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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand
Autoren: Hannes Nygaard
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solches.
    »Es gibt Dinge, die kann man sich auch für alles Geld der Welt nicht kaufen.« Lüder klopfte gegen die Lehne des Rollstuhls. »Zum Beispiel Gesundheit.«
    Lüder musterte Søndervig lange und ausführlich.
    »Sie haben es sich geschickt ausgedacht. Kompliment. Sie wollten Unruhe schüren, Angst und Schrecken verbreiten und darüber die Kurse manipulieren. Der Euro sollte als Währung instabil werden. Griechenland, Irland und die anderen Kandidaten haben den Euro noch nicht kaputt gemacht. Aber wenn Deutschland wackelt, ist es ein Erdbeben. Deutschland – der Hort der Stabilität und Zuverlässigkeit. Auf die preußischen Tugenden konnte sich Europa verlassen. Und plötzlich ist die Regierung nicht mehr Herr der Lage. Das lässt alles zusammenbrechen. Und wer vorher auf das richtige Pferd gesetzt hat, der macht einen ungeheuren Reibach. Was bringt Ihnen das? Sie haben doch genug Geld. Macht? Wollten Sie die Welt herausfordern? Sich in den Geschichtsbüchern verewigen?«
    Lüder sah, wie es in den Augen Søndervigs aufblitzte. Die Reaktion zeigte ihm, dass er recht hatte. Graf von Søndervig-Gravenstein war der Kopf hinter diesem Plan. Er hatte genug Beziehungen zu den Finanzmanipulatoren dieser Welt, um sie für seinen Plan begeistern zu können. Es gab viele gewissenlose Raffkes, die keine Gewissensbisse kannten, zu ihrem eigenen Vorteil ganze Volkswirtschaften und ihre Menschen ins Elend zu stürzen. Vielleicht hatte Søndervig sogar Staaten mit einbeziehen können, die sich in die Riege der Spekulanten eingereiht hatten. All das würden langwierige Untersuchungen ergeben, die von Wirtschaftswissenschaftlern zu führen wären. Ob jemals das ganze Ausmaß ans Tageslicht kommen würde, wagte Lüder zu bezweifeln. Dafür war Søndervig zu brillant. Er hatte Paul Kleeberg vorgeschickt, ihn mit Geld und angeblichem gesellschaftlichem Aufstieg geködert. Kleeberg hatte Søndervigs genialen Plan nicht durchschauen können.
    Lüder wählte seine Worte mit Bedacht, als er Søndervig seine Überlegungen vortrug.
    »Sie hätten meinen Plan umsetzen müssen«, lallte Søndervig mit schwerer Zunge. Das Sprechen fiel ihm sichtbar schwer.
    Der Mann war gelähmt, aber nicht sein Verstand. Er war sich bewusst, dass dies ein Geständnis war, sagte sich Lüder. Søndervig wusste aber auch, dass es nicht gegen ihn verwendet werden konnte. Und wenn es jemals genügend Beweise geben sollte, dann nützte es nichts. Der Mann war auf Dauer haftunfähig. Natürlich! All das wusste Søndervig.
    »Ihr Plan ist nicht aufgegangen«, sagte Lüder. »Wir haben Ihre Handlanger festgenommen. Sie haben gestanden.« Das war gelogen, aber Lüder konnte auch mit gezinkten Karten spielen. »Haben Sie Nachrichten gehört? Es kehrt wieder Ruhe ein. Die Lage hat sich stabilisiert. Ihr Plan ist nicht aufgegangen. Außerdem war ich gestern in Frankfurt und habe in einem Meeting vor den Vorständen der Banken erklärt, was Sie versuchen wollten. Ihr teuflischer Plan läuft ins Leere. Das heißt, Sie und Ihre Spekulantenfreunde haben die ›Wette‹ und auch den Einsatz verloren. Reicht es noch, um dieses Haus weiter zu unterhalten? Oder ziehen Sie um in ein staatliches Pflegeheim dritter Klasse?«
    Graf von Søndervig-Gravenstein war noch blasser geworden. Seine pergamentähnliche Haut schimmerte fast durchsichtig. Die glanzlosen Augen lagen tief in die Höhlen zurückgezogen. Mühsam krampfte sich die Greisenhand um das Ende der Lehne seines Rollstuhls.
    »Sie haben nicht nur Ihr Vermögen und Ihr Ansehen verloren, Søndervig, sondern werden auch als die größte finanzpolitische Niete in Erinnerung bleiben. Über Generationen.«
    »Luft«, röchelte Søndervig, und seine Augen suchten hinter Lüders Rücken die nicht anwesende Pflegerin.
    Lüder hatte kein Mitleid mit diesem Mann, der ohne jede Scheu andere Menschen ins Verderben jagte. Er dachte an die Kinder Jörg Asmussens, die nicht nur dieses Weihnachtsfest ohne ihren Vater verleben mussten, an die Frau des Polizisten, die das mühsam zusammengesparte bescheidene Eigenheim aufgeben musste.
    »Bleibt Ihnen die Luft eigentlich auch weg, wenn Sie mit Ihrer jungen Frau zusammen sind?«, fragte Lüder und holte den Umschlag aus seiner Jackentasche, den er bei Horst Schönberg abgeholt hatte.
    »Sehen Sie«, sagte Lüder und zeigte Søndervig ein von Horst manipuliertes Bild, auf dem Sandra von Søndervig-Gravenstein Arm in Arm mit Paul Kleeberg zu sehen war. Im Hintergrund sah man die
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