Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
wir dem Schneevater Briefe geschrieben, weißt du noch?«
    »Ja?«
    »Aber… im Park hat Rachel gesagt, daß es ihn gar nicht gibt und er eigentlich dein eigener Vater ist. Und alle anderen gaben ihr recht.«
    Im zweiten Bett raschelte und knisterte es. Twylas Bruder hatte sich umgedreht und lauschte.
    Ach du meine Güte, dachte Susanne. Sie hatte gehofft, dies vermeiden zu können. Vielleicht bahnte sich jetzt eine Wiederholung der Sache mit der Seelenkuchenente an.
    »Spielt es eine Rolle, solange du trotzdem Geschenke bekommst?« fragte sie in einem direkten Appell an die Habsucht.
    »Ja.«
    Meine Güte, meine Güte. Susanne nahm auf der Bettkante Platz und fragte sich, wie sie diese Angelegenheit hinter sich bringen sollte. Sie klopfte auf Twylas sichtbare Hand.
    »Sieh es mal so«, sagte sie und atmete in Gedanken tief durch. »Wo immer Leute begriffsstutzig und absurd sind, wo sie selbst nach sehr großzügigen Maßstäben die Konzentrationsspanne eines Huhns im Sturm und das Ermittlungsgeschick einer einbeinigen Kakerlake haben… und wo immer Leute viel zu leichtgläubig sind und sich auf erbärmliche Weise an die Gewißheiten der Kindheit festklammern, dabei die Realität des tatsächlich existierenden Universums ebensogut verstehen wie eine Auster die Kunst des Bergsteigens… Ja, Twyla, an solchen Orten gibt es den Schneevater.«
    Es war still unter der Decke, doch Susanne spürte, daß ihr Tonfall die gewünschte Wirkung erzielt hatte. Die Worte bedeuteten eigentlich gar nichts. Genau darin kam das innere Wesen der Menschheit zum Ausdruck, hätte Susannes Großvater vielleicht kommentiert.
    »G’Nacht.«
    »Gute Nacht«, sagte Susanne.
     
    Es war keine Taverne, sondern ein Raum, in dem Leute tranken, während sie auf andere Leute warteten, mit denen sie Geschäfte abschließen wollten. Bei den Geschäften ging es meistens darum, daß gewisse Dinge den Besitzer wechselten – was bei den meisten Geschäften der Fall ist.
    Fünf Geschäftsleute saßen an einem runden Tisch, auf dem eine Kerze in einer Untertasse brannte. Eine offene Flasche wurde herumgereicht, und man achtete darauf, daß sie der Kerzenflamme nicht zu nahe kam.
    »Es is’ schon nach sechs«, sagte ein großer Mann. Er trug aus dünnen Haarsträhnen geflochtene Zöpfchen und einen Bart, in dem man Ziegen halten konnte. »Die Uhr hat schon vor einer ganzen Weile geschlagen. Er kommt nicht mehr. Laßt uns gehen.«
    » Setz dich, Mann. Assassinen kommen immer zu spät. Das gehört zu ihrem Stil, klar?«
    »Der Bursche ist übergeschnappt.«
    »Er ist exzentrisch.«
    »Worin besteht der Unterschied?«
    »Aus einer Menge Geld.«
    Die drei anderen Individuen, die bisher noch nicht gesprochen hatten, wechselten Blicke.
    »Wie bitte?« brummte Hühnerdraht. »Du hast nicht gesagt, daß er ein Assassine ist. Er hat nie gesagt, daß er ein Assassine ist, oder, Banjo?«
    Plötzliches Donnern schien ein Gewitter anzukündigen. Das Geräusch stammte von Banjo Blütenweiß – er räusperte sich.
    »Schtimmt«, ertönte eine Stimme von ziemlich weit oben. »Du es nie gesagt hast.«
    Die anderen warteten, bis das Grollen verklang. Selbst Banjos Stimme war massig.
    »Er ist…« Der erste Sprecher gestikulierte und versuchte darauf hinzuweisen, daß jemand ein Korb mit Lebensmitteln, mehrere Klappstühle, ein komplettes Kochgerätesortiment und ein nach einem leckeren Picknick suchendes Ameisenvolk war. »… irre. Und er hat ein komisches Auge.«
    »Es besteht nur aus Glas«, sagte der Mann namens Katzenauge und winkte dem Kellner zu, um vier Bier und ein Glas Milch zu bestellen. »Außerdem bezahlt er jedem von uns zehntausend Ankh-Morpork-Dollar. Mir ist völlig gleich, wie seine Augen beschaffen sind.«
    »Ich habe gehört, es soll aus dem gleichen Glas sein wie die Kristallkugeln von Hellsehern. Wollt ihr etwa behaupten, so etwas sei in Ordnung? Und er sieht einen damit an«, sagte der erste Sprecher. Man nannte ihn Pfirsich, aber den Grund dafür hatte noch niemand herausgefunden. 4
    Katzenauge seufzte. Herr Kaffeetrinken war tatsächlich ein wenig seltsam, kein Zweifel. Aber alle Assassinen hatten etwas Seltsames. Außerdem zahlte der Mann gut. Viele Assassinen griffen auf die Dienste von Informanten und Schlossern zurück. Eigentlich verstieß das gegen die Regeln, aber mit Ethik und Moral ging es überall bergab. Meistens bezahlten Assassinen zu spät und zu wenig, verhielten sich so, als seien sie es, die einem einen Gefallen erwiesen. Mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher