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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten
Autoren: Steven Erikson
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blutbefleckte Zähne, und seine Augen glitzerten im Halbschatten. »Wenn er wirklich will, dass der Thron geschützt wird, dann soll er doch kommen und es selbst tun.«
    Apsalar runzelte die Stirn. »Wer?«
    Schlitzer übernahm es, ihr zu antworten. »Sein Bruder natürlich. Anomander Rake.«
     
    Es war nur eine Vermutung gewesen, doch Darists Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er richtig lag. Er war Anomander Rakes jüngerer Bruder. In seinen Adern floss nichts vom Drachenblut des Sohns der Dunkelheit. Und in seinen Händen hielt er ein Schwert, das sein Schöpfer – im Vergleich zu Dragnipur – als ungenügend erachtet hatte. Doch dieses Wissen war kaum mehr als ein Flüstern – der verworrene, dunkle Sturm all dessen, was zwischen den beiden Brüdern herrschte, war ein Epos, das wohl niemals erzählt werden würde. Zumindest vermutete Schlitzer das.
    Und das Geflecht aus altem Groll erwies sich als noch fester verwoben, als der Daru anfangs vermutet hatte, denn es stellte sich heraus, dass die Jugendlichen allesamt nahe Verwandte von Anomander waren – seine Enkel. Ihre Eltern waren der gleichen Schwäche verfallen wie ihr Erzeuger: dem Verlangen danach umherzuwandern, in den Nebeln zu verschwinden, geheime Welten an vergessenen, einsamen Orten zu erschaffen. »Die Suche nach Loyalität und Ehre« hatte Darist höhnisch schnaubend gesagt, während Phaed – die junge Frau, die Apsalars Opfern Barmherzigkeit erwiesen hatte – seine Wunden verband.
    Keine leichte Aufgabe. Darist – Andarist – war mindestens ein Dutzend Mal an den unterschiedlichsten Stellen verwundet worden, und jedes Mal hatten die schweren Krummsäbel nicht nur das Kettenhemd durchtrennt, sondern auch das darunter liegende Fleisch bis auf die Knochen. Dass er es überhaupt geschafft hatte, sich auf den Beinen zu halten – und gar noch weiter zu kämpfen –, strafte seine vorherige Behauptung Lügen, dass sein Wille nicht rein genug wäre, um das Schwert namens Kummer zu führen. Doch nun, da das Geplänkel zunächst einmal vorbei war, verflog die Kraft, die den alten Krieger befeuert hatte, schnell. Sein rechter Arm war nicht mehr zu gebrauchen; die Wunde an seiner Hüfte ließ ihn auf die Pflastersteine sinken – und er konnte sich ohne fremde Hilfe nicht wieder erheben.
    Am Boden lagen neun tote Tiste Edur. Wahrscheinlich hatten sie sich zurückgezogen, um sich neu zu formieren, und nicht etwa, weil sie zu hart bedrängt worden waren.
    Und was noch schlimmer war – sie waren nur die Vorhut. Die beiden Schiffe unweit des Ufers waren riesig. Jedes konnte leicht zweihundert Krieger beherbergen. Zu dieser Überzeugung war Apsalar gekommen, als sie die schmale Bucht erkundet hatte, in der sie angelegt hatten.
    »Im Wasser sind eine Menge Wrackteile«, fügte sie hinzu, »und beide Schiffe der Edur sehen aus, als wären sie in einen Kampf verwickelt gewesen – «
    »Mit drei malazanischen Kriegsdromonen«, sagte Schlitzer. »Ein zufälliger Zusammenstoß. Darist meint, die Malazaner hätten sich wacker geschlagen.«
    Sie saßen auf einem Haufen Geröll ein Dutzend Schritt von den Tiste Andii entfernt und beobachteten, wie die Jugendlichen um Darist herumscharwenzelten und sich um ihn kümmerten. Schlitzers linke Seite schmerzte; zwar hatte er noch nicht nachgesehen, doch er wusste auch so, dass sich dort blaue Flecken bildeten. Er versuchte, nicht auf das unangenehme Gefühl zu achten, und beäugte weiter die Tiste Andii.
    »Sie sind nicht gerade das, was ich erwartet hatte«, sagte er leise. »Sie sind noch nicht einmal in der Kunst des Kämpfens geschult – «
    »Das stimmt. Darists Wunsch, sie zu beschützen, könnte sich als tödlich für sie erweisen.«
    »Jetzt, seit die Edur wissen, dass es sie gibt. Das war in Darists Plan nicht vorgesehen.«
    Apsalar zuckte die Schultern. »Sie hatten eine Aufgabe.«
    Er schwieg, dachte über die brüske Bemerkung nach. Er hatte immer geglaubt, dass eine außergewöhnliche Begabung darin, andere Menschen zu töten, mit einer gewissen Weisheit einherging – über die Zerbrechlichkeit des Geistes, über seine Sterblichkeit –, wie er es zu Hause in Darujhistan bei Rallick Nom gekannt und aus erster Hand erlebt hatte. Doch Apsalar zeigte keine solche Weisheit; ihr Urteil war gnadenlos, ihre Worte oftmals einfach barsch und abweisend. Sie hatte sich konzentriert und daraus eine Waffe gemacht … oder ein Mittel der Selbstverteidigung.
    Sie hatte nicht vorgehabt, auch nur einen der
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