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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens
Autoren: Steven Ericson
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gestohlen, und diese Macht ging, wie Trull voller Grauen klar wurde, von der sitzenden Gestalt im schwarzen Pelz und glänzenden Gold aus, von den Augen, die in den dunklen Höhlen glitzerten. Von dem reglosen Schwert.
    Der Hexenkönig, der auf dem Podest in der Mitte des Raumes stand, hatte seinen harten Blick langsam von Tomad zu Rhulad schweifen lassen, und hielt seinen Blick immer noch unverwandt, berechnend und kalt auf Letzteren gerichtet.
    Das Schwert musste übergeben werden. Hannan Mosag hatte sie ausgeschickt, es zu holen, und diese Aufgabe konnte erst dann als erfüllt betrachtet werden, wenn Rhulad es in die Hände des Hexenkönigs gelegt hatte. Bis zu diesem Augenblick würden Forcht, Binadas, Trull und Theradas und Midik Buhn in Unehre verbleiben.
    Es fiel jetzt Rhulad zu, diese Geste endlich zu machen, diese zerfetzte Wunde zu heilen.
    Doch der rührte sich nicht.
    Trull war sich nicht einmal sicher, ob sein Bruder in Anbetracht des schrecklichen Gewichts, das auf seiner Brust lastete, überhaupt sprechen konnte. Es hatte den Anschein, als fiele es ihm schwer, Luft zu holen, so gequält und angestrengt klangen seine Atemzüge. Es war schon außergewöhnlich, dass Rhulad seine Arme und die Hände am Griff des Schwerts halten konnte. Der geschmeidige, bewegliche junge Mann war zu etwas Ungeschlachtem, Tierischem geworden.
    Die Luft in der Halle war feucht und ranzig. Der Geruch von Angst und nur mühsam unterdrückter Panik vermischte sich mit dem Rauch der Fackeln und des Herdfeuers. Draußen regnete es unablässig, und der Wind brachte die dicken Bohlen der Außenwände zum Knarren.
    Das rasselnde Atmen hörte auf, und dann sagte eine dünne, gebrochene Stimme: »Das Schwert gehört mir.«
    In Hannan Mosags Augen glomm ein Funke der Furcht. »Das geht nicht, Rhulad Sengar.«
    »Es gehört mir. Er hat es mir gegeben. Er hat gesagt, ich wäre derjenige, nicht du. Denn du warst schwach.«
    Der Hexenkönig schreckte zurück, als hätte man ihn ins Gesicht geschlagen.
    Wer? Trull schaute Forcht fragend an. Ihre Blicke trafen sich, und Forcht schüttelte den Kopf.
    Ihr Vater wandte sich jetzt Rhulad zu. Auf seinem Gesicht spiegelten sich alle Arten von Gefühlen, und es sah aus, als würde er hier, vor ihren Augen, binnen weniger Herzschläge um Jahrhunderte altern. »Wer hat dir dieses Schwert gegeben, Rhulad?«, fragte er schließlich.
    So etwas Ähnliches wie ein Lächeln. »Derjenige, der jetzt über uns herrscht, Vater. Derjenige, mit dem Hannan Mosag einen Pakt geschlossen hat. Nein, es ist keiner unserer verlorenen Vorfahren. Sondern ein neuer … Verbündeter.«
    »Es steht dir nicht zu, über diese Dinge zu sprechen«, fuhr ihn der Hexenkönig an. Seine Stimme zitterte vor Wut. »Der Pakt war …«
    »War etwas, das du verraten wolltest, Hannan Mosag«, unterbrach Rhulad ihn wild. Er beugte sich vor, um an seinen Händen vorbeizublicken, die immer noch um den Griff des Schwerts geschlossen waren. »Aber das ist nicht die Art der Edur, oder? Du wolltest uns führen, doch man kann dir nicht trauen. Hexenkönig, es ist Zeit für einen Wechsel.«
    Trull schaute zu, wie Rhulad sich schwankend aufrichtete. Und dastand, im Gleichgewicht und sicher, mit geradem Rücken und hocherhobenem Kopf. Der Bärenfellumhang war zurückgeschlagen, so dass man die geriffelten Münzen sehen konnte. Die goldene Maske, die jetzt Rhulads Gesicht war, verzerrte sich. »Das Schwert gehört mir, Hannan Mosag! Ich bin ihm gewachsen. Du bist es nicht. Sprich, wenn du allen hier das Geheimnis dieser Waffe enthüllen willst. Enthülle die älteste aller Lügen! Sprich, Hexenkönig!«
    »Das tue ich nicht.«
    Ein raschelnder Schritt vorwärts. »Dann … knie nieder.«
    »Rhulad!«
    »Sei still, Vater! Knie vor mir nieder, Hannan Mosag, und gelobe deine Brüderlichkeit. Glaube nicht, dass ich dich einfach beiseite stoßen werde, denn ich brauche dich. Wir alle brauchen dich. Dich und deine K’risnan.«
    »Du brauchst mich?« Hannan Mosags Gesicht war verzerrt, als litte er körperliche Schmerzen.
    Rhulad drehte sich um. Seine glitzernden Augen richteten sich nacheinander auf seine drei Brüder. »Tretet vor, meine Brüder, und gelobt mir Treue. Ich bin die Zukunft der Edur. Theradas Buhn. Midik Buhn. Tretet vor und nennt mich euren Bruder. Bindet euch an mich. Macht erwartet uns alle, eine Macht, die ihr euch jetzt noch nicht vorstellen könnt. Kommt. Ich bin Rhulad, der jüngste Sohn von Tomad Sengar. Im Kampf zum Gebluteten
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