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Seelenriss: Thriller

Seelenriss: Thriller

Titel: Seelenriss: Thriller
Autoren: Hanna Winter
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binnen kürzester Zeit angetan, während Lena noch durch die Stockwerke irrte, nachdem sie ihm bis in das Hochhaus in der Leipziger Straße gefolgt und er in einem der Aufzüge verschwunden war. Ein Blick auf die Stockwerksanzeigen hatte ihr verraten, dass er entweder in der vierten, in der sechsten oder in der neunten Etage ausgestiegen sein musste, und so war kostbare Zeit verstrichen.
    Die mit einer Kordel zusammengebundenen Hände der Frau umschlangen eine Chemikalienflasche. Auch ohne das Piktogramm darauf, das einen Totenschädel mit gekreuzten Knochen zeigte, wäre Lena klar gewesen, dass sich darin hochgradig ätzende Salzsäure befand. Eine falsche Bewegung, und die Säure würde sich in Sekundenschnelle in Anita Pauls Fleisch fressen.
    Harding hatte die Hände der Frau so geschickt mit der Kordel fixiert, dass es ihr gerade noch möglich war, die Flasche zum Gesicht zu führen. »Tu, was ich dir sage, oder ich töte dich«, fauchte Harding. Dabei hielt er der Frau weiter die Klinge an die Kehle.
    Lena erschauerte. Es waren die gleichen Worte wie auf den Morddrohungen, und Lena wusste, dass sie nichts als eine Lüge waren, denn diese erzwungene Selbstverstümmelung diente lediglich Hardings Genugtuung und der Verlängerung der Qualen seines Opfers.
    Die Gefahr, dass er Anita Paul die Kehle durchschnitt, sobald Lena in den Raum stürmte, war allerdings zu groß. Noch ehe sie die Worte »Hände hoch und Messer fallen lassen« ausgesprochen hätte, würde die Frau tot sein.
    Auch wenn sie auf Harding schießen würde, liefe sie Gefahr, dass er auf die gefesselte Frau fiel und ihr dabei das Messer in die Kehle trieb. Einmal mehr verfluchte Lena, dass ihr Handy leer war und sie in der Eile weder Belling noch den Leiter der Mordkommission über ihren Standort hatte informieren können. Sie brauchte einen Plan, und zwar schnell.
    »Na los, nun tu es schon, du Schlampe!«, zischte Harding und forderte Anita Paul auf, sich die Säure übers Gesicht zu gießen, während er das auf der Kommode liegende Diktiergerät einschaltete. »Nur zu deiner Beruhigung, die ersten Sekunden sind nicht die schmerzhaftesten – der wahre Schmerz wird der Anblick deines entstellten Gesichts sein. Er soll dich für den Rest deines Lebens daran erinnern, welche Schuld du auf dich geladen hast.« Er lachte dreckig auf. »Aber hey, sieh’s mal so: du lebst.«
    Es war nicht, was er sagte, sondern vielmehr die Art, wie er es sagte, die Lena hellhörig werden ließ. Er sprach mit der Euphorie eines Kindes, das es kaum erwarten konnte, endlich sein Geschenk auszupacken. Diese Besessenheit, diese vollkommene Fixierung auf sein Opfer – wie bei einer Schlange, die ihre Beute eine Zeitlang genau beobachtet, bevor sie über sie herfällt – war sein Schwachpunkt, den Lena für sich ausnutzen musste.
    Während Harding weiter mit dem Rücken zu ihr vor seinem Opfer stand, öffnete Lena weniger als eine Handbreit die Tür. Mit dem Zeigefinger auf den Lippen versuchte sie, Blickkontakt mit Anita Paul aufzunehmen, in der Hoffnung, die Frau wäre klug genug, Harding ihre Anwesenheit nicht spüren zu lassen. Doch Harding bemerkte die Veränderung in ihrem Ausdruck und drehte sich zur Tür um. Blitzschnell wandte Lena sich ab und verharrte sekundenlang hinter der Tür. Sie betete darum, dass er sie nicht gesehen hatte. Erst als sie hörte, wie Harding weiter auf die Frau einredete, traute sie sich wieder vor.
    Anita Paul zitterte jetzt so heftig, dass Lena befürchtete, sie würde sich die Säure über den Schoß schütten. Als die Frau sich abermals weigerte, Hardings Anweisungen Folge zu leisten, beugte er sich zu ihr herunter und zischte: »Du verdammtes Miststück, ich sage es jetzt zum letzten Mal! Und wenn du es nicht tust, dann tue ich es – und glaub mir, ich werde nicht nur dein Gesicht, sondern jeden Zentimeter deines hübschen Körpers verätzen …« Anita Paul blickte ihn flehend an, während ihr die Tränen über die Wangen und über das Klebeband rannen. »Also fang endlich an!«, brüllte Harding und richtete sich wieder auf.
    Lenas Herz setzte einen Schlag lang aus, als sie beobachtete, wie Anita Paul das Gefäß mit der Säure langsam zum Gesicht führte. Während Harding dem großen Moment entgegenfieberte und jetzt vollkommen auf sein Opfer fixiert war, ergriff Lena ihre Chance, ihn zu überlisten. Schnell und geschickt sprang sie mit Riesensätzen von hinten auf ihn zu und stieß ihn mit ihrer ganzen Kraft von der Frau weg. Doch
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