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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Ekman
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hochheben lassen, doch wenn man darauf schlägt, macht es den Eindruck von Blech.
    Lillemor weint jetzt. Sie weiß, dass Babba sie hart antreibt, schafft es aber nicht, den Rechen hinzuschmeißen und zu gehen. Denn da kommen ihr die Gedanken an die Auseinandersetzung, die sie führen müssen. Sie hätte keine gute Ausgangsposition, wenn sie nicht gehorcht.
    Den zweiten Kandelaber findet Lillemor. Er liegt nicht weit von der Mitte des Tümpels. Ich war jung und stark, denkt sie, und habe weit geworfen. Auf dem Rückweg trägt sie beide Rechen, und Babba, deren Handschuhe nass und schmutzig sind, nimmt die Kandelaber. Merkwürdigerweise steht die kleine Schlachtbank noch immer an der Vortreppe. Die habe nicht immer da gestanden, erklärt Babba. Bereits die ersten Gäste, die das Sommerhaus hier mieteten, hätten sie entfernt und stattdessen Gartenmöbel aufgestellt.
    Bereits die ersten Gäste? Ist sie oft und schon seit Langem hierhergefahren? Ist das nicht sonderbar? Lillemor will nicht daran denken. Babba stellt die Kandelaber auf die Schlachtbank, betrachtet sie und ist vermutlich sehr zufrieden. Doch es ist jetzt dunkel und ihr Gesichtsausdruck nicht so leicht zu deuten.
    Lillemor zieht ihre Sachen aus, die alle nass und morastig geworden sind, und duscht in einem Badezimmer, das neben der Vortreppe eingebaut wurde. Es ist mit schauderhaft geblümten Fliesen gekachelt, aber trotz der Enge sehr bequem. Früher gab es hier kein fließendes Wasser, und man musste auf ein Plumpsklo neben dem Stall gehen.
    Als sie mit dem wohlig warmen Wasser allein ist, kommt sie zum Nachdenken. Denn jetzt müssen sie die Auseinandersetzung über die paperasse führen. Das Sonderbare ist nur, dass sie sich über meine Rückkehr fast zu freuen scheint. Oder triumphiert sie?
    Dann fällt ihr ein, dass Babba womöglich gar nicht weiß, dass das Manuskript weitergereicht wurde und sie es gelesen hat. Wo soll sie anfangen? Vielleicht damit, was einst ihren Hass ausgelöst hat.
    Obwohl es grotesk ist, denkt Lillemor. Sie kann doch nicht allen Ernstes glauben, dass ich mit diesem verschwitzten Geiger ins Bett gestiegen bin. Einem fetten und untersetzten Klempner (er war doch Klempner, zumindest hat sie das geschrieben) mit dieser Art Dialekt, den, wie ich gelernt habe, die Männer in Orsa und in den Finnmarken sprechen, eine tiefe, dröhnende Männlichkeit, die unter dem Bauch sitzt.
    Es sei alles ein Missverständnis, wird sie sagen.
    Das ist ja wie in einem Roman von Jane Austen. Doch da werden die Missverständnisse ausgeräumt. Lillemor fürchtet, Babbas Bitterkeit könnte noch ätzender werden, wenn sie begreift, dass alles nur eine Wahnvorstellung war. Schließlich war die Deutung eines Tischs mit leeren Flaschen, Resten von Rippchen und streng riechendem Havarti, eines krachenden Betts und eines Stöhnens lediglich schablonenhaft.
    Es ist sehr gut möglich, denkt sie, dass ich gekichert habe. Er war ja dermaßen voll, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Sie hatte aber auch getrunken und konnte ihn nicht nach Hause fahren, wusste außerdem gar nicht, wo er wohnte. Und er war nicht in der Lage, es ihr zu sagen. Babba war weg, sie dachte, sie sei mit den anderen Gästen gefahren. Unendlich langsam hatte sie den Koloss die Treppen hinaufgebracht und im Giebelzimmer in das hohe Bett verfrachtet. Demonstrativ stellte sie einen Nachttopf bereit, bevor sie das Zimmer verließ und die Tür schloss.
    Vielleicht ist es möglich, das Missverständnis auszuräumen. Aber ist es überhaupt nötig? In dem Haus scheinen viele Installateurarbeiten ausgeführt worden zu sein. Vielleicht ist er ja wieder da. Als Lillemor einen Blick ins Wohnzimmer geworfen hatte, sah sie zwei Geigen an der Wand hängen. Es ist wohl nicht anzunehmen, dass Babba ohne seine Geschichten aus der Finnmark und ohne dass er bei ihr war, eine ganze Trilogie über das fahrende Volk hätte schreiben können. Wollte sie im Übrigen eines ihrer allerbesten Porträts von einem Stück verdorbenem Fleisch machen?
    Lillemor sitzt auf der Toilette und probt einen Dialog mit Babba. Sie traut sich wahrscheinlich nicht zu sagen: Ich habe nie mit ihm geschlafen. Sie muss versuchen, es neutraler auszudrücken.
    Ich wollte dir nichts zerstören, wäre besser.
    Babba wird sie wie einen kläffenden Hund betrachten, den man vor einem Laden angebunden hat. Lillemor weiß das.
    Es war ein Missverständnis.
    Was?
    Nein, das geht nicht. Sie weiß, wie die Antwort lauten würde.
    Ach
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