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Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)

Titel: Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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Natur
kommt und wo kein Mensch dazwischen gepfuscht hat. Das gilt nicht nur für die
Medizin, auch beim Essen achten wir darauf, dass es immer natürliche Produkte
sind."
    Mir fiel fast das Brötchen aus der Hand. Ich sah erst meinen Hasen,
dann seine Mutter und dann mein aus weißem Mehl gebackenes Brötchen an. Ich
wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Es war eine Sache, dass meine
Vielleicht-Schwiegermutter im Mittelalter wahrscheinlich verbrannt worden wäre,
weil sie eine Kräuterhexe war. Etwas ganz anderes und das wirklich Schlimme
war, wie Rigoletto seine Mutter sah. Eine
disziplinierte, erfolgreiche Geschäftsfrau! Von nichts war Ingrid weiter
entfernt – außer vielleicht davon, Model für Bademoden zu werden.
                "Das
ist ja toll! Ich finde es richtig gut, wenn sich Menschen auf die Natur
besinnen und nicht immer..."
    Ja, was „nicht immer“? Ich war zwar eine gnadenlose Schleimerin,
aber eine Lüge von einem Ausmaß, wie sie diese Situation verlangte, musste
einem erst mal einfallen. Auch wenn ich mittlerweile ganz passabel Kochen
konnte, hatte ich nichts gegen ein paar sehr unnatürliche Küchenhelfer aus der
Tüte. Ich liebte Fast Food, Junk Food und überhaupt alles nicht naturbelassene
Essen. Das war das eine. Das andere war, dass ich – wie es aussah - nicht
die Einzige am Frühstückstisch war, die dieser Form der Ernährung zugetan war.
Der Hasenbeinsche Frühstückstisch war vollgeladen mit
gekauften Marmeladen, Nutella und anderen Naturprodukten wie Teewurst und
Schmelzkäse. Das Natürlichste was sich an diesem Morgen auf dem Tisch zwischen Rigoletto , seinen Eltern und mir befand, war ein
Sahne-Joghurt, auf dem „teilweise mit natürlichen Extrakten“ stand. Aber egal,
ich musste diesen Satz zu Ende bringen und zwar schnell, denn alle sahen mich
an.
                "...und
nicht immer den einfachen Weg gehen", schloss ich reichlich lahm ab.
                "Ja",
antwortete Ingrid enthusiastisch, "ihr jungen Leute macht es euch gerne
einfach. Gott sei Dank ist mein Rigoletto anders, der
hat schon immer die Natur und alles Natürliche geliebt! Niemals würde er diesen
ganzen Medikamenten-Pfusch der Pharma-Industrie-Verbrecher anrühren. Braucht er
auch nicht, er isst ja so gesund, da wird man selten krank."
    Oh. Ihr Rigoletto war anders? Erstaunt
blickte ich zu dem Mann hinüber, den ich noch nie Obst, Gemüse, Joghurt oder
auch nur so etwas Ähnliches wie einen Müsliriegel hatte essen sehen. Rigolettos Ernährung bestand aus Zigaretten, Bier, Fleisch
und Brot und wenn er genug Geld gehabt hätte, hätte er sich für den
15-Minuten-Fussweg von seiner Wohnung in Berlin zur U-Bahn jeden Morgen und
Abend ein Taxi gerufen. Wenn Rigoletto krank war,
lachte das Herz der Apothekerin um die Ecke. Bei jedem Hüsterchen kaufte er einen Lebensvorrat an Hustensaft, Halsbonbons, fiebersenkenden
Mitteln und überhaupt alles, was die Pharmaindustrie irgendwann mal erfunden
hatte und dessen man, ohne ein Rezept vorzuzeigen habhaft werden konnte. Egal,
ob es gegen Erkältung, Warzen oder Hämorriden half.
    Dankenswerterweise stieß Igerich in
diesem Moment seine Kaffeetasse um und die Aufmerksamkeit der restlichen
Frühstücksgesellschaft war für die nächste halbe Stunde auf Ingrids
„Rettungsaktion Tischdecke“ gelenkt.
    Da mir noch keine besondere Aufgabe bei den Rettungsaktionen
zugeteilt worden war, studierte ich interessiert das Muster des Teppichbodens
und versuchte zu verstehen, in was für einen Film ich geraten war.
    Es gab drei Möglichkeiten. Entweder war der Mann, der hier am Tisch
saß nicht Rigoletto Placido Hasenbein und weder seine
Mutter noch ich hatten es mitgekriegt. Ich sah meinen Freund, der seiner Mutter
gerade eins der berühmten, bestimmt ausschließlich aus Naturfasern
hergestellten Wundertücher reichte, an. Er sah aus wie immer. Groß, schlank, mit
Jeans und kariertem Designerhemd anständig gekleidet. Die gleichen braunen,
kurz geschnittenen Haare. Die gleichen dunkelbraunen, sanft-blickenden Augen
mit den für einen Mann fast zu langen Wimpern. Keine angewachsenen Ohrläppchen,
frisch rasiert. Es gab keinen Zweifel, dies war der Mann, in den ich mich
verliebt hatte. Wenn dem so war, dann blieb die Möglichkeit, dass Rigoletto wie durch ein Wunder während seiner gesamten
Kindheit und Jugend nie krank geworden war. Was er nun, seitdem ich ihn
kennengelernt hatte, nachholte. Der Rigoletto Hasenbein, den ich kannte, wohnte
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