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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
Autoren: Liane Merciel
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Flecken, wo das Tier an seinem blutleeren Fleisch genagt hatte. Doch der Lehrling hatte nie die Hand zurückgezogen, hatte nie mit der Wimper gezuckt; er schien die Ratte ebenso wenig wahrzunehmen wie den Rest der Welt.
    Gethel entfernte sich von der Kerze und bedeutete Corban, zu ihm zu kommen. Dann schob er den Sackleinenvorhang zurück und zog sich auf höheren Grund. »Am besten kommt man nicht mit dem Rauch in Berührung.«
    »Warum?«, fragte Corban und folgte ihm. »Was geschieht dann?«
    »Man wird wahnsinnig.« Gethel zielte mit der Armbrust auf die Kerze und dann ein wenig höher. Seine Hände waren ruhiger, als Corban es für möglich gehalten hätte; die schwere Waffe zu halten, strengte seine knochigen Arme anscheinend überhaupt nicht an.
    Neben ihnen stand kein Licht, sodass Corban das Gesicht des hageren Mannes nicht erkennen konnte. Das Ende der Armbrust zeichnete sich jedoch vor dem Licht der fernen Kerze ab, und er sah, wohin die Waffe zielte.
    Er verschränkte schweigend die Arme vor der Brust. Er musste sich hier heraushalten. Wenn der Junge ihre Arbeit verraten wollte, dann war es so am besten. Und wenn nicht … immer noch besser, auf Nummer sicher zu gehen. Corban hatte viel zu viel investiert, als dass ein Wort an das falsche Ohr dringen durfte.
    Außerdem war er neugierig.
    Die Armbrust sirrte. Der Bolzen traf Belbas in die Eingeweide. Der Junge unternahm keinen Versuch, ihm auszuweichen, und schrie auch nicht auf, als er getroffen wurde. Er seufzte nur, beinahe sanft, und kippte vornüber, das Kinn auf die Brust gesackt. Wie Corban erwartet hatte, drang der Bolzen wegen des plumpen Entwurfs nicht allzu tief ein. Selbst auf diese kurze Entfernung hatte er sich kaum tiefer als mit halber Länge in Belbas Bauch gebohrt.
    »Ist das alles?«
    Gethel hob einen Finger. »Wartet.«
    Verwundert sah Corban wieder zu dem Lehrling hinüber. Belbas holte zweimal Atem. Der zweite Atemzug war schwächer als der erste, und ein dunkler, nasser Fleck breitete sich über seine Lumpen aus.
    Beim dritten Atemzug explodierte er.
    Kleine Stückchen Knorpel und Knochen bespritzten die Wände, als Belbas Brustkorb platzte. Heißes Blut, durchsetzt mit Knorpeln, klebte auf Corbans Gesicht und brannte; er presste die Augen zu, damit er nicht erblindete. Als er sie wieder öffnete, waren die Überreste von Belbas Leichnam in die Ecke geflogen, eingehüllt von widerlich aussehendem schwarzem Rauch. Blutstreifen überzogen die Wände, und Blut tropfte vom Vorhang. Irgendwie brannte die Kerze jedoch in ihrer Schale weiter, fast ohne ein Flackern. Sie warf nur ein schwaches Licht, aber es bestand kein Zweifel an ihrer Unerschütterlichkeit inmitten des zerstörten Etwas, das einst ein Mann gewesen war.
    Corban starrte die Überreste ungläubig an. Welche Möglichkeiten! Die Überlegung verwirrte ihn mehr, als es der Schuss getan hatte. Die Wucht dahinter … Keine Rüstung konnte dem standhalten. Kein Mann konnte das überleben. Und das war ein Kieselstein gewesen, nicht größer als ein Daumennagel. Was würde ein größerer Brocken ausrichten?
    Was würde ein König dafür bezahlen, diese Waffe zu besitzen? Gold? Land? Gab es irgendeine Grenze für das, was er verlangen konnte? Dies war endlich eine Waffe, mit der gewöhnliche Herrscher die Dornen von Ang’arta in Schach halten konnten. Magie, die sie zur Hand hätten, ohne dass sie sich auf die Gesegneten stützen mussten. Und wenn andere die Macht dieser Waffe sahen und es mit der Angst zu tun bekamen, würden auch sie sich an ihn wenden und um ihre eigenen Arsenale betteln. Koste es, was es wolle.
    Als er Gethel, der damals im Verborgenen gearbeitet hatte, das erste Mal getroffen und dem Mann eine Handvoll Silber gegeben hatte, damit er weiter seiner Leidenschaft frönen konnte, hätte er nie zu träumen gewagt, dass der Gewinn so groß sein würde. Niemals. Aber jetzt lag ihm vielleicht die Welt zu Füßen.
    Falls er sein Blatt gut ausspielte.
    »Schwarzfeuerstein bewirkt bei unserem sterblichen Fleisch große Zerstörungen, jedoch scheint er alles andere kaum zu berühren«, murmelte Gethel fast unglücklich. Er hüpfte von dem höher liegenden Boden herunter und watete durch den Rauch, der sich um den Leichnam sammelte. »Seine Fähigkeiten sind … merkwürdig. Ich habe kaum damit begonnen, sie zu katalogisieren.«
    »Ihr hattet doch gesagt, man müsse dem Rauch ausweichen?«
    »Stimmt«, antwortete Gethel, gab aber keine weiteren Erklärungen ab. Er tauchte in
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