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Schweineblut

Schweineblut

Titel: Schweineblut
Autoren: Arnold Küsters
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passieren sollen?« Violas Augen glänzten feucht.
    »Lisa hat recht.« Ecki räusperte sich erneut. »Also, ich könnte
jetzt einen Kaffee gebrauchen oder, besser noch, einen Schnaps.«
    »Mir geht es gar nicht gut.« Viola, die gerade noch so stark gewirkt
hatte, sank zusehends in sich zusammen.
    »Frank, ich kümmere mich um sie.« Lisa sah Frank eindringlich an.
    »Warum hast du mich dann angerufen?« Frank kam sich überflüssig vor.
Er wusste nicht, wohin er schauen sollte.
    »Ich habe dich vermisst. Ich wollte dich bei mir haben.« Sie
verbesserte sich. »Ich wollte dich bei uns haben. Viola braucht unsere Hilfe.
Im Augenblick habe ich aber eher das Gefühl, dass ich besser mit ihr allein
bleibe.«
    Frank war immer noch irritiert. »Warum hast du den Kollegen von der
Leitstelle dann gesagt, dass Viola bewaffnet ist? Rostek hatte den Eindruck, du
seist in Gefahr.«
    Lisa schüttelte verwundert ihren Kopf. »Dein Kollege hat gefragt, ob
Viola bewaffnet ist. Das habe ich bestätigt. Mehr nicht. Ich verstehe die
Aufregung nicht. Was hast du denn gedacht? Dass Viola mich erschießen will?«
    Bevor Frank etwas sagen konnte, meldete sich Ecki zu Wort. »Ich
brauche jetzt wirklich einen Kaffee.«
    Frank spürte, dass ihm die Anspannung fast den Atem nahm.
    Die nächsten Stunden verbrachten sie mit Reden. Nach mehreren
Bechern Kaffee und reichlich Rotwein war erst einmal alles gesagt. Schweigend
saßen die vier in Lisas Wohnzimmer.
    Lisa hatte zwischendurch einen Sampler mit Bob-Dylan -Songs
in den CD-Player geschoben. Die näselnde, manchmal schroffe Stimme, die
schrammelnde Gitarre und die oft am Abgrund des Missklangs schlingernde
Mundharmonika waren an diesem Abend der absolut passende Soundtrack.
    Viola wirkte zunächst zunehmend gelöster, je mehr sie von ihrer
Familie und Kindheit erzählte. Aber dann wurde sie immer stiller, bis sie
schließlich ganz verstummte und nur noch in den Schein der Kerzen sah, die Lisa
angezündet hatte.
    Für einen kurzen Augenblick hatte sie die Kraft gehabt, den anderen
den Weg zu ihren Ängsten einen Spalt breit zu öffnen. Dann schloss sich die Tür
wieder.
    Ecki war ebenfalls zunehmend stiller geworden. Sein übermütiges
Lachen und seine flotten Sprüche hatte er schnell sein lassen. Er war ratlos.
Was konnte er schon tun? Außer zuzuhören.
    Lisa hatte schließlich Viola in den Arm genommen und sie weinen
lassen.
    Die Stimme von Bob Dylan war schon lange verklungen.
    Schließlich stand Ecki auf. Er schwankte leicht. »Es ist verdammt
spät. Ich rufe uns jetzt ein Taxi.«
    Lisa blinzelte ihn müde an und nickte dann Viola zu. »Du bleibst
hier.«
    Frank wollte erst protestieren, blieb dann aber stumm.
    Lisa wandte sich Ecki zu. »Nimm Frank mit und setz ihn in Eicken
ab.«
    Frank lag noch lange wach. Durch das Fenster seines Schlafzimmers
konnte er die Schneeflocken im Schein der Straßenbeleuchtung tanzen sehen. Erst
spärlich und langsam, dann immer dicker und schneller.
    Seine Gelenke schmerzten. Er dachte an Lisa und daran, dass sie
immer wusste, was zu tun war. Lisa wusste immer eine Lösung. Bis jetzt. Frank
spürte, dass Lisa nichts für Viola würde tun können. Auch er wusste keinen Rat
mehr.
    Wie ein dünhäutiges kleines Mädchen hatte sie in dem Sessel
gesessen, der von Minute zu Minute größer zu werden schien, bis Viola sich am
Ende verschreckt und ängstlich in das Polster gedrückt hatte.
    Viola hatte ihnen erzählt, dass sie für die nächsten Wochen nicht in
der Stadt sein würde. Sie würde für lange Zeit keinen Dienst mehr tun. Sie sei
froh, Zeit zu haben, nachdenken und Entscheidungen treffen zu können. Sie
wollte viele andere Dinge ausprobieren. Sie habe ihr Leben bisher nur
eingleisig gesehen, hatte sie am Schluss gesagt.
    Das Jahr war in merkwürdigen Bahnen verlaufen, dachte Frank, als er
den nun heftiger treibenden Schneeflocken zusah, die einer geheimen Ordnung zu
gehorchen schienen.
    Wenig hatte in diesem Jahr Struktur und noch weniger eine eindeutige
Richtung gehabt. Weder im Dienst noch in seinem Privatleben. Frank schlang sein
Oberbett enger um seinen Körper. Wenig Zeit war ihm vergönnt gewesen, um den
Grund suchen zu können. Viel zu wenig Zeit. Er war von Monat zu Monat gehetzt,
in der Hoffnung, dass der nächste ruhiger werden würde. Aber jedes Mal war er
weitergetrieben worden.
    Wenig Zeit mit Lisa war ihm vergönnt gewesen. Zu wenig. Viel zu
wenig. So durfte es nicht weitergehen.
    Erst spät fiel der Leiter der Mönchengladbacher
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