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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982
Autoren: H. J. Alpers
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einmal immer der technischen Höherentwicklung; um das Geschäft mit der Angst zu betreiben, können die Extraterristrier auch ohne technische Hilfsmittel feindlich sein: Im Film ist dafür ein jüngeres Beispiel der Streifen „Alien“. Alien bedeutet schlicht „Fremder“, und in diesem SF-Horror-Film ist der Alien ein mordendes Ungeheuer, das nach und nach die Besatzung eines Raumfrachters umbringt. Gegenüber solchen Perversionen steht Laßwitz mit seinen Martiern eindeutig in utopischer Tradition.
    Warum ist Auf zwei Planeten nun ein vollentwickelter SF-Roman? Eine solche Frage kann hinreichend nur beantwortet werden, wenn man eine Definition der SF als Beurteilungsmaßstab formuliert. Im Rahmen einer umfassenderen Arbeit „Zur Entwicklung der Science Fiction-Literatur in Deutschland“, aus der auch der vorliegende Laßwitz-Artikel zu großen Teilen stammt, habe ich folgende Definition getroffen, die ich an dieser Stelle ausdrücklich ohne detaillierte Begründungsreflexion – dies würde den Rahmen des Themas sprengen – lediglich zur Kenntnis bringen möchte:
    „Ihrem Wesen nach ist die SF die modernste Form literarischer Utopie. Wie diese arbeitet sie mit dem Mittel der erkenntnisbezogenen Verfremdung, ist aber wesentlich stärker als diese der Unterhaltung verpflichtet. Dem Fortschritt der Utopie zur prozeßhaft-konkreten entsprechend liefert SF keine fertigen Welten, sondern begreift sich als Gedankenspiel mit alternativen Möglichkeiten, die nicht in der realistischen Gegenwart des Autors angesiedelt sind. Die so verstandene spielerische Handlung muß jedoch plausibel sein und darf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Zeit zumindest nicht widersprechen.“
    Die in dieser Definition als für die SF charakteristisch herausgestellten Kriterien werden offensichtlich von Laßwitz’ Roman Auf zwei Planeten erfüllt, was die Bezeichnung „Science Fiction“ für diesen Roman rechtfertigt:
    1) Im Verhältnis zwischen Wissenschaft und Kulturfortschritt kommt die modernste Form literarischer Utopie zum Ausdruck.
    2) Die Methode von Erkenntnis und Verfremdung wird angewandt: Kolonialismuskritik, ansatzweise Kritik militaristischen Nationalismus, „Numenheit“ als Ausweg.
    Laßwitz Grundüberzeugung ist dabei zusammengefaßt diese:
    Insoweit zum technisch-praktischen Fortschritt nicht das Handeln aus moralisch guter Gesinnung hinzukommt, solange bleiben die menschlichen Lebensverhältnisse „nichts als lauter Schein und schimmerndes Elend“. 37
    3) Die Unterhaltungsverpflichtung ist gegeben.
    4) Nach dem Weltfrieden ist die Erde auch noch nichts Fertiges, aber prozeßhaft-konkret zum Besseren befähigt, also nicht statisch-abstrakte Utopie.
    5) Der Handlungshintergrund verstößt nicht gegen wissenschaftliche Erkenntnisse der Zeit. Im Gegenteil ist hier sogar ein Musterbeispiel geglückter Technik-Antizipation gegeben: „Die technische Phantasie des Verfassers, dem Funkverkehr Auto und Flugzeug noch völlig fremd sind, ist überraschend und geradezu visionär. Er erahnt und beschreibt Dinge, die seine Zeitgenossen zwar noch als wilde Spekulation ansehen müssen, die spätere Generationen aber tatsächlich verwirklichen werden. „ 38
     
Laßwitz als früher SF-Theoretiker
     
    Laßwitz hat seine Ansichten zu seiner Art Literatur namentlich in dem Essay „Über Zukunftsträume“ niedergelegt. Er stellt gleich zu Beginn fest, daß es Unzufriedenheit und Hoffnung sind, die das Leben in Gang halten, und grenzt sich dann scharf von abstrakter Utopie ab. Das abstrakte „… hat aber gar nichts mit der Vorstellung zu tun, die unsere modernen Zukunftstheorien vertreten, nämlich mit der relativen Verbesserung der Zustände durch einen allmählichen Entwicklungsprozeß. „ 39 Zu den Ideen müssen Mittel zur Umsetzung kommen, Utopie wird prozeßhaft-konkret, und zwar über Natur/Technik/Arbeit. „… ist das Werkzeug, das allein imstande war, die Vorurteile der Jahrtausende zu durchdringen und die Bahn für neue Fortschritte festzumachen, die Erkenntnis der Natur und ihre technische Beherrschung“. 40 Und gerade das wird in der neuen Zeit zu einer Aufgabe für die Dichtkunst: „Gerade je mehr der Forscher und Techniker von allem Gefühlsmäßigen abstrahieren muß, um die Natur als das Gesetzliche kühl und verstandesmäßig vor sich zu haben, um so mehr entsteht dem Publikum das Verlangen (!) und dem Dichter die Aufgabe (!), die neue objektive Macht wieder im subjektiven Gefühl sich anzueignen. „
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