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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel
Autoren: D.G. Compton
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gesprochen.«
    »Gütiger Himmel – sie ist nicht bei dir?«
    Er zählte bis fünf. Dann sagte er schnell: »Es ist wirklich nicht so wichtig.« Das letzte, was er wollte, war Millie Carter im Genick, Gott mit ihr. »Aber wenn sie nicht bei Ihnen ist, haben Sie vielleicht eine Ahnung, wohin sie gegangen sein könnte.«
    »Ja, nun, Pete mein Junge, laß mich mal überlegen … natürlich, die Staces … Nein, doch wohl nicht; Amy Benson Stace sitzt heutzutage ein bißchen auf dem hohen Roß, wegen dieser kleinen …«
    »Es ist nicht so wichtig. Tut mir leid, daß ich Sie gestört habe. Vielleicht macht sie bloß einen Spaziergang.«
    »Maudie? Pete, wenn du das sagen kannst, dann kennst du Maudie Laznett nicht. Aber warum solltest du auch? Siebzehn Jahre sind eben eine lange Zeit und …«
    »Wie ich sagte, Mrs. Carter, es tut mir leid, daß ich Sie gestört habe. Die Sache ist wirklich nicht so wichtig.«
    »Natürlich ist es wichtig. Irgend etwas geht da vor. Ich spüre es. Sieh mal, Pete mein Lieber, ich könnte ohne weiteres auf einen Sprung hinüberkommen, jederzeit, du weißt …«
    »Nein … Ich meine, das ist nett von Ihnen, Mrs. Carter, aber …«
    »Was heißt nett? Maudie und ich sind Freundinnen. Es ist dieser Scudder, nicht wahr? Ich habe immer gewußt, daß er eines Tages …«
    Pete war nahe daran, aufzulegen. Wenn er es aber täte, würde sie sich erst recht nicht davon abhalten lassen, herüberzukommen. Lieber Gott, beschütze uns vor unseren Freunden! »Mrs. Carter, wenn ich Sie brauche, werde ich Sie anrufen. Ich verspreche es. In Ordnung?«
    »Natürlich, Pete, wenn du meinst. Wenn du es sagst. Aber …«
    Er unterbrach die Verbindung, blieb eine kleine Weile stehen und starrte die Wand an. Bisher war er nicht besorgt gewesen, jetzt aber war er es. Er rief die Staces an, für alle Fälle. Maudie war nicht dort. Kurz angebunden und scharf kam es heraus, Amy Benson Stace. Sehr auf dem hohen Roß.
    Er dachte daran, Alice Shakewell anzurufen, zögerte, wußte, daß auch sie sich sorgen würde, rief sie dann trotzdem an. Das Signal schrillte und schrillte. Vielleicht war sie im anderen Zimmer mit ihrem Mozart beschäftigt und wollte sich nicht stören lassen. Und wenn sie mit ihrem Mozart beschäftigt war, dann war Maudie nicht bei ihr. Er gab auf. Es gab auf der Landzunge ein Dutzend anderer Häuser, wo er es versuchen könnte, ein Dutzend anderer Namen, die er heraussuchen könnte, wenn er die Anstrengung auf sich nehmen wollte. Die Pearsons und die Carpenters. Sadie Platt, deren Anbau unter dem Luftdruck zu einem Bretterhaufen zusammengestürzt war … Aber als er daran dachte, wie seine Mutter auf dem Sofa vor dem abgeschalteten Fernseher gesessen hatte, glaubte er nicht, daß sie zu irgend jemand von diesen Leuten gegangen sein konnte.
    Er ging hinaus auf die Veranda. Die Zufahrt lag verlassen da. Lange dunkle Streifen zeigten, wo die Räder der Streifenwagen durchgedreht und den Kies verspritzt hatten. Sein eigener Wagen wartete noch, halb auf dem Rasen. Er ging hinunter, setzte zurück und parkte den Wagen ordentlich unter den Bäumen. Nach dem Aussteigen schloß er die Tür hinter sich. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel, das Haus erhob sich mächtig vor ihm, schattenlos und feindselig. Es fiel ihm nicht leicht, wieder in seine Stille einzutreten.
    Er kehrte zur Küche zurück. Mechanisch füllte er die Kaffeemaschine – was, zum Teufel, wollte er mit Kaffee? – und hielt Ausschau nach seiner Tasse auf dem Tisch, wo er sie zurückgelassen hatte, als Grace gekommen war. Grace – er hatte Grace vergessen. Womöglich saß sie noch immer dort unten auf der verdammten Felsbank und weinte den Kindern nach, zu denen sie und er nicht geeignet waren … Die Tasse war nicht da.
    Endlich sah er, daß sie gespült und abgetrocknet mit ihren fünf Gefährten an der Wand hing. Ein Frösteln überlief ihn. In solch einem Ordnungsbewußtsein war etwas Mißbilligendes, sogar Unheimliches. Man hatte ihr Scudder weggenommen, und den Sohn, den sie vielleicht nie gehabt hatte, und doch konnte Maudie … Er hielt inne, blickte unbehaglich umher. Etwas war anders. Einen Augenblick lang war er nicht sicher, was es war, dann wurde es ihm klar: einer der Küchenstühle war fort. Angenehm altmodisch, mit Sprossenlehnen und Sitzen aus Rohrgeflecht. Er war sicher, daß immer vier um den Tisch gestanden hatten. Sechs Tassen an der Wand und vier Stühle um den Tisch. Nun waren es drei.
    In einem anderen Haus, mit
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