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Seelenriss: Thriller

Seelenriss: Thriller

Titel: Seelenriss: Thriller
Autoren: Hanna Winter
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noch eine Handvoll Menschen zu sehen war, erkannte Lena darunter auch Nadine Harding. Sie war genauso schlank und groß wie auf den Fotos, die sie im Internet von ihr gesehen hatte. Was Lena im darauffolgenden Moment sah, änderte alles. Nadine Harding stolperte über eine Schiene und fiel zu Boden. Sie versuchte, sich aufzurichten, aber ihr Fuß klemmte fest. Sie rief um Hilfe, doch im immer dichter werdenden Rauch drängten sich die Menschen rücksichtslos an ihr vorbei oder überrannten sie sogar.
    Fassungslos hielt Lena ihren Blick auf das Display gesenkt. Jeder war sich selbst der Nächste, und niemand blieb stehen, um ihr zu helfen. Nicht Ann-Kathrin Weiß, nicht Lynn Maurer, nicht Luise Wittner und auch nicht der Anwalt Mark Eisfeld, nach dem sie noch ihre Hand ausgestreckt hatte, wobei Lena mit einem Schlag klarwurde, weshalb Eisfeld das einzige Opfer war, dem Harding die Finger abgetrennt hatte. Lena blickte erneut hinüber zu der gefesselten Frau auf dem umgekippten Stuhl. Auch sie war auf dem Video zu sehen. Auch sie hatte nichts unternommen, um Nadine Harding zu Hilfe zu kommen.
    »Woher haben Sie dieses Video?«, fragte Lena, nachdem Harding sein Handy wieder eingesteckt hatte.
    Er ignorierte ihre Frage und starrte mit glasigem Blick auf die Pistole in seiner Hand. »Der Tod meiner Frau war ein großer Schock für mich«, murmelte er anstelle einer Antwort. »Als ich aus der Zeitung erfahren habe, dass sie als Einzige nicht überlebt hat, ließ mir das keine Ruhe, und ich habe angefangen, Nachforschungen anzustellen.« Er warf Lena einen Blick zu, der sowohl Verzweiflung als auch etwas vollkommen Wahnsinniges verriet. »Können Sie sich vorstellen, wie man sich fühlt, wenn der Mensch, der einem am nächsten steht, einzig und allein auf Grund von unvorstellbarer Rücksichtslosigkeit gestorben ist?«
    Schweigend folgte Lena ihm mit dem Blick, als er auf Anita Paul zuging, die wimmernd auf dem Boden lag und rasch das Gesicht abwandte. Harding zückte sein Messer, beugte sich zu ihr hinunter und sah sie aus hasserfüllten Augen an. Dann sagte er: »Nachdem ich dieses Video gesehen hatte, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, mich an jedem Einzelnen, der darauf klar erkennbar war, zu rächen.«
    Lena spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte, als sie mit ansehen musste, wie er mit seinem Stiefel auf das lädierte Handgelenk der Frau stieg. Ganz so, als trete er eine Zigarette aus. Die Augen von Anita Paul flackerten auf vor Schmerz, und sie schien erneut kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren.
    »Mit meinen Morddrohungen habe ich ihnen die Chance gegeben, sich zu ihrer Sünde zu bekennen«, sagte Harding, an Lena gewandt. »Aber keiner hat sie genutzt und sich der Polizei gestellt. Stattdessen haben sie alle weitergemacht, als wäre nichts geschehen. Sie haben mein Leben zerstört, und deshalb zerstöre ich ihres.«
    Der stechende Schmerz bohrte sich tiefer in Lenas Kopf, während sie hektisch versuchte, ihre an das Heizungsrohr gefesselten Hände zu befreien. Doch die Kordel lockerte sich keinen Millimeter und schnitt ihr mit jedem Ruck tiefer in die Haut ein. Harding nahm eine neue Säureflasche aus einem Handwerkerkoffer und ging damit zielstrebig auf die wehrlose Anita Paul zu. Lenas Puls raste, als sie sah, wie er die Flasche aufschraubte und dazu ansetzte, die Frau mit der hochätzenden Flüssigkeit zu übergießen.
    »Warum ich?«, schrie ihm Lena zu, um Zeit zu gewinnen. »Warum haben Sie mir eine Morddrohung geschickt? Ich war schließlich nicht auf diesem Video.«
    Zu ihrer Erleichterung hatte sie mit der Frage Hardings Aufmerksamkeit zurückerlangt, und er ließ die Hand mit der Flasche sinken. »Ganz einfach: Ich wollte Sie auf mich aufmerksam machen. Ich bin in der Presse auf Sie gestoßen. Sie wurden als Heldin gefeiert, nachdem mit Ihrer Hilfe dieser Frauen verstümmelnde Psychopath gefasst wurde, der wochenlang ganz Berlin in Angst und Schrecken versetzt hat.« Er grinste. »Genau wie ich sind auch Sie besessen vom Bösen, nur mit dem Unterschied, dass Sie auf der anderen Seite stehen. Bis vor kurzem stand ich ebenfalls auf Ihrer Seite – bis ich eingesehen habe, dass Böses nur mit Bösem bekämpft werden kann und Rache der einzige Weg ist, meinen Seelenfrieden zu finden. Ganz gleich, ob ich davonkomme oder bis ans Ende meiner Tage hinter Gittern schmore – meinen inneren Frieden kann mir niemand nehmen«, erklärte er. »Eins stand für mich jedoch fest: Sollte ich je gefasst werden,
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