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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Franziska Steinhauer
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bestätigte Skorubski.
    »Wir haben noch versucht denen das auszureden – aber Sie sehen ja!«
    »Kennen Sie denn die Leute näher?«
    »Ja, ich kannte die schon, bevor sie das Haus hier gekauft haben. Drei Kinder! Aber die älteste Tochter ist nicht von ihm. Die heißt auch ganz anders ...« Er überlegte einen Moment lang angestrengt. »Petzold. Ja genau. So heißt die. Komische Familienverhältnisse, sage ich immer, wenn die Tochter einen anderen Namen als die Eltern trägt. Da gibt es jetzt doch so einen neumodischen Namen dafür – wie war denn der – gleich fällt mir das wieder ein – englisch war das: Patchworkfamilie. Neues Wort für ein altes Problem. Aber mit der Großen haben sie nur Ärger. Ständig die Polizei im Haus. Die kleine Frau Weinreich ist schon manchmal völlig verzweifelt. Tagelang läuft die dann mit verheulten Augen rum. Aber nun ist die große Tochter ausgezogen und die beiden kleinen Mädchen sind ganz in Ordnung. Manchmal ein bisschen wild, aber so sind die Kinder heute eben.«
    »Kam denn der leibliche Vater der großen Tochter auch mal zu Besuch?«
    »Nee. Aber die Friederike trifft ihn ab und an in der Stadt. Ein paar Mal ist sie auch zu ihm gefahren, aber ich glaube, das mochte der Vater nicht so gern. Es gibt, entsinne ich mich, auch noch einen Bruder. Den hat sie aber immer nur beim Vater getroffen, der kam nie hierher. Der Tobias, also Herr Weinreich, der hat mir mal erzählt, der leibliche Vater hätte eine neue Familie und da gab’s wohl Ärger mit Friederike und sie durfte nicht mehr so oft zu ihrem Vater fahren. Vielleicht hat sie dort was geklaut, oder so.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    Leutselig beugte sich der Nachbar näher zu seinem Zuhörer über den Zaun. »Gegen die Kleine hat’s doch mehrere Verfahren gegeben – aber es ist ihr nie was passiert. Als hätte die einen Freibrief. So ist das eben heute, die Richter trauen sich nicht mehr, diese jungen Leute zu bestrafen und lassen sie sofort wieder laufen. So lernen die doch nix! Also, unter uns gesagt, ich für meinen Teil hätte die schon lange eingesperrt.«
    »Und wie kam die Familie mir ihr klar? Gab doch sicher häufig Streit mit ihr, oder?«
    »Klar. Da wurde es schon mal so richtig laut. Die ganze Straße können Sie da fragen. Aber den meisten Ärger gibt’s, wenn das Gör nicht da ist – dann fliegen hier die Fetzen. Der Tobias, der kann sich schon gewaltig darüber aufregen, was die Tochter seiner Frau so anrichtet. Er gibt ihr die Schuld – ist ja auch ihr Gör. Ich glaube, er wäre froh, wenn die Friederike sich hier gar nicht mehr blicken lassen würde. Die bringt nur Ärger! Und was für Typen die hier immer angeschleppt hat – peinlich, sage ich nur, peinlich!«
    Skorubski fragte sich, ob der Mann seine harten Worte wohl bereuen würde, wenn er in den Lokalnachrichten vom Tod des Nachbarmädchens hörte. Er warf einen forschenden Blick in die hellblauen Augen des anderen und kam zu dem Ergebnis, dass er in seiner ausgeleierten Strickjacke einen sehr gemütlichen Eindruck machte, sein Urteil aber eher nicht revidieren oder bedauern würde. Einer von denen, die immer Recht und Ordnung hochhalten, dachte er, immer nur schwarz oder weiß sehen und die Augen vor den vielen grauen Zwischentönen verschließen. Als er Nachtigall aus dem Haus kommen sah, verabschiedete er sich freundlich und erreichte mit ihm zusammen den Wagen.
    »Das war die Pathologie. Dr. Pankratz ist auf dem Weg. Er ruft auf deinem Handy an, wenn er angekommen ist und alles vorbereitet hat.«
    »Gut. Frau Weinreich fährt mit einer Streife hin. Sie will sich erst noch anziehen.«
    »Ich habe mich mit einem Nachbarn unterhalten. Er hat bestätigt, was wir schon gehört haben: Friederike Petzold war schwierig, hatte seltsame Freunde und war auch sonst ein Umgang, den man lieber meiden sollte.«
    »Die Eltern haben sich ganz ähnlich geäußert. Es muss eine dicke Akte über dieses Mädchen existieren. Es sieht so aus, als sei sie von einer Katastrophe in die nächste geschliddert. Drogen, Alkohol, Schule geschmissen. Alles da.«
    Sie schwiegen.
    »Weißt du, es ist, als ob alle gedacht hätten, sie sei es nicht wert am Leben zu bleiben – und einer hat dieses Leben nun einfach getilgt. Quasi einen Fehler der Schöpfung behoben. Ist das nicht schrecklich? Wie kann man überhaupt so etwas sagen: Um die ist es nicht schade?« Nachtigalls Stimme bebte.
    Albrecht Skorubski warf ihm einen raschen Blick zu und zuckte mit den
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