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Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Autoren: C. J. Lyons
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um die eigene Haut zu retten, und wir wären die Leidtragenden gewesen. Also bin ich vorbereitet hierhergekommen, um uns das zu ersparen. Du und ich, Caitlyn. So wie immer.«
    Caitlyn blinzelte ungläubig angesichts dieses abwegigen Versuchs, sie in Jessalyns irrwitzige Intrige mit hineinzuziehen. Mit einem Mal kam ihr ihre Mutter riesengroß und sie selbst sich furchtbar klein vor. Als wäre sie wieder neun Jahre alt. Ihre Stimme drang nur als gedämpftes Flüstern aus ihrer Kehle. »Du, du hast Dad getötet.«
    »Selbstverständlich. Wie ich dir sagte, ich musste dich doch beschützen. Jimmy besaß nicht den Mumm, es durchzuziehen. Männer, sie sind einfach allesamt schwach. Es tut mir leid, dass du diejenige warst, die ihn gefunden hat – wir hatten ja keine Ahnung, dass du an jenem Tag dort warst. Wir müssen gerade hinten raus sein, als du durch die Vordertür ins Haus kamst.«
    »Und jetzt hast du Jimmy getötet. Deinen eigenen Bruder.« Caitlyn hörte zwar, was sie da sagte, nur ihr Verstand kam nicht hinterher.
    »Ja, Liebes. Und jetzt beeil dich. Mami wird fahren, du scheinst unter Schock zu stehen.«
    Schock. Das war noch untertrieben. Caitlyns Blick glitt von ihrer Mutter zu ihrem Onkel, zu dem Fleck auf dem Boden, wo ihr Vater gestorben war. Der Kreis schloss sich. Auch wenn dadurch nichts besser wurde, der Schmerz nicht gelindert … fühlte es sich an, als sei alles so vorherbestimmt gewesen.
    Sie richtete sich auf. »Wohl kaum. Du gehst nirgendwohin, höchstens ins Gefängnis. Gehen wir.«
    »Alles, was ich getan habe, habe ich für dich getan. Wie kannst du so undankbar sein? Wieso musst du dich immer auf die Seite deines Vaters stellen? Ich liebe dich. Ich habe alles für dich geopfert. Wag es ja nicht, so mit mir zu reden!« Am Ende schrie Jessalyn auch nur wie all die anderen Straftäter, die Caitlyn im Verlauf ihrer Karriere festgenommen hatte. Die vorgetäuschte Überlegenheit war dahin.
    Ihr Leben lang hatte Caitlyn sich danach gesehnt, dass ihre Mutter sie akzeptieren, stolz auf sie sein würde. Immer vergeblich. Aber während sie Jessalyn nach draußen führte und sie auf den Rücksitz verfrachtete, damit sie ihr nicht mehr zuhören musste, erkannte Caitlyn, dass sie etwas weit Wertvolleres gewonnen hatte. Sie hatte ihren Vater zurückbekommen.
    Der Preis war unvorstellbar hoch – und sie würde ihn für den Rest ihres Lebens bezahlen müssen, da war sie sicher. Aber der Gedanke half ihr dabei, ihren tosenden Verstand zu beruhigen und sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
    Sie suchte sich einen Ort, an dem sie Empfang hatte und rief Markle an. Während sie auf seine Männer wartete, starrte Caitlyn zu ihrem Zuhause empor.
    Ihre eigene Mutter. Eine Mörderin. Und Caitlyn hatte sie soeben verhaftet.
    Sie wusste, die Worte sollten sie eigentlich durcheinanderbringen, aber bis auf den kühlen Wind, der über den Berg wehte, spürte sie gar nichts mehr.
    Die Sonne erhob sich über das Tal, goldene Strahlen tauchten das Haus in goldenes Licht. Trautes Heim …
    Doch sogleich erstickte der am Berg aufsteigende Nebel die Sonnenstrahlen wieder, und Schneegestöber hüllte das Haus ein. Jetzt sah es wieder kalt und einsam aus, wie immer seit dem Todestag ihres Vaters.
    Das ist kein Zuhause, dachte Caitlyn. Nicht mehr. Nur ein weiterer Tatort.

42
    Wieder aufs Polizeirevier. Wieder wurde sie endlos befragt, ihre Handlungen analysiert. Sie gab sich professionell und emotionslos, obwohl sie tief erschüttert und derartig verwirrt war, dass sie nicht einmal ansatzweise eines dieser überbordenden Gefühle in ihrem Innern hätte deuten können.
    Als alles vorbei war, fuhr ein Deputy sie zu ihrem Subaru. Kurz war sie in Versuchung, einfach nach Hause zu fahren, denn sie besaß weder den Mut noch die Kraft, Paul gegenüberzutreten, falls er noch im
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sein sollte – aber sie brauchte ihren Laptop. Außerdem wollte sie Elis Unterlagen zusammenpacken und veranlassen, dass Lena sie zusammen mit dem Originalabkommen erhielt.
    Paul hatte sich, zuvorkommend wie er war, bereits gründlich um alles gekümmert. Als sie ins Zimmer kam, war er bereits fort, aber ihre Tasche stand gepackt bereit, außerdem hatte er ein Sandwich vom Zimmerservice und eine Notiz für sie dagelassen. Sie sank in den Sessel, zwang sich zum Essen, ohne etwas zu schmecken.
    Ein Mann wie Paul. Ein Mann, der sich um sie kümmerte, sie tröstete. Nur zu gerne hätte sie einen solchen Mann geliebt, aber da waren einfach keine
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