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Seelenriss: Thriller

Seelenriss: Thriller

Titel: Seelenriss: Thriller
Autoren: Hanna Winter
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dann wenigstens von Ihnen. Das war mir von der Sekunde an klar, in der ich Sie zum ersten Mal in den Abendnachrichten gesehen habe. Genau wie Sie war meine Frau ebenfalls ein Genie auf ihrem Gebiet – und genau wie Sie konnte auch meine Frau weder mit Komplimenten umgehen, noch stand sie gerne im Rampenlicht. Dabei haben Sie bei diesem ›Stümmler‹ einen ausgezeichneten Job gemacht.«
    Plötzlich veränderte sich Hardings Ausdruck, als er hinzufügte: »Und jetzt lassen Sie mich meinen Job zu Ende bringen.«
    Lena blickte in die leeren Augen eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hatte. Sie wusste, dass es für Harding jetzt kein Zurück mehr gab. Trotzdem musste sie daran glauben und es einfach schaffen, dass das Schlimmste verhindert wurde. »Warten Sie!«, rief sie eindringlich, als Harding die Flasche mit der Säure über Anita Paul hielt. »Was halten Sie von einem Deal? Sie nehmen mein Leben im Tausch gegen das von Anita Paul.«
    Irritiert blinzelte Harding sie an und brach in gehässiges Gelächter aus. »Ach, kommen Sie, Peters – das ist doch bloß einer Ihrer Tricks! Wieso um alles in der Welt sollten Sie Ihr Leben für dieses Stück Dreck wegwerfen, das den Tod verdient hat?«
    Lena verzog keine Miene. »Lassen Sie das mal meine Sorge sein.«
    Wieder breitete sich dieses seltsame Grinsen auf Hardings Gesicht aus. »Wer sagt überhaupt, dass ich vorhatte, Sie am Leben zu lassen? Zuerst beende ich meine Mission, und dann kümmere ich mich um Sie – aber keine Sorge, Ihnen erspare ich die Folter.«
    Sein Blick wanderte wieder zu Anita Paul. »Was die anderen Opfer anbelangt, so muss ich zugeben, es aus tiefster Seele genossen zu haben, sie zu foltern, um sie wenigstens ansatzweise den Schmerz spüren zu lassen, den ich empfunden habe, als ich vom Tod meiner Frau erfuhr«, erklärte er und stieß einen entrüsteten Seufzer aus. »Trotz allem gingen mir diese Menschen, die selbst mit verätzten Gesichtern noch um ihr Leben gebettelt haben, nicht mehr aus dem Kopf, und jeder Mord hat mir mehr zugesetzt. Mit meinem schlechten Gewissen wuchs zugleich die Wut auf diese Egoisten, denn letzten Endes waren sie es, die mich zum Mörder gemacht haben.«
    »Es ist noch nicht zu spät«, wandte Lena ein und sah ihm eindringlich in die Augen. »Lassen Sie Anita Paul gehen. Ihre Frau wird durch die grausamen Morde nicht wieder lebendig, und Sie werden Ihren inneren Frieden nur dann finden, wenn Sie sich stellen.«
    Doch Harding ging nicht darauf ein. Als Lena sah, wie er sich Anita Paul erneut zuwandte, beschloss sie, ihre Strategie zu ändern, und setzte alles auf eine Karte. »Hier geht es doch längst nicht mehr um Ihre Frau. Sie sind ein verfluchter Egomane – denn es geht Ihnen einzig und allein um Sie selbst! Um Ihr Leid und um Ihren Schmerz!« Lena schüttelte bedauernd den Kopf. »Wenn Sie aber glauben, je über diesen Schmerz hinwegzukommen, dann täuschen Sie sich gewaltig.«
    Harding starrte sie einen Moment lang an. Fast glaubte sie schon, er wäre zur Besinnung gekommen, doch sie hatte sich geirrt. Harding hielt die randvoll mit Säure gefüllte Flasche erneut in die Höhe, bereit zu vollenden, was er begonnen hatte. »Ich werde diesem unwürdigen Stück Dreck die gerechte Strafe erteilen – und Sie haben die Ehre, dabei zuzusehen«, sagte er so sachlich und neutral, als rede er von der normalsten Sache der Welt.
    Doch Lena dachte gar nicht daran, aufzugeben, und blickte Harding herausfordernd an. »Es heißt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht. Wir alle machen schmerzhafte Erfahrungen, und wir alle müssen uns unserem Schmerz stellen. Wir müssen ihm von Angesicht zu Angesicht ins Auge blicken und sagen: Komm her und injiziere mir dieses Gift namens Traurigkeit! Und irgendwann tut es nur noch gleichmäßig weh, und man lernt, damit zu leben. Aber Sie, Sie suchen die Schuld bei anderen. Doch was, wenn Sie Anita Paul und somit Ihr letztes Opfer getötet haben? Wen machen Sie dann für Ihren Schmerz verantwortlich?«
    Lena hielt seinem stechenden Blick stand, und für einen Augenblick erfüllte ein unheilvolles Schweigen den Raum. »Stellen Sie die Flasche weg.«
    Harding tat einen tiefen Atemzug, und Lena konnte förmlich zusehen, wie es in ihm arbeitete. Der Ausdruck in seinen Augen wurde weicher. Mit einem Mal hatte Lena das Gefühl, etwas in ihm berührt zu haben, gerade so als habe sich plötzlich ein Schalter in ihm umgelegt. Sie hatte ihn. Und wie durch ein Wunder geschah das,
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