Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Männern.
    »Moin«, grüßte er und erhielt keine Antwort. Stattdessen trat Oberkommissar Große Jäger zur Seite und zog Christoph ein wenig abseits.
    »Das habe ich noch nicht erlebt«, sagte der Oberkommissar. Er war, wie üblich, unrasiert und trug seine Lederweste mit dem Einschussloch über einem dicken Pullover. Mit wenigen Worten schilderte er, was die Beamten vorgefunden hatten. »Fast nichts«, schloss er seinen Bericht. »Was sind das für Tiere, die jemanden vor eine Lokomotive hängen?« Große Jäger, der über ungemein viel Erfahrung verfügte und schon Dinge erlebt hatte, die andere Menschen sich nicht vorstellen konnten, war erschüttert. Immer wieder schüttelte er seinen Kopf mit den ungewaschenen dunklen Haaren, die von zahlreichen Silberstreifen durchzogen waren. »Es ist alles in die Wege geleitet«, sagte der Oberkommissar. »Die Spurensicherung aus Flensburg ist angefordert, und der Chef muss auch bald hier sein.« Er sah Christoph, seinen Vorgesetzten, an. »Ich meine Nathusius. Bei einem solchen Fall …«
    »Wissen wir schon etwas über das Opfer?«
    »Zwei Opfer«, sagte Große Jäger und ergänzte, nachdem Christoph ihn fragend angesehen hatte: »Der Lokführer. Der hat einen schweren Schock erlitten, als plötzlich vor seiner Scheibe ein Mensch auftauchte. Ich habe gehört, dass man den Mann sogar reanimieren musste, weil der Schock so heftig war. Arme Sau. Das wird der sein Leben lang nicht mehr los.«
    »Und das andere Opfer? Wo ist das?«
    Große Jäger sah ihn an, als würde er an Christophs Verstand zweifeln. Dann ließ er seinen Arm kreisen. »Hier überall«, sagte er mit leiser Stimme. »Und es kommt noch schlimmer.«
    Christoph ließ ihm Zeit. Der Oberkommissar schluckte tief. »Noch ist es nicht bestätigt, aber es könnte Jörg Asmussen sein.«
    Jetzt schluckte auch Christoph. Ein eiskalter Schauder jagte ihm über den Rücken. Wie gut, dass es dunkel war, sonst hätte man gesehen, dass alles Blut aus seinem Gesicht gewichen war.
    »Einer von uns«, murmelte er leise.
     
    Es trafen immer mehr Rettungskräfte ein. Die Feuerwehr hatte für Licht gesorgt, Kriminaldirektor Nathusius, der Leiter der Polizeidirektion Husum, hatte die Gesamtleitung übernommen. Die Spurensicherung aus Flensburg war eingetroffen, und Hauptkommissar Jürgensen, der stets eine Bösartigkeit auf den Lippen hatte, wenn er zu einem Einsatz an die Westküste gerufen wurde, hatte diesmal auf jeden Kommentar verzichtet, die Husumer Beamten nur mit einem Kopfnicken begrüßt und sich dann mit seinen Mitarbeitern an die traurige Arbeit gemacht. Dr. Hinrichsen, der der Husumer Kriminalpolizei oft als erster medizinischer Ansprechpartner diente, war kurz erschienen und hatte abgewinkt. Hier gab es für ihn nichts zu tun.
    Christoph hatte Kommissar Harm Mommsen beauftragt, sich um die Medien zu kümmern. »Die Art des Todes ruft die Presse auf den Plan«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass hier fotografiert oder gefilmt wird. Das sind wir der Würde des Opfers schuldig, außerdem möchte ich jeder Sensationsgier von Beginn an Einhalt gebieten. Wir sollten auch vermeiden, dass irgendwelche Spekulationen kursieren.«
    Ein wenig später sprach Christoph Nathusius an: »Das Terrain gehört jetzt den Experten. Wir können hier nicht viel ausrichten. Deshalb möchte ich mich mit Große Jäger zur Dienststelle zurückziehen und von dort aus den Fragen nachgehen, die sich uns stellen.«
    Der Kriminaldirektor nickte. »Es wär mir lieb«, sagte er, »wenn Sie mich zuvor begleiten würden. Wir müssen die Ehefrau benachrichtigen.«
    Christoph nickte. Das hätte er gern anderen überlassen. Doch war es klar, dass diese Pflicht der Polizeiführung zufiel und nicht einem der Notfallseelsorger, die sich inzwischen um die Menschen kümmerten, die Zuspruch benötigten.
    Die Feuerwehr hatte inzwischen Leitern an der steilen Böschung angebracht, sodass es einfacher war, sie zu erklimmen. Trotzdem waren Christophs Kleidung und Hände vom feuchten Lehmboden und vom Gras verschmutzt. Nathusius war es nicht anders ergangen.
    Sie reinigten sich mit Papiertaschentüchern, soweit es möglich war.
    »Es ist sicher nicht die ideale Aufmachung«, sagte der Kriminaldirektor, »ich möchte aber so schnell wie möglich zu Frau Asmussen.« Er folgte Christoph zu dessen Volvo. Noch einmal warfen sie einen Blick in den Talausschnitt, auf die Eisenbahn, die Rettungskräfte, die dort unten ihrer Tätigkeit nachgingen.
    An der Absperrung vor der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher