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Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13
Autoren: Yasmine Galenorn
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Kindheit erinnern, dass er je ein Wort über das Aussehen einer anderen Frau verloren hätte.« Delilah schniefte. »Ich wünschte, er wäre hier. Ich würde mich viel sicherer fühlen, wenn er in der Nähe wäre.«
    Ich grinste. »Du bist eine voll ausgebildete AND-Agentin und willst trotzdem deinen Papa dahaben, damit er dich beschützt?« Sie errötete, doch ich winkte ab. »Um ehrlich zu sein, wünschte ich auch, er wäre hier.«
    Delilahs Augen glänzten. »Mama fehlt mir sehr. Wenn sie doch nicht so früh gestorben wäre. Ich wüsste gern mehr über unsere menschliche Seite, und sie hätte uns noch so viel mehr beibringen können, wenn sie die Zeit gehabt hätte.«
    »Das hätte sie bestimmt.« Sanft strich ich Delilah den Pony aus den Augen. »Solange wir hier sind, könnten wir vielleicht mehr über ihre Familie in Erfahrung bringen – unsere Familie.«
    Meine sämtlichen Instinkte warnten mich, dass das ein schwerer Fehler wäre, doch Delilah brauchte Trost. Von uns dreien vermisste sie Mutter am meisten. Ich war die Älteste; ich hatte Mutters Rolle übernommen, als sie gestorben war. Menolly war vom Wesen her sehr unabhängig. Aber Delilah... Delilah hatte sich sehr lange an Mutters Rockzipfel geklammert, ehe sie sich vorsichtig in die Welt hinausgewagt hatte.
    Sie zog die Nase kraus. »Menschen liegt die Tapferkeit wohl im Blut, meinst du nicht? Immerhin ist Mutter Vater in eine Welt gefolgt, von deren Existenz sie gar nichts wusste, bis er ihr davon erzählt hat. Das erforderte viel Mut.«
    »Und vergiss nicht, wie sie es geschafft hat, sich einen Platz in der Gesellschaft der Anderwelt zu erarbeiten – keine einfache Aufgabe für einen VBM.« Genaugenommen war das absolut erstaunlich. Sehr wenigen reinblütigen Menschen war es je gelungen, den Hof zu beeindrucken. Ich schlüpfte in meinen Mantel. Was Kleidung anging, bevorzugte ich wahre Dramatik, und in einem Secondhandshop in der Pike Street hatte ich diesen prächtigen schwarzen Vintage-Abendmantel entdeckt, für dreißig Dollar fast geschenkt. »Du bist eben Romantikerin, Delilah. Warst du schon immer. Nur Spitze und Kätzchen und Herzen.«
    »He! Ich kann echt zum Tiger werden, wenn ich will.« Sie reichte mir meine Handtasche, mit Perlen besetzt, passend zum Abendmantel, und schniefte hochmütig. »Ich ziehe es eben vor, meine Krallen nur auszufahren, wenn es notwendig ist.«
    Ich lachte. »Ach, Süße, mach dir nicht so viele Gedanken. Du bist genauso mutig, wie unsere Mutter es war. Das sind wir alle. Wir haben unsere Heimat verlassen und sind in eine fremde Welt gezogen, genau wie sie damals. Und unsere Arbeit ist obendrein sehr nützlich für die Anderwelt.«
    »Wir sind Entdecker«, sagte sie mit einem Lächeln, das die Spitzen ihrer Fangzähne entblößte. Im Gegensatz zu Vampiren konnte Delilah die Reißzähne nicht einziehen. Sie wurde ständig von Männern belagert, die auf gefährliche Frauen abfuhren.
    »Abenteurer!«, stimmte ich zu und erwiderte ihr Lächeln.
    »Sklavinnen einer knauserigen Behörde, die uns hier verheizen will!« Sie warf triumphierend die Arme in die Luft.
    Ich wurde ernst. »Das kommt der Wahrheit zu nahe, als dass ich es komisch finden könnte. Der AND ist langsam wie ein verschlafenes Faultier, und eines Tages wird das sein Untergang sein. Wo wir gerade dabei sind, vergiss nicht, wieder einmal darauf hinzuweisen, dass wir völlig verrückt gewesen sein müssen, diesen Posten anzunehmen.« Eine Bewegung vor dem Fenster erregte meine Aufmerksamkeit. »Da ist Chase. Er sieht besorgt aus.«
    Die elektrische Ladenglocke summte, als Chase hastig eintrat. »Es tut mir leid, dass ich zu spät komme«, sagte er brüsk und gefährlich sachlich. »Ich habe noch einmal das Hauptquartier kontaktiert, aber spart euch eure Fragen auf, bis wir alle zusammen an einem sicheren Ort sind.«
    »Kann’s losgehen?«
    Er nickte. Delilah hüpfte vom Ladentisch und schlüpfte in ihre Bomberjacke. Knapp über einen Meter achtzig groß, in engen Jeans und Stiletto-Stiefeln, bot sie einen einmaligen Anblick – beeindruckend und einschüchternd zugleich. Ich schaltete die Alarmanlage ein, und wir marschierten zu unseren Autos. Wir wohnten in einem riesigen, alten, viktorianischen Haus, dreistöckig, wenn man den Keller nicht mitzählte. Dort schlief Menolly, verborgen vor der Sonne. Delilah bewohnte den zweiten Stock und ich den ersten. Das Erdgeschoss teilten wir uns, und hier aßen wir auch gemeinsam. Nun ja, Delilah und ich aßen.
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