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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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schmerzte vor Angst.
    Nachdem er so viel Magie gewirkt hatte, war Reynard zweifellos sehr geschwächt. In der Burg würde er nicht lange überleben. Sie musste hin und ihm seine Urne bringen.
    »Lasst mich rein!« Sie donnerte wieder gegen die Wand, weil sie nicht aufhören wollte, nicht aufhören
konnte
. Sie musste einfach versuchen, ihn zu retten.
    Holly stand auf und schüttelte sich Putz aus dem Haar. Einige der Deckenplatten waren beschädigt worden, von denen nun weißer Staub auf sie herabrieselte. »Sandro?«, rief sie.
    Alessandro war schon wieder auf den Beinen und leider von Reportern umringt. Nachdem kein Dämon mehr da war, konnte ein Vampir wenigstens noch eine halbwegs spektakuläre Nachrichtenmeldung liefern.
    Holly packte Ashes Arm. »Das Portal ist geschlossen. Wir müssen zum Burgtor in der Stadt.«
    Ashe trat auf die Wand ein. »Verflucht!«
    Überall standen Notarzt-, Polizei- und Übertragungswagen. Sie würden nie hier rauskommen.
    Dann hatte sie eine Eingebung.
    Belenos’ Schlüssel!
     
    Eine einzige, zerblätterte Zeitschrift gab es in der Zelle. Miru-kai hatte sie in eine Ecke geworfen, als Mac ihn in dieses scheußliche Loch sperrte. Nun zog er sie unter der Matratze hervor und setzte sich hin, um sie ein drittes Mal durchzulesen. Genau wie die Fernsehsendungen, die er gesehen hatte, wurde die menschliche Welt auf diesen Seiten als eine beschrieben, die auf Gier nach materiellen Gütern gründete, in der athletisch wirkende Menschen vergöttert wurden und alle nach Klatsch hungerten. Mit anderen Worten: In den vielen Jahren, die er in der Burg weilte, hatte sich nicht viel verändert.
    Angewidert schlug er das Heft zu, so dass die Blätter knisterten. Ihm war langweilig. Es war übel genug, dass er eingesperrt wurde, weil er zu viel über den Urnenraub wusste – das ergab wenigstens einen Sinn. Aber jetzt war er hier, weil er Ashe Carvers Tochter gestohlen hatte. Was nicht stimmte. Er hatte es
gewollt,
doch in Wahrheit war er bereits im Begriff gewesen, sich anders zu besinnen, als Reynard herbeigestürmt kam und sich als Retter aufspielte.
    Wie konnte er die Schuld für etwas zugewiesen bekommen, das er nicht getan hatte? Warum hatten sie nicht ein bisschen gewartet, bis er tatsächlich etwas verbrochen hatte? In Miru-kais Fall hätte das ohnehin nur ein oder zwei Tage gedauert.
    Die Menschen waren wirklich seltsame, ärgerliche Geschöpfe. Und auch wenn Mac eigentlich nicht mehr menschlich war, so dachte er immer noch wie ein Mensch. Der Dunkelfeenprinz stieß einen langen, gequälten Seufzer aus.
    In einer Wandnische standen ein Krug mit Wasser und ein Becher. Eine unnötige Barmherzigkeit, denn wie alle anderen langjährigen Insassen brauchte Miru-kai weder Essen noch Trinken. Dennoch war es eine freundliche Geste. Er schenkte sich einen Becher kühles Wasser ein, um etwas zu tun zu haben.
    Er musste hier raus. Immerhin besaß er das Juwel, das ihm das Burgtor öffnete, jedoch nutzlos war, solange er nicht einmal bis zum Tor gelangte.
    Miru-kai kostete das Wasser. Er konnte die Metalle schmecken und diese neue Substanz, die sie Plastik nannten und die das Wasser auf seinem Weg von einem menschengemachten See irgendwo an einem Ort mit hohen Kiefern und Eis bis in die Burg umfangen hatte. Der Wächter, der das Wasser in den Krug schüttete, hatte dabei an seine Frau gedacht. Diese Gedanken schmeckten süß wie Wildblumenhonig.
Ach, wer das auch ist, sein Herz quillt über vor Liebe!
Menschen empfanden alles so intensiv.
    Mac mochte denken, was er wollte, aber Miru-kai wünschte den Wachen nichts Schlechtes. Sie hatten ihre Pflichten wie er seine. In mancherlei Hinsicht war ihr Los ein ebenso bitteres – keine Sonne, keine Freude, rare Annehmlichkeiten. Gefängnisse sperrten Wächter wie Insassen ein.
    Der Prinz stellte den Wasserbecher in die Nische zurück und sparte sich den Rest für später auf. Er konnte es sich nicht erlauben, sich in den sehnsüchtigen Tagträumen des Wächters zu verlieren. Er hoffte lediglich, sie wären nicht die des unglücklichen Stewart.
    Von weit weg hörte Miru-kai Unruhe: Macs Stimme, den tiefen Bass der Wachen. Seit Stunden ging irgendetwas vor sich, doch was jetzt geschah, schien von weit größerer Dringlichkeit. Und das Beste daran war, dass es sich näher bei ihm zutrug. Endlich etwas Interessantes?
    Dann hörte er Frauen reden, deren Worte aufgeregt und beschwörend klangen. Er erkannte die Stimme von Edens Mutter. War dem Kind etwas
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