»
    «Ja, wir haben alle an dem Programm für junge Musiker am
Sage
teilgenommen. Danny hat phantastisch Geige gespielt. Und Gitarre auch. Mit den anderen an der Schule ist er nicht so gut ausgekommen. Unter den Älteren, mit denen er Musik gemacht hat, hat er sich wohler gefühlt.»
    «Obwohl er Sie an Simon verloren hatte?»
    «Das habe ich Ihnen doch erklärt. So was passiert jeden Tag. Das ist keine große Sache. Danny war immer auf der Suche nach Idolen, und Simon war älter und klüger als er.»
    Aber ich habe mich davon
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