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Science Fiction Almanach 1983

Science Fiction Almanach 1983

Titel: Science Fiction Almanach 1983
Autoren: H. J. Alpers
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hel­fen­de Hand
     
    Ar­ti­kel
     
    Hans-Ul­rich Bött­cher
    Per­ry Rhodans klei­ne Brü­der
    Science Fic­ti­on-Heft­se­ri­en der sech­zi­ger Jah­re
     
    Jörg Wei­gand
    Aus­sich­ten: nicht schlecht
    Von den Mög­lich­kei­ten, Aus­sich­ten und Gren­zen der
    SF-An­tho­lo­gis­ten
     
    Mar­cel Bie­ger
    Raum­schlacht und Raum­bar­rie­re
    Ei­ni­ge Aspek­te des Science Fic­ti­on-Leih­buchs und sei­ner In­hal­te
     
    Nach­wort
     

 
Rein­mar Cu­nis Fontanelle
     
    Herr Rich­ter, mei­ne Da­men und Her­ren Bei­sit­zer!
    Bit­te glau­ben Sie mir: Ich ha­be das Kind die­ser Frau nicht ent­führt, ich hal­te es nicht ver­steckt, ich weiß nicht, wo es ist. Wahr ist, daß ich die Klä­ge­rin be­sucht ha­be, ihr Ba­by se­hen woll­te, doch gänz­lich oh­ne die Ab­sich­ten, die mir hier un­ter­stellt wer­den, ich eig­ne mich nicht als Ver­bre­cher, glau­ben Sie mir, ich bin ein fried­li­cher Mensch und nicht fä­hig, ein Kind zu rau­ben oder, Gott be­hü­te!, um­zu­brin­gen. Je­der Punkt die­ser fürch­ter­li­chen An­kla­ge­schrift geht von falschen Vor­aus­set­zun­gen aus, ent­setz­lich, sich auch nur aus­zu­ma­len, was der Herr Staats­an­walt von mir denkt, Herr Rich­ter, nichts da­von trifft zu, falsch, al­les ist falsch, wahr­schein­lich ist auch die Be­haup­tung falsch, das Kind sei tot.
    Aber ich will mich nicht mit Ver­mu­tun­gen auf­hal­ten, son­dern be­rich­ten, was ich weiß, viel­leicht kann ich da­zu bei­tra­gen, Licht in die­se Fins­ter­nis zu brin­gen, in der wir al­le her­um­tap­pen. Es ist nicht viel, was ich weiß, Bruch­stücke, man­ches viel­leicht von ge­rin­ger Be­deu­tung, und schwie­rig wird es au­ßer­dem, die Zu­sam­men­hän­ge ver­ständ­lich zu ma­chen, aber was ich schil­de­re, ist die Wahr­heit, die vol­le Wahr­heit, und ich könn­te sie so­gar be­wei­sen.
    Wie ich vor­hin bei der Ver­neh­mung zur Per­son an­ge­ge­ben ha­be, bin ich Psy­cho­the­ra­peut von Be­ruf, ei­ne be­schei­de­ne Pra­xis ha­be ich, Herr Rich­ter, ich bin kein Star, bei dem sich die Pa­ti­en­ten durch über­vol­le Vor­zim­mer vor­an­ar­bei­ten, kei­ne Adres­se der Schicke­ria, die mir ho­he Ho­no­ra­re ver­spricht, nur ein klei­ner Vor­stadt­arzt. Mein be­son­de­res In­ter­es­se gilt der pa­ra­psy­cho­lo­gi­schen For­schung, vie­le Kol­le­gen, die mei­ne Ar­ti­kel in den Fach­zeit­schrif­ten ge­le­sen ha­ben, wis­sen das und fein­den mich an, wer­fen mir Schar­la­ta­ne­rie vor, Be­schwö­rung und Ex­or­zis­mus, Heil­prak­tik durch Hand­auf­le­gen – Herr Rich­ter, ich ste­he hier un­ter Eid, ich ha­be nie­mals in mei­ner Pra­xis un­wis­sen­schaft­li­che Me­tho­den an­ge­wandt.
    Aber auch die Pa­ra­psy­cho­lo­gie ist ei­ne ernst­haf­te Wis­sen­schaft, im An­fangs­sta­di­um noch oh­ne ex­ak­te Me­tho­do­lo­gie, doch sie er­schließt uns vie­le Be­rei­che, die jahr­hun­der­te­lang von den Na­tur­wis­sen­schaf­ten oft ab­sicht­lich ver­schüt­tet wur­den.
    Ich muß das vor­aus­schi­cken, da­mit Sie ver­ste­hen, warum mich das Ba­by der Klä­ge­rin so fas­zi­nier­te. Es war ein kal­ter Ja­nu­ar­mor­gen, ich stand am Fens­ter mei­ner Pra­xis, der schma­le Gar­ten, schnee­be­deckt und nur von we­ni­gen Fich­ten ge­säumt, lenk­te mei­ne Auf­merk­sam­keit auf das Nach­bar­grund­stück. Ich sah einen Kin­der­wa­gen auf der Ter­ras­se, das Ba­by hat­te sich die Fäust­lin­ge ab­ge­zupft, spiel­te mit den Fin­gern, stieß fröh­li­che, un­ko­or­di­nier­te Lau­te aus, Re­fle­xe der Be­hag­lich­keit, das Münd­chen, zahn­los noch, stand of­fen, über den hel­len, wa­chen Au­gen ei­ne di­cke Woll­müt­ze, sie rahm­te das Ge­sicht wie ein ge­wal­ti­ger, ro­ter Helm ein. Plötz­lich dreh­te das Ba­by den Kopf, die Müt­ze rutsch­te zur Sei­te, wei­ßer Haar­flaum schob sich an ih­rem Rand her­vor, dar­un­ter puls­te die Fon­ta­nel­le. In dem kla­ren Mor­gen­licht konn­te ich den klei­nen Kopf über­ge­nau er­ken­nen, die we­ni­gen Me­ter Ent­fer­nung schrumpf­ten, als ob der Kin­der­wa­gen un­mit­tel­bar un­ter mei­nem Fens­ter stün­de. Eben war ein Pa­ti­ent ge­gan­gen, ein schwie­ri­ger Fall, un­heil­ba­re
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