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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos
Autoren: D Koontz
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zu Fuß. Von Partys halte ich mich fern. Ich verfolge weder die Nachrichten noch folge ich irgendeiner Mode. An Politik habe ich kein Interesse. Ich schmiede keine Pläne für die Zukunft. Seit ich mit sechzehn zu Hause ausgezogen bin, habe ich nur einen einzigen Beruf ausgeübt: den eines Grillkochs. Vor Kurzem habe ich mich aber auch von dieser Tätigkeit beurlauben lassen, denn die Herausforderung, anständig lockere Pfannkuchen und knusprige Fritten zu produzieren, kam mir angesichts all meiner anderen Probleme zu heftig vor.
    Wenn die Welt wüsste, was ich bin, was ich sehen und tun kann, dann würden morgen Tausende vor meiner Tür stehen. Die Trauernden. Die Reumütigen. Die Argwöhnischen. Die Hoffnungsvollen. Die Gläubigen. Die Skeptiker.
    Sie würden von mir verlangen, als Medium zwischen ihnen und den Menschen zu dienen, die sie verloren haben. In jedem ungelösten Mordfall sollte ich den Detektiv spielen. Manche würden mich verehren wollen, und andere würden versuchen, mich als Schwindler zu entlarven.
    Ich weiß nicht, wie ich die Trauernden und Hoffnungsvollen abweisen sollte. Wäre ich tatsächlich in der Lage, das zu lernen, so würde ich die Sorte Mensch, zu der ich dann geworden wäre, wahrscheinlich nicht besonders mögen.
    Wenn ich allerdings niemanden abweisen könnte, dann würden mich alle mit ihrer Liebe und ihrem Hass zermürben. Sie würden mich zwischen den Mühlsteinen ihrer Bedürfnisse zermahlen, bis ich nur noch Staub wäre.
    Da ich aus diesen Gründen Angst hatte, in Dr. Jessups Haus entdeckt zu werden, robbte ich zuckend und zappelnd über den Boden. Ich litt zwar nicht mehr unter schlimmen Schmerzen, hatte mich jedoch auch noch nicht völlig wieder unter Kontrolle.

    Als ich die Tür zur Speisekammer erreicht hatte, kam ich mir vor wie ein Zwerg in der Küche eines Riesen. Der Knauf schien sich mindestens fünf Meter über mir zu befinden. Ich weiß nicht, wie ich es mit meinen gummiartigen Beinen und immer noch völlig verkrampften Armen schaffte, ihn zu erreichen, aber ich schaffte es.
    Es gibt eine lange Liste von Dingen, die ich getan habe, ohne recht zu wissen, wie, doch ich habe sie getan. Letztendlich geht es immer um Beharrlichkeit.
    Sobald ich in der Speisekammer war, zog ich hinter mir die Tür zu. Die enge Kammer stank nach beißend scharfen Chemikalien, die ich in meinem bisherigen Leben noch nicht gerochen hatte.
    Besonders intensiv war der Geschmack verschmorten Aluminiums, bei dem mir speiübel wurde. Bisher hatte ich verschmortes Aluminium noch nie geschmeckt, weshalb ich nicht wusste, wie ich es erkannte, doch ich war sicher, dass es sich darum handelte.
    In meinem Schädel zischte und spratzelte ein ganzes Frankenstein-Labor aus durch die Luft zuckenden elektrischen Strömen. Überlastete Widerstände summten.
    Wahrscheinlich funktionierten mein Geschmacks- und mein Geruchssinn nicht mehr zuverlässig. Der Taser hatte sie vorübergehend durcheinandergebracht.
    An meinem Kinn lief etwas Feuchtes hinab. Zuerst dachte ich an Blut, merkte nach einiger Überlegung jedoch, dass ich sabberte.
    Wenn das Haus sorgfältig durchsucht wurde, dann würde man die Speisekammer wohl kaum übersehen. Ich hatte nur eine oder zwei Minuten gewonnen, um Chief Porter zu kontaktieren.
    Noch nie war mir die Funktion einer einfachen Hosentasche zu kompliziert vorgekommen, um begreiflich zu sein. Eigentlich
steckte man da nur Sachen hinein und nahm sie wieder heraus.
    Momentan gelang es mir jedoch eine halbe Ewigkeit lang nicht, die Hand in meine Tasche zu stecken. Es kam mir vor, als hätte jemand das Ding zugenäht. Als ich es endlich geschafft hatte, bekam ich die Hand nicht mehr heraus, und als sich die Hand endlich wieder aus dem Klammergriff der Tasche befreit hatte, merkte ich, dass es mir nicht gelungen war, mein Telefon mit herauszuholen.
    Im selben Augenblick, in dem die bizarren chemischen Gerüche sich in den vertrauten Duft von Kartoffeln und Zwiebeln auflösten, brachte ich das Handy wieder in meinen Besitz und klappte es auf. Noch immer sabbernd, aber mächtig stolz, drückte ich anhaltend auf die Taste Nummer drei, unter der die Mobilfunknummer des Chiefs gespeichert war.
    Meine Sorge, er würde sich nicht um sein Telefon kümmern, falls er persönlich an der Durchsuchung teilnahm, erwies sich als unbegründet.
    »Das bist wohl du«, sagte Wyatt Porter.
    »Ja, Sir, das bin ich.«
    »Du klingst komisch.«
    »Ich fühle mich aber gar nicht komisch. Eher geschockt.«
    »Wie
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