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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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machte sich keine Vorwürfe. Die
Situation war durch die Frage entstanden – nicht durch seine Zusage. Es war
Bette Lines zukünftiger Ehemann, der mit seiner Frage eine Kerbe des
Unbehagens in den großen Tag geschlagen hatte. Jetzt, fünfzehn Minuten, bevor
die Zeremonie beginnen sollte, hatte Vebjørn sich ein wenig von den anderen
Gästen zurückgezogen, die sich vor dem Eingang zur Kapelle drängelten. Er
stand abseits und rauchte. Manchmal warf Liv ihm einen ängstlichen Blick zu,
und die Sonnenstrahlen, die das hellgrüne, fast durchsichtige Sommerlaub
durchschnitten, hatten eine solche Intensität, dass der kleine Schleier auf
ihrem Hut einen Schatten aus winzigen Kästchen auf ihre Wangen warf.
    Trauzeuge zu sein sollte eigentlich eine ehrenvolle Aufgabe
sein. Doch dass Erling ausgerechnet ihn als Beistand für die bevorstehende
Zeremonie ausgewählt hatte, war ein symbolischer Akt. Es war eine Art
primitiver männlicher Markierung, wichtig für Erlings Selbstbild und die
Bestätigung seiner verdrehten Vorstellung von Bette Lines und Vebjørns
gemeinsamer Vergangenheit. Er spürte einen leisen Anflug von Sorge um Bette
Line, denn er begriff, dass diese Seite Erlings sich nicht auf symbolische Akte
gegenüber abgelegten Liebhabern beschränkte. Gleichzeitig war es ihm
unangenehm, die Motive des Bräutigams in Frage zu stellen. Er dachte nicht
gern schlecht von anderen Menschen.
    Als er so abwesend und nachdenklich dastand, tippte ihm
plötzlich jemand auf die Schulter.
    »Darf ich hallo sagen? Das ist doch Lindeman,
the best
man,
nicht wahr?«
    Vebjørn fuhr herum und sah in das Gesicht eines Mannes von
robuster Gestalt, der seinen kleinen, schmalen Mund zu einem arroganten
Lächeln verzog. Darüber zwei eiskalte Augen. Sein dünnes Haar war zur Seite
gekämmt, um eine größer werdende Platte zu verstecken.
    »Huitfeldt«, sagte der Mann und streckte die Hand aus.
»Joachim Huitfeldt. Ich bin mit Sara Augusta verheiratet.«
    Vebjørn ergriff die schwere, weiße Hand. Sara Augusta war
Georg Spennings älteste Tochter, aus der ersten Ehe des Reeders. Vebjørn
erinnerte sich, dass es zwischen Vater und Tochter ziemlich im Gebälk
geknirscht hatte, und freute sich für Georg Spenning, dass sie und ihr Mann
die Reise von London auf sich genommen hatten.
    »Sind Sie beide aus London angereist?«
    »
Ich
bin aus London angereist, Sara Augusta kommt
nicht.«
    Die unsentimentale Antwort hinterließ eine stille
Beklommenheit, wie sie aufkommt, wenn jemand in fauligem Wasser rührt. Ein
Wagen, der den kleinen Hügel hinaufkam, befreite Vebjørn aus der peinlichen
Situation. Die beiden Männer traten zur Seite, um Platz zu machen. Aus dem
Taxi stieg ein weiteres festlich gekleidetes Paar.
    Vebjørn graute es vor Bette Lines Anblick. Es graute ihm
davor, in ihrer Nähe zu stehen.
    Huitfeldt ließ ihn nicht mit seinen Gedanken allein. »Ich
werde bei der Trauung nicht dabei sein, ich bin nur hierhergereist, um mit
Ihnen zu sprechen«, fuhr er fort.
    Vebjørn betrachtete ihn mit neu erwachter Aufmerksamkeit.
    »Jetzt?«, fragte er.
    »Ja, jetzt.«
    »Worüber?«
    »Nennen wir es Geschäfte.«
    Vebjørn zog den Ärmel seines Jacketts hoch, und eine
Armbanduhr kam zum Vorschein.
    »Der Zeitpunkt ist vielleicht nicht gerade der
günstigste.«
    »Das tut mir leid, aber so ist es nun einmal. Nach der
Zeremonie ist ja wohl auch noch Zeit, oder?«
    Vebjørn zögerte. »Ich bin immerhin der Trauzeuge des
Bräutigams.«
    »Wenn es sich heute nicht einrichten lässt, dann muss ich
Sie bitten, morgen ein paar Stunden für mich freizuhalten.«
    Vebjørn fasste sein Gegenüber genauer ins Auge. »Eine
Besprechung? Und worum geht’s, wenn es so wichtig ist?«
    Sie standen Seite an Seite. Huitfeldt betrachtete die anderen
Hochzeitsgäste und grüßte einige von ihnen mit einem gemessenen Nicken,
während er fast aus dem Mundwinkel sprach.
    »Es geht um die Stiftung, die Sie 1963 ins Leben gerufen
haben – den Tochterfonds.«
    »Es geht um
was?«
    »Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, wovon ich rede,
Lindeman. Der Fonds wurde eingerichtet, als Sara Augustas Mutter 1963 bei einem
Autounfall ums Leben kam. Das Dokument ist in der Familie und der Direktion der
Reederei unter dem Namen Tochterfonds bekannt. Sie sollten es kennen – die
Papiere tragen Ihre Unterschrift.«
    Vebjørn betrachtete die Wellen herbeiströmender
Hochzeitsgäste. Huitfeldt abzuservieren käme einer Szene
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