Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Autoren: C. J. Lyons
Vom Netzwerk:
und zu gehen, wann es ihr passte. Ihr gefiel diese Freiheit, sie brauchte diese Kontrollmöglichkeit – wieder etwas, wegen dessen Paul sie öfter aufzog.
    Nur sagte er diese Sachen in letzter Zeit weniger im Scherz. Er hatte ihr Platz in seinem Schrank freigeräumt. Sprach davon, wie viel ihrer gemeinsamen Zeit die Fahrerei auffraß.
    Er war bereit, sich auf sie einzulassen, mit ihr zusammenzuziehen, und das erschreckte sie fast zu Tode. Caitlyn war kein Beziehungsmensch, noch nie gewesen. Ihre Affären endeten stets mit viel Gebrüll, Kränkungen und einem erleichterten Seufzen, weil sie wieder einmal gerade noch so davongekommen war.
    Paul erhob niemals die Stimme. Er war kein Alphatier wie ihre bisherigen Liebhaber, war nie gekränkt, sondern zärtlich und fürsorglich.
    Umsorgt zu werden war eine ganz neue, befremdliche Erfahrung für Caitlyn. Wenn Paul sie in den Arm nahm, sie wieder aufbaute, ihre Bedürfnisse vor seine stellte – das war herrlich und sexy und sie bekam einfach nicht genug davon. Noch etwas, das ihr Angst machte. Seit sie mit neun Jahren ihren Vater verloren hatte, war Caitlyn mit einer Regel durchs Leben gegangen, die sie und ihr Herz schützen sollte: Vertraue niemandem.
    Paul hatte sich irgendwie durch den Stacheldraht gequetscht, der diese Regel umgab, und jetzt wusste sie nicht, wie sie damit umgehen sollte. Einerseits wollte sie das Leben annehmen, das er ihr bot – eine normale, feste Beziehung voller Vertrauen.
    Das Kind in ihr schrie jedoch,
Lauf, lauf, ehe es zu spät ist.
    Sie hatte jede Sekunde der letzten sechs Monate genossen, die sie miteinander verbracht hatten. Paul hatte sie daran erinnert, dass das Leben nicht nur aus Arbeit bestand. Genau das Richtige, nachdem sie nur knapp dem Tod entronnen war – ein klein wenig von dem, was alle anderen zu haben schienen; jemanden, der auf einen wartete, wenn man nach Hause kam, eine Verbindung zur Welt außerhalb des FBI .
    Doch obwohl Paul ihr mehr gegeben hatte als jeder andere Mann zuvor, brachte sie ihm nicht die Gefühle entgegen, die er verdient hätte. Das war beunruhigend. Was stimmte nicht mit ihr, dass eine normale Beziehung mit einem wundervollen Mann ihr größere Angst einflößte, als einem bewaffneten Schwerverbrecher gegenüberzustehen? Als vor sechs Monaten ein Hirnaneurysma bei Caitlyn entdeckt worden war, hatte Paul ihr das Leben gerettet. Wenn nicht ihm, wem würde sie sonst je in ihrem Leben vertrauen können?
    Vor der Einfahrt zur Tiefgarage seines Wohngebäudes zögerte Caitlyn. Sie konnte anrufen, sich damit herausreden, dass eine Trainingseinheit länger gedauert habe, und nach Manassas in die friedliche Stille ihrer Wohnung zurückfahren. Er würde nie dahinterkommen, dass sie ihn angelogen hatte – denn darin war sie ziemlich gut. Ihr Brustkorb zog sich zusammen, der Mund war plötzlich staubtrocken. Sie wollte nicht lügen. Und schon gar nicht wollte sie Paul belügen
    Dennoch fürchtete sie sich plötzlich. Fürchtete sich vor der Entscheidung, die sie treffen würde, sollte er sie vor die Wahl stellen. Sie wollte ihn nicht verlieren, war noch nicht wieder bereit, zu ihrem Einsiedlerdasein zurückzukehren.
    Kein Ring, bitte kein Ring
, schoss es ihr durch den Kopf, während sie aus dem Wagen stieg und auf den Fahrstuhl wartete. Als ihr Handy schellte, ergriff sie hastig den rettenden Strohhalm. »Tierney.«
    »Entschuldigen Sie die Störung, Supervisory Special Agent, hier ist das Washington Field Office. Ich habe einen dringenden Anruf für Sie, vom Pfarrer im Butner-Bundesgefängnis. Soll ich durchstellen?«
    Sie stieg in den Fahrstuhl, der gerade gekommen war, drückte auf den Knopf von Pauls Stockwerk. Wen zum Teufel hatte sie ins Bundesgefängnis von Butner gebracht? Vielleicht hatte einer der Verurteilten aus ihrer Bostoner Zeit sich entschlossen auszupacken und war deshalb in diese Einrichtung dort im Norden North Carolinas verlegt worden? Immerhin saßen Bernie Madoff und Jonathan Pollard dort ihre Strafe ab, so, wie ein paar vereinzelte Mafiosi, die als Belastungszeugen ausgesagt hatten.
    Wie immer siegte ihre Neugier. Ganz zu schweigen von der willkommenen Gelegenheit, das Treffen mit Paul hinauszuzögern. Sie verspürte eine merkwürdige Mischung aus Schuldbewusstsein und Erleichterung. Warum mussten Beziehungen bloß immer so verflucht verwirrend sein? Die Jagd auf Schwerverbrecher war ihr lieber. »Sicher, stellen Sie ihn durch.«
    »Caitlyn Tierney?« Die Stimme des Mannes kam ihr nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher