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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin
Autoren: D Zinßmeister
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Schluss! Ich dulde keine Sünde in diesem Haus.«
    Ohne Vorwarnung schlug Anna Maria ihren Bruder ins Gesicht. Mit einer Stimme, die sich zu überschlagen drohte, schrie sie Jakob an: »Während du hier sicher auf dem Hof gesessen hast, haben wir uns in Gefahr begeben, um den letzten Wunsch unseres Bruders Matthias zu erfüllen. Veit hatte keinen Grund, uns zu helfen, doch er tat es. Wage nicht, über ihn zu urteilen!«
    Tränen der Wut blitzten in ihren Augen, als sie den Raum verließ und die Tür krachend hinter sich zuschlug.

Kapitel 2
    Es war noch früher Morgen, als Jakob und Peter am Grab der Mutter standen und Anna Maria zuschauten, wie sie Blumenbüschel pflanzte. Um diese Zeit war außer ihnen nur ein altes Mütterlein auf dem Friedhof zugegen  – dort, wo sich die Kindergräber befanden. Nachdem die Alte ein Gebet gemurmelt hatte, wechselte sie ein Grab weiter und betete auch dort. Die Hofmeister-Geschwister wussten, dass sechs ihrer sieben Kinder hier beerdigt lagen und sie jeden Morgen die Gräber besuchte. Als die Frau zu ihnen aufblickte, nickten die beiden Brüder ihr stumm zu. Anna Maria, die auf dem Boden kniete, hob grüßend die Hand.
    Kaum hatte Anna Maria ihre Arbeit beendet und mit einem Rechen den Grund gleichmäßig verteilt, schlurfte die alte Bauersfrau auf sie zu und sagte: »Ich habe die Tage einen Schreck bekommen, als ich das Grab eurer Mutter sah. Es schien, als ob jemand es aufgeschaufelt hätte.«
    Jakob wurde bleich, doch Peter antwortete ruhig: »Ja, ich habe es auch gesehen, als ich nach unserer Heimkehr Mutter besuchte. Ich denke, ein Tier hat hier gewühlt. Deshalb hat Anna Maria die Distelbüschel eng zusammengepflanzt. Das wird die Viecher hoffentlich fernhalten.«
    Die Frau nickte. »Die vielen Stachelpflanzen werden zudem das Böse fernhalten.« Ihre kleinen wachen Augen blickten Peter und Anna Maria an.
    Ein aufkommender Windzug zupfte an den feinen Haaren der Alten und zog einzelne weiße Strähnen heraus. Es sah aus, als ob die Haare tanzten. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sie zurück und sagte mitfühlend: »Es ist gut, dass eure Mutter Matthias’ Tod nicht erlebt hat.«
    Erschrocken blickten die drei jungen Hofmeisters die Frau
an. Die Alte machte eine abweisende Handbewegung und sagte: »Wir alle wissen von Matthias’ Tod.« Die hellgrauen Augen der Frau bekamen einen feuchten Glanz. »Eure Mutter hätte es gegrämt, dass ihr Sohn in fremder Erde bestattet liegt. Wenn das euer Vater wüsste! Der gute Daniel hat sich aufgemacht und ist in die Ferne gezogen in der Hoffnung, dass seine Pilgerreise euch vor Unheil schützt. Für Matthias kam dieses Opfer zu spät. Wie sehr wird ihn sein Tod quälen. Aber wie sehr wird es ihn freuen, dass ihr wohlbehalten zurückgekehrt seid.« Die Alte legte zuerst Peter und dann Anna Maria ihre Hand auf die Stirn. »Der liebe Herrgott hat über euch beide gewacht. Das Gleiche wünsche ich nun eurem Vater. Ich werde für ihn beten und eine Kerze anzünden.«
    Die Hofmeister-Brüder nickten der Alten zu, während Anna Maria sie umarmte. »Ich danke dir, Therese, für dein Mitgefühl!« , flüsterte das Mädchen.
    Dann verließ die Bäuerin mit langsamen Schritten den eingezäunten Bereich des Friedhofs.
    Als die Alte außer Hörweite war, sagte Peter: »So wie Therese denken sicherlich viele andere auch, Jakob. Keiner würde uns verurteilen, wenn er wüsste, dass wir unseren Bruder heimgeholt und ihn hier beerdigt haben. Wir haben seinen letzten Wunsch erfüllt.«
    »Es ist trotzdem besser, wenn niemand davon erfährt!«, zischte Jakob. »Es ist nicht richtig, einen Toten durch das halbe Reich zu fahren, um ihn dann in seiner Heimat heimlich zu verscharren. Wer weiß, ob Matthias dafür nicht im Fegefeuer schmoren muss?«
    »Wie kannst du so etwas sagen?«, widersprach Peter. »Warum sollte Matthias dafür büßen? Auch wurde er mit kirchlichem Beistand beerdigt und nicht verscharrt. Wie ich dir bereits sagte, hat Priesterbruder Stephan aus dem Zisterzienserkloster in Otterberg unseren Bruder mit kirchlichem Segen
bestattet. Wenn einer in der Hölle brennen muss, dann ich, weil ich derjenige war, der das veranlasst hat.«
    Jakobs Vorwürfe machten Peter schwer zu schaffen. Anna Maria konnte erkennen, wie sehr er mit seinen Gefühlen kämpfte.
    »Matthias ist im Himmel, das weiß ich genau!«, mischte sie sich ein. »Warum sollte der Herrgott einen von uns strafen? Wir haben nichts Böses getan.«
    »Das sehe ich anders!«,
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