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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand
Autoren: Hannes Nygaard
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willst du, dass ich irgendein krummes Ding drehe.«
    »Ich bin bei der Polizei. Da werden keine illegalen Sachen gemacht. Nun verrate mir erst einmal, wie es Elena geht.«
    »Elena?«
    »Ja, die Blonde mit der großen Oberweite.«
    »Ach die.« Horst winkte ab. »Das ist doch schon zwei, nee, wart mal, drei Frauen her. Jetzt habe ich eine Schwarzhaarige. Das ist etwas für immer.«
    Beide brachen in schallendes Gelächter aus.
    »Lass sehen«, sagte Horst und schielte auf die zusammengerollte Zeitschrift, die Lüder unterm Arm trug. »Seit wann liest du so etwas?«
    »Ich werde älter, meine Haare länger, und der Friseur braucht entsprechend mehr Zeit«, erwiderte Lüder und erklärte Horst, welche Wünsche er hatte.
    »Hm. Bis Dienstag?«
    »Morgen«, sagte Lüder.
    »Ach nö. Und die Rothaarige?«
    »Die nehme ich dir ab.«
    Horst lachte. »Du? Da möchte ich einmal Margit erleben. Du endest als Frikadelle.«
    Lüder musste noch einen Schluck Rotwein einer Lieferung probieren, die Horst am Vormittag erhalten hatte. Sein Freund hatte wirklich Geschmack, befand Lüder und fuhr nach Hause.
    Dort meldete sich Große Jäger. »Wir haben die ersten Hinweise, dass sich Reinhold Raabe nach Berlin abgesetzt haben soll«, erklärte der Oberkommissar. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn haben. Die Fahndung läuft auf Hochtouren.«
    »Gönne dir einen ruhigen Abend«, empfahl Lüder.
    »Geht nicht. Ich habe eine Verabredung.«

ZEHN
    Lüder hatte sich am Morgen Zeit gelassen. Schließlich war Sonnabend. Sinje, die früher mit Begeisterung ihren Vater zum Bäcker begleitet hatte, zog es mittlerweile vor, zu Hause zu bleiben. Es wunderte Lüder nicht. Bei Sprühregen war es kein angenehmer Spaziergang.
    Nach dem Frühstück fuhr er bei Horst vorbei. Sein Freund öffnete in einem seidenen Morgenmantel mit japanischen Motiven, legte den Finger auf den Mund und bedeutete ihm, leise zu sein.
    »Schläft die Schwarzhaarige noch?«, fragte Lüder leise.
    »Die ist schon auf«, wisperte Horst. »Aber die Brünette schläft noch.« Dann gab er Lüder einen Umschlag. »Ich hoffe, das ist okay so«, sagte er. »Viel Erfolg.«
    Gut gelaunt setzte Lüder sich ins Auto und machte sich auf den Weg. Die Nachrichten im Radio meldeten, dass es in der vergangenen Nacht erstmals keine Aktionen mehr gegen öffentliche Einrichtungen gegeben hatte.
    Das Haus an der Flensburger Förde wirkte fast ein wenig verlassen. Es strahlte Ruhe und Frieden aus.
    Lüder parkte direkt vor dem großen Portal und wartete am Eingang, bis ihm eine Frau mit einer weißen Kittelschürze öffnete.
    »Lüders, Polizei«, stellte er sich vor. »Ich möchte gern Herrn Kleeberg sprechen.«
    »Der ist nicht im Hause.«
    »Und Frau von Søndervig-Gravenstein?«
    »Die ist übers Wochenende verreist.«
    »Mit Herrn Kleeberg?«
    »Davon weiß ich nichts. Ich bin die Pflegerin des Herrn Grafen.«
    »Dann möchte ich den sprechen«, bat Lüder.
    »Einen Augenblick«, sagte die Frau, fügte nach kurzer Überlegung noch ein »Bitte« an, schloss die Haustür und ließ Lüder im Freien warten.
    Als sie wieder zurückkehrte, sagte sie mit spitzer Zunge: »Der Herr Graf lässt bitten.« Für Lüder klang es eine Spur affektiert.
    Sie führte ihn in die Bibliothek. Mitten im Raum stand der Rollstuhl. Von Søndervig-Gravenstein hatte eine Decke um die Beine gewickelt. Er sah bleich aus, fast wie ein Gespenst.
    »Lassen Sie uns allein«, sagte er mit schwerer Zunge zur Pflegerin.
    »Wie Sie wünschen, gnä’ Herr.« Offenbar konnte die Pflegerin nicht anders sprechen.
    Der Mann ist vierundsechzig, dachte Lüder, und sieht aus wie jenseits der neunzig. Ob das der Preis für ein Leben war, wie es Søndervig geführt haben mochte?
    »Ihre Frau ist nicht im Hause?«
    Müde bewegte Søndervig den Kopf. Es sollte »Nein« heißen.
    »Und Kleeberg ist auch nicht anwesend?«
    »Wochenende«, kam es leise über die Lippen des alten Mannes.
    »Sie sind ein kluger Kopf«, sagte Lüder, trug einen lederbezogenen Hochstuhl herbei und setzte sich dem Grafen gegenüber. »Sie gehören zu den reichsten Männern Deutschlands. Schön, Sie sind nicht bei null gestartet, aber Sie haben das Anfangskapital außergewöhnlich erfolgreich vermehrt. Dazu gehört Intelligenz, Wagemut, Verbindungen und die nötige Skrupellosigkeit, andere ins Verderben laufen zu lassen.«
    Søndervig lächelte, zumindest deutete Lüder das kaum wahrnehmbare Verziehen der Mundwinkel im gelähmten Gesicht als
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