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Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
Autoren: Yasmine Galenorn
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Y’Elestrial getragen hatten. Die Gewänder waren aus der feinsten Spinnenseide gewoben und ebenso warm wie prachtvoll. Das war unser letztes Mittwinterfest zu Hause gewesen; etwa einen Monat danach waren wir in die Erdwelt gekommen.
    Camilles Kleid spiegelte die Farbe des Mondes mit seinem silbrigen Schimmer; bei jedem Schritt, den sie tat, schillerten geschliffene Quarzpailletten in verschiedenen Farben. Mein Kleid symbolisierte die Sonne, warm und golden. Ein Gürtel aus Topasen und gelbem Quarz saß tief auf meinen Hüften. Menollys Gewand war schwarz wie der Nachthimmel. Feingeschliffene Cabochons aus Onyx und Obsidian baumelten von ihren Ohren, und ihre Lippen waren blutrot.
    Iris hatte sich ebenfalls feingemacht. Sie trug ein Seidenkleid, so blau wie Gletschereis, und darüber einen Umhang mit einem Besatz aus Wolfsfell. Das war das Outfit, das ich im Pike Place Market für sie abgeholt hatte. Maggie schlummerte zusammengekuschelt in ihrer Armbeuge.
    Die Männer waren ebenfalls festlich gekleidet, obwohl Chase in den Leggings und dem Kittel, die Trillian ihm geliehen hatte, ein wenig unbehaglich wirkte. Aber die beiden waren bester Laune. Trillians Gebot auf ein Haus war angenommen worden, die Kreditraten waren ein Traum, und er würde in wenigen Tagen umziehen.
    Wir alle, selbst unser Schildpatt-Baby, trugen Kränze auf den Köpfen, in die weiße Rosen, rote Nelken, Gipskraut und weiche Farnzweige eingebunden waren.
    Wir glitten durch den rieselnden Schnee und folgten dem Pfad bis zum Ufer. Der Teich war zugefroren, und wir versammelten uns davor.
    »Der Winter ist kälter, als er sein sollte«, flüsterte Iris. »Hinter diesem Wetter steckt mehr, aber ich will nicht einmal raten, was das sein könnte.«
    Camille nickte. »Du hast recht. Es ist unnatürlich.« Sie sah sich um. »Wollen wir beginnen? Menolly, du hast die schönste Stimme. Fängst du an?«
    Menolly warf den Kopf zurück, als ein Windstoß den Schnee um sie herumwirbelte, und fing eine Flocke mit der Zunge ein. Sie lachte leise. »Natürlich.«
    Wir befolgten eine Tradition, die tausend und abertausend Jahre zurückreichte. Menollys Stimme stieg in die eisige Nacht auf wie Glockenklang im Wind. Camille, Trillian und ich stimmten in die vertrauten Verse ein, die dem Muster von Ruf und Antwort folgten, durch das Menolly uns führte. Wir sangen für unsere Ahnen, wir sangen für unsere Heimat, und wir sangen auch für die Welt unserer Mutter.
    Als wir zu den Anrufungen zu Ehren des Stechpalmenkönigs und der Schneekönigin kamen, trieben meine Gedanken ab. Ich sah zu Chase hinüber. Er strahlte, offensichtlich hocherfreut darüber, dass wir ihn eingeladen hatten, obwohl er nicht recht wusste, was wir hier eigentlich taten. Was sollte ich ihm sagen? Er bedeutete mir so viel. Würde er davonlaufen, wenn ich ihm von Zachary erzählte? Würde er zornig auf mich sein? Und was würde er von mir denken, wenn ich ihm meine Geheimnisse offenbarte und er erführe, was sich wirklich in einem Winkel meines Herzens verbarg? Aber es war doch gewiss noch viel zu früh, um ihm zu sagen, was ich glaubte – dass ich ihn liebte? Verflucht, ich war ja noch nicht einmal sicher, was Liebe eigentlich war.
    So viel hatte sich verändert. Meine Welt wurde auf den Kopf gestellt, und ich wusste kaum mehr, wer ich war. Möglicherweise hatte ich eine Zwillingsschwester, die gestorben war. Ich war jetzt eine Todesmaid in Diensten des Herbstkönigs. Ich musste mich erst einmal selbst in all dem zurechtfinden, was mit mir geschah, bevor ich irgendjemanden einlud, mein Leben mit mir zu teilen.
    Ich erschauerte und versuchte, nicht an diese letzten Augenblicke mit Kyoka zu denken, als ich mich in den Panther verwandelt hatte, doch sie schlichen sich immer wieder ein und ließen mir keine Ruhe, bis ich mit einem leisen Schrei meine Kerze in den Schnee fallen ließ, als die Welt sich wieder einmal verschob.
    Einen Farbenstrudel und ein Blinzeln später saß ich auf dem Boden und starrte zu meinen Schwestern und Iris auf. Mein goldenes Fell wurde vom Wind sacht zerzaust. Beruhigt ließ ich mich von Camille hochheben und an ihre Schulter schmiegen. Ihr Duft war so vertraut, und ich kuschelte mich in ihr Haar und schnurrte, glücklich genau da, wo ich war.
    Es mochte schon sein, dass wir versuchten, die Schleusen zur Hölle geschlossen zu halten, aber dennoch würden wir das Leben voll auskosten. Denn ein Leben, das in Angst zugebracht wurde, war gar kein Leben. Ganz gleich, was für
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