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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand
Autoren: Hannes Nygaard
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des Komplexes entlangzogen. Hier war es ruhiger, wenn auch der Schein der hohen Lichtmasten mit den jeweils vier Lampen alles in ein mildes gelbliches Licht tauchte. Die Männer waren vor einem älteren Wohnmobil stehen geblieben. Ratlos hatte Asmussen die beiden angesehen, als einer eine Pistole gezückt und ihm durch eine energische Bewegung bedeutet hatte, einzusteigen. Niemand hatte gesprochen. Eine Antwort auf die Frage, ob das ein Scherz sei, hatte man ihm versagt. Einer hatte Asmussen die Hände auf den Rücken gefesselt. Anschließend war ihm ein dickes Paketklebeband über den Mund geklebt worden. Während sich einer der Männer ans Steuer gesetzt und den altersschwachen Diesel angeworfen hatte, war der zweite bei ihm sitzen geblieben. Durch die Scheibe konnte Asmussen verfolgen, wie das Wohnmobil auf die Umgehungsstraße gelenkt wurde und Richtung Süden fuhr. Bereits an der zweiten Abfahrt hatte das Fahrzeug die Bundesstraße wieder verlassen, die Ostenfelder Straße gekreuzt, das Friesenstadion passiert und war am Rande der Mauseberge, einem citynahen Waldgebiet, entlanggefahren. Am Ende der Straße hörte der Teerbelag auf, und Asmussen hatte deutlich jedes Schlagloch des unbefestigten Weges gespürt, bis das Wohnmobil mitten im Wald anhielt. Hier hatten sie die nächsten Stunden verbracht. Man hatte seine Papiere hervorgeholt, sie angesehen und, ohne etwas daraus zu entfernen, wieder zurückgesteckt. Eine Erklärung, weshalb man ihn gefangen hielt, war unterblieben. Er hatte Mineralwasser zu trinken bekommen. Man hatte gefragt, ob er rauchen würde. Aber befragt wurde er nicht.
    Die Männer hatten sich ungeniert über persönliche Dinge unterhalten, über gemeinsame Freunde und Bekannte, über Urlaubserlebnisse. Es war ein normales Gespräch gewesen, fast so, als wäre Asmussen nicht anwesend. Es hatte ihn überrascht, dass die Männer sich keine Mühe gegeben hatten, ihre Identität zu verbergen. Was wollten sie von ihm? Asmussen war niemand, für den man Lösegeld bekam. Er hatte keine Ahnung, weshalb man ihn gefangen gehalten hatte. Seine Versuche, sich durch Laute zu artikulieren, waren unerhört geblieben.
    Irgendwann, nach vielen Stunden, hatte man ihn gezwungen, in ein Gestell zu klettern, das wie ein Tragegurt aussah. Dann waren sie wieder losgefahren, nur ein kurzes Stück, durch das eiserne Tor, das als Ersatz für einen Bahnübergang über ein Abstellgleis diente; und nur ein paar Häuser weiter, im Schockedahler Weg, hatte das Wohnmobil gestoppt. Das Wohnhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite war dunkel. Die Bewohner der wenigen Häuser hatten tief und fest geschlafen.
    Die rechte Straßenseite war unbebaut. Ein Stück abseits der Straße fiel das Gelände zu den Bahngleisen ab, der im Taleinschnitt liegenden Hauptstrecke nach Hamburg.
    Die wenigen und weit auseinander stehenden Straßenlampen spendeten nur ein spärliches Licht. In Fahrtrichtung folgte eine kleine Koppel, auf der sich zu dieser Jahreszeit keine Tiere befanden.
    Die Männer hatten an dem Tragegestell, in das man Asmussen gezwängt hatte, ein stabiles Nylonseil befestigt, sodass die beiden Enden wie Zügel wirkten. Dann hatte man ihn gezwungen, auszusteigen. Er hatte sich zu wehren versucht, wollte sich mit den Füßen gegen den Türrahmen des Wohnmobils stemmen, aber die Männer waren kräftiger. Nach kurzer Gegenwehr hatten sie ihn, an jeder Seite am Oberarm haltend, aus dem Fahrzeug gezerrt und zur Brücke geführt, die diesen Teil der Stadt mit Rödemis verband, einem in sich geschlossenen ruhigen und beliebten Wohngebiet. Die Brücke war für Autos gesperrt und nur für Fußgänger und Radfahrer freigegeben. Zu dieser Stunde, bei den widrigen Witterungsverhältnissen, konnte man sicher sein, dass keine Passanten unterwegs waren. Die Stelle war exzellent gewählt. Auch von der anderen Seite des Bahndamms, jenseits der Brücke, war sie nicht einsehbar. Das letzte kleine Siedlungshäuschen auf Rödemisser Seite war durch Bäume und Strauchwerk abgeschirmt.
    Asmussen hatte sich gewehrt und getreten, er hatte sich gewunden und versucht, die Männer mit seinem Körper zu rammen und zur Seite zu schubsen. Es war ihm immer nur kurz gelungen. Die beiden waren durchtrainiert und kräftiger. Sie hatten es vermieden, ihn zu schlagen, keine Gewalt gegen ihn ausgeübt, ihn nur so weit bedrängt, wie es für ihr Vorhaben erforderlich war. Lediglich als sie ihn über das Brückengeländer geschoben hatten, mussten sie kräftiger
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